Wirksame Zustellung einer einstweiligen Verfügung ohne Anlagen
Das Oberlandesgericht Jena musste sich am 04.03.2013 zur Beschlussfindung mit der Frage beschäftigen, ob eine Zustellung ohne Anlagen ordnungsgemäß ist.
Der dem Gericht zugrunde gelegte Fall war folgender:
Sowohl die Verfügungsklägerin als auch die Verfügungsbeklagte führen jeweils eine Apotheke an unterschiedlichen Orten. Ebenso betreiben beide entsprechend branchenzugehörige Internetseiten. Während die Verfügungsklägerin auf ihrer Internetseite Arzneimittel bundesweit vertreibt, bewirbt die Verfügungsbeklagte auf ihrer Internetpräsenz ausschließlich ihr in der örtlichen Apotheke befindliches Angebot. Streitgegenständlich waren im Wesentlichen drei verschiedene Werbeaussagen auf den Seiten der Verfügungsbeklagten. Die erste von der Verfügungsklägerin beanstandete Werbeaussage betraf Gesichtscremes, bei denen die Grundpreisangabe in der Nähe des Kaufpreises fehlte. Zweitens bemängelte die Klägerin einige Arzneimittelwerbungen ohne erforderlichen „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ – Hinweis. Ebenso wurde der Werbetext für ein pflanzliches Arzneimittel beanstandet. Hierin wurde behauptet, dass es das Produkt exklusiv in der von der Verfügungsbeklagten betriebenen Apotheke gibt.
Nach längerem vorprozessualen Streit und mündlicher Verhandlung entschied das Landgericht über die Kostenverteilung sowie -festsetzung. Es legte der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens auf. Die Beklagte wiederum reagierte mit einer sofortigen Beschwerde, der das Landgericht jedoch nicht abhalf.
Zu Unrecht, findet die Verfügungsbeklagte. Der vorangegangene Erlass der einstweiligen Verfügung sei nach ihrer Ansicht unzulässig gewesen, weil die Verfügungsklägerin rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte. Denn diese hätte den Streitwert absichtlich überhöht angegeben. Außerdem war in der einstweiligen Verfügung der Hinweis auf eine Anlage gegeben. Jene waren jedoch nicht beigefügt.
Hier stellt das Oberlandesgericht nun fest: Bei den Kosten des Verfahrens ist stets nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung des konkreten Streit- und Sachgegenstandes zu entscheiden – zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung.
Die einstweilige Anordnung musste nicht aufgehoben werden. Denn nach sorgfältiger, eingehender Prüfung lässt sich im Ergebnis nicht belegen, ob die Verfügungsklägerin durch den erhöhten Gebührenfaktor rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte.
Dies ist nach richterlicher Ansicht bereits aus § 8 Abs. 4 UWG ersichtlich. Die Beweislast für einen Rechtsmissbrauch hat vorliegend der Klägerin obgelegen. Diese aber lieferte dafür keinerlei Anhaltspunkte. Des Weiteren setzt ein auf § 8 UWG gestützter Anspruch voraus, dass der etwaige Missbrauch nicht nur im Einzelfall, sondern zahlreich vorhanden ist. Auch das war hier mitnichten der Fall.
Zum vorgebrachten Argument der Klägerin, der einstweilige Verfügung fehlten die angekündigten Anlagen äußerten sich die OLG Richter: Prinzipiell lässt sich zwar von einer Unwirksamkeit der Zustellung ausgehen, wenn ohne die in Bezug genommene Anlage versendet wird. Jedoch können hier Ausnahmen zu Gunsten des Interesses an einem sicheren und formalisierten Verfahrens gemacht werden. Eine solche Ausnahme ergibt sich, wenn die einstweilige Verfügung auch ohne die Anlage aus sich heraus verständlich ist. Angesichts des prozessualen Verhaltens der Verfügungsbeklagten kann von einer solchen Verständlichkeit ausgegangen werden.
Allerdings korrigierte das Oberlandesgericht Jena die Streitwertfestsetzung, weil diese nach ihrer vertretenen Ansicht den allgemeinen Plausibilitätsanforderungen nicht genügte.
Die Richter am Oberlandesgericht erkennen die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten als zulässig, jedoch unbegründet.
OLG Jena, Beschluss vom 04.03.2013, Az.: 2 W 502/12