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Zur Angabe von Stückzahlen auf Süßigkeitenverpackungen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.11.2021, Az. 6 A 10695/21


Zur Angabe von Stückzahlen auf Süßigkeitenverpackungen

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschied am 02.11.2021, dass die Anzahl der Einzelverpackungen angegeben werden müssen, wenn eine Süßigkeitenverpackung mehrere Einzelpackungen enthalte. Die Anzahl müsse für die Endverbraucher erkennbar sein, da dies die Kaufentscheidung beeinflussen könne.

Verstößt die fehlende Angabe der Gesamtzahl der Einzelpackungen gegen EU-Recht?
Die Klägerin stellte Süßigkeiten her; Beklagte war das Landesamt für Mess- und Eichwesen. Diese führte amtliche Überwachungs- und Prüfungsmaßnahmen im Rahmen der Marktüberwachung durch. In dem Rahmen bemängelte die Beklagte zwei Produkte der Klägerin wegen unzureichender Kenntlichmachung der Stückzahl. In der Folge leitete die Beklagte ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. Dagegen ging die Klägerin vor und klagte. Sie begehrte die Feststellung, ihre Produkte ohne Angabe der in den Verpackungen enthaltenen Stückzahl in Verkehr bringen zu dürfen, da sie nicht gegen die Lebensmittelinformationsverordnung verstoße. Die Vorinstanz lehnte die Klage ab, daher ging die Klägerin in Berufung.

Gesamtnettofüllmenge und Gesamtzahl der Einzelpackungen
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wies die Berufung zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Sie unterfalle mit ihren Produkten vollständig dem Geltungsbereich der europäischen Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Diese gelte auf allen Stufen der Lebensmittelkette und in allen Mitgliedsstaaten der EU. Weiterhin handele es sich bei den streitgegenständlichen Verpackungen um Vorverpackungen aus zwei oder mehr Einzelpackungen, die nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind. Denn zum einen stelle die äußere Ummantelung der Produkte nach dem weiten Begriffsverständnis der LMIV eine Verpackung dar, die „vor dem Feilbieten“ entsteht. Zum anderen komme es auf eine Abgrenzung der einzelnen Verpackungsarten (Bonbonumwickler, Aluminiumeinschläge, Flowpacks) nicht an, da alle vom Begriff der Einzelpackung im Sinne der Verordnung erfasst seien. Für derartige Produkte sehe die Verordnung die Angabe der Gesamtnettofüllmenge und die Gesamtzahl der Einzelpackungen vor.

Stückzahlangabe kann Kaufentscheidung beeinflussen
Das OVG befand, die doppelte Kennzeichnungspflicht sei verhältnismäßig. Sie stelle entgegen der Ansicht der Klägerin keine sinnlose Information dar. Denn der Angabe der Stückzahl komme – auch zusätzlich nur Gesamtnettofüllmenge – ein ergänzender Informationswert zu. Die Anzahl der in einer Vorverpackung enthaltenen Artikel gebe dem Käufer eine weitere Orientierungshilfe, welche die Kaufentscheidung erleichtern könne. Insbesondere bei Produkten, die in unterschiedlich großen Vorverpackungen angeboten werden, könne die Stückzahlangabe die Kaufentscheidung beeinflussen. Müsse der Verbraucher abschätzen, wie viele Vorverpackungen (Verkaufseinheiten) er für bestimmte Anlässe erwerben muss, sei die Angabe häufig hilfreicher als die Angabe der Gesamtnettofüllmenge. Der Verbraucher solle nach der LMIV in die Lage versetzt werden, „eine Wahl zu treffen, die ihren individuellen Ernährungsbedürfnissen entspricht“. Dabei könne sich das Informationsbedürfnis auch darauf erstrecken, wie viele Einzel(ver)packungen in einer äußeren Verpackung enthalten seien. Dies könne eine Kaufentscheidung auch anhand von umweltbezogenen Aspekten beeinflussen.

Kennzeichnungspflicht auch in sonstiger Hinsicht angemessen
Das OVG befand, die Kennzeichnungspflicht erweise sich auch hinsichtlich des Aufwandes als angemessen. Die LMIV sehe lediglich vor, zusätzlich zur Angabe der Gesamtnettofüllmenge die Gesamtzahl der Einzelpackungen anzugeben. Wie diese beiden Informationen einzuhalten sind, werde nicht geregelt. Der Informationswert einer solchen (zusätzlichen) Stückzahlangabe könne zwar je nach Produkt variieren und mal stärker, mal schwächer ausgeprägt sein. Allerdings könne die Klägerin die Angabe der Stückzahl sogar unter Beibehaltung des derzeitigen Abfüllprozesses vornehmen. Beispielsweise könne sie die geringstmögliche Stückzahl ermitteln und auf den Vorverpackungen angeben.

Keine Irreführung bei Nährwertangabe zu befürchten
Es komme dadurch auch nicht zu einer von der Klägerin befürchteten Irreführung der Verbraucher, so das Gericht weiter. Denn die Schwankung der Stückzahl führe nicht zur Fehlerhaftigkeit der Nährwertangaben. Zwar bestimme die LMIV, dass Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich zu erfolgen haben. Dies beziehe sich aber lediglich auf Pflichtkennzeichnungen. Dazu gehöre die Nährwertangabe aber nicht. Die Angabe der Stückzahl bewirke auch nicht, dass freiwillige Angaben nicht mehr aufgeführt werden. Denn es sei kein Grund ersichtlich, weshalb sich die Portions-/Verzehreinheitangabe nicht auf die angegebene Stückzahl beziehen können sollte. Wenn dieser Wert tatsächlich nicht zutreffe, da mehr Portionen als angegeben enthalten sind, könne der Portionsangabe das Wort „mindestens“ vorangestellt werden.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.11.2021, Az. 6 A 10695/21


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