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Widerruf einer Lebensversicherung nach 13 Jahren

BGH, IV ZR 73/13


Widerruf einer Lebensversicherung nach 13 Jahren

Nach jahrelanger Durchführung eines Lebensversicherungsvertrages besteht grundsätzlich kein Bereicherungsanspruch des ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmers. Dies hat der BGH in einem Urteil vom 16.07.2014 (Az. IV ZR 73/13) festgestellt und daher das Begehren des Klägers auf Rückzahlung der geleisteten Versicherungsbeiträge abgelehnt.

Im Vorfeld des Verfahrens war 1998 zwischen dem klagenden Versicherungsnehmer und der Versicherung ein Versicherungsvertrag nach dem in § 5a VVG a.F. geregelten Policenmodell geschlossen worden. Der Kläger hatte dabei eine neben dem Versicherungsschein und weiteren Informationen auch eine schriftliche Belehrung über sein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. erhalten. 2004 war auf Antrag des Versicherungsnehmers zudem eine Änderung an dem Vertrag vorgenommen worden. In der Folge erhielt der Kläger einen neuen Versicherungsschein und erneut eine ordnungsgemäße Belehrung über sein gesetzliches Recht zum Widerspruch nach der alten Fassung des § 5a VVG.

Ebenfalls 2004 kündigte der Kläger schließlich den Versicherungsvertrag und ließ sich dessen Rückkaufwert auszahlen.

Sieben Jahre später erklärte er jedoch 2011 den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. und verlangte daher die Rückzahlung seiner geleisteten Versicherungsbeiträge. Da die Versicherung dies verweigerte, versuchte er seinen Zahlungsanspruch mit der vorliegenden Klage durchzusetzen.

Die Vorinstanzen lehnten einen solchen Zahlungsanspruch jedoch ab. In der Folge legte der Kläger vorliegend Revision ein und brachte das Verfahren so zur Entscheidung vor dem BGH.

Dieser schloss sich im Ergebnis jedoch auch der Ansicht der Vorinstanzen an. Demnach war der Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Die in § 5a VVG a.F. normierte Frist von 14 Tagen zur Nutzung des Widerrufsrechts war 2011 bereits deutlich überschritten. Der Kläger hatte daher die Versicherungsbeiträge nicht ohne Rechtsgrund geleistet, was einen bereicherungsrechtlichen Anspruch entsprechend ausschließt.

Weiterhin lehnte der BGH vorliegend die Einholung einer Vorabentscheidung des europäischen Gerichtshofs ab. Der Kläger hatte demnach gerichtlich geltend gemacht, dass die in § 5a VVG a.F. normierte Form des Widerrufsrechts gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstoßen würde. Die Beschränkung der Widerspruchsfrist auf 14 Tage sei nach Ansicht des Klägers demnach unzulässig gewesen, weshalb auch 2011 noch eine entsprechende Möglichkeit zum Widerruf bestand.

Der BGH konnte jedoch vorliegend keine Kollision mit Unionsrecht feststellen. Danach enthalten die einschlägigen Bestimmungen keinerlei Regelung über das Zustandekommen von Versicherungsverträgen. Im Ergebnis ist die rechtliche Ausgestaltung dieses Regelungsbereiches daher dem nationalen Recht vorbehalten.

Die Richter betonten darüber hinaus, dass selbst bei unionsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Policenmodells nach § 5a VVG a.F. die Grundsätze von Treu und Glauben einschlägig sind. Demnach hatte der Kläger mehrere Jahre entsprechende Versicherungsbeiträge geleistet und war dabei auch über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt worden. Bei der Versicherung hatte sich daher ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Versicherungsvertrages begründet. Der Widerspruch des Klägers nach der langen Zeit ist folglich als treuwidrig anzusehen.

Im Ergebnis hat der BGH damit eine Zuständigkeit des europäischen Gerichtshofs abgelehnt und auf die Anwendbarkeit nationalen Rechts gesetzt. Diese Entscheidung mutet auf den ersten Blick überraschend an, da die alte Fassung des § 5a VVG nicht zuletzt gerade aufgrund entsprechender unionsrechtlicher Bedenken neu gestaltet wurde.
Dennoch ist im Ergebnis der Auffassung des BGH hinsichtlich des fehlenden Schutzbedürfnisses des Klägers zu folgen. Demnach hatte dieser über mehrere Jahre hinweg seine Versicherungsbeiträge geleistet und dabei keinerlei Zweifel an sein Vertrauen in den Bestand des Versicherungsvertrages aufkommen lassen.

Insbesondere die Versicherungsbranche dürfte zudem in Anbetracht der Vielzahl unter Verwendung des Policenmodells nach § 5a VVG a.F. geschlossenen Versicherungsverträge und daher potentiellen Rückzahlungsforderungen über das vorliegende Urteil erleichtert sein.

BGH, Urteil vom 16.07.2014, Az. IV ZR 73/13


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