Wettbewerbsverstoß wegen fehlender Datenschutzhinweise
Die sich aus § 13 TMG ergebenden Informationspflichten bei der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten stellen nach der Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts das Marktverhalten regelnde Bestimmungen dar und können bei Verstößen einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch eines Mitbewerbers begründen.
Nutzer, die im Internet personenbezogene Daten preisgeben sollen, sind zu Beginn des Vorgangs über die Erhebung und Verwendung aufzuklären. Es ist zu begrüßen, dass ein Verstoß gegen diese Informationspflichten nach der Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts auch von einem Mitbewerber im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs geltend gemacht werden kann. Für Betreiber, die den Aspekt Datenschutz bisher vernachlässigt haben, besteht Handlungsbedarf:
Die Antragstellerin nahm die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch.
Die Antragsgegnerin hatte bei einem Dienstleister eine im Internet geschaltete Werbung in Auftrag gegeben. Diabetikern wurde gegen Registrierung die Zusendung eines Blutzuckermessgeräts „zum Kennenlernen unter Alltagsbedingungen“ angeboten. Auf der Internetseite waren keine Informationen zur Erhebung und Verwendung der für die Registrierung der angesprochenen Kunden erforderlichen personenbezogenen Daten zu finden. Eine vom Dienstleister versandte Postwurfsendung enthielt unter dem Aufdruck „Gutschein im Wert von 100 €“ das an Diabetiker gerichtete Angebot, sich ein Blutzuckermessgerät „zum Testen unter Alltagsbedingungen“ neben dem Ratgeber „Gesunde Ernährung“ zuschicken zu lassen. Nahm ein Angesprochener das Angebot wahr, sollte er als Gegenleistung für das Gerät einen beigelegten Fragebogen ausfüllen und zurücksenden. Eingehende Kundenanfragen wurden von der Antragsgegnerin beantwortet. Der Internetauftritt der Antragsgegnerin war auf den Postwurfsendungen als Informationsmöglichkeit angegeben.
Die Antragstellerin hatte den Dienstleister und die Antragsgegnerin getrennt voneinander abgemahnt. Der Dienstleister hatte sich bereits strafbewehrt unterworfen.
Die Internetseite enthielt die nach § 13 Abs. 1 TMG notwendigen Informationen nicht. Die Vorschrift setzt unter anderem Art. 10 der europäischen Datenschutzrichtlinie um. Der Diensteanbieter muss den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Bearbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der europäischen Datenschutzrichtlinie aufklären. Nach der Ansicht des erkennenden Gerichts stellt die Vorschrift des § 13 Abs. 1 TMG eine das Marktverhalten regelnde Norm im Sinne des UWG dar und begründete einen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin: Nach den Erwägungsgründen zur Datenschutzrichtlinie soll diese nicht nur datenbezogene Grundrechte gewährleisten, sondern auch den grenzüberschreitenden Verkehr personenbezogener Daten zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auf ein einheitliches Schutzniveau heben. Der Sinn und Zweck der Regelung umfasst somit auch den Schutz der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers durch die Schaffung von gleichen Wettbewerbsbedingungen. Zudem nahm das Hanseatische Oberlandesgericht an, dass die Aufklärungspflichten dem Schutz der Verbraucherinteressen dienen, da sie die Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit des Verbrauchers durch die Aufklärung über die Verwendung seiner Daten beeinflussen.
Nach § 7 HWG ist es unter anderem unzulässig, Werbegaben zu gewähren, die nicht geringwertig sind oder nicht bloße Geld- oder Naturalrabatte darstellen. Durch diese Bestimmung soll einer unsachlichen Beeinflussung im Bereich der Heilmittel begegnet werden. Das Blutzuckermessgerät und der Ratgeber waren derartige unzulässige Zugaben. Weder im Internet noch in den Postwurfsendungen fanden sich Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin den Versand der Gegenstände vom Ausfüllen und Zurücksenden eines Fragebogens abhängig gemacht hätte. Der in Aussicht gestellte Vorteil im Wert von 100 € war nicht geringwertig, das Ausfüllen des Fragebogens stellte auch keine adäquate Gegenleistung für Waren im Wert von 100 € dar. Das Gewähren eines Geld- oder Naturalrabatts war nicht anzunehmen, es handelte sich schlicht um Werbegeschenke.
Die Antragsgegnerin haftete nach der Ansicht des erkennenden Gerichts für die Verstöße des von ihr im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG beauftragten Dienstleisters. Die Antragsgegnerin hatte den Dienstleister zum Zweck der Bewerbung ihrer Produkte vertraglich eingebunden. Die Antragsgegnerin war auch an der Abwicklung der Werbeaktion beteiligt.
Die Antragsgegnerin warf der Antragstellerin Rechtsmissbrauch vor, die Rüge hatte keinen Erfolg. Nach ständiger Rechtsprechung bestehen zwar Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anspruchsverfolgung, wenn ein Gläubiger bei einem Wettbewerbsverstoß getrennte Verfahren angestrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht (missbräuchliche Mehrfachverfolgung, Verfolgung mehrerer identischer oder ähnlicher Verstöße). Dies kann insbesondere auch bei gemeinschaftlichen Wettbewerbsverstößen von Mittätern der Fall sein, wenn die Anspruchsverfolgung nicht gebündelt wird. Die Antragstellerin hatte allerdings den Wettbewerbsverstoß abgemahnt und zusätzlich im Eilverfahren eine strafrechtlich relevante Entwendung der Adressdaten für die Postwurfsendungen behauptet. Es kam nicht darauf an, ob die beiden Sachverhalte tatsächlich unterschiedliche Streitgegenstände im prozessualen Sinn darstellten. Die getrennte Geltendmachung erschien dem erkennenden Gericht aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen an Sachvortrag und Beweislage jedenfalls nicht als von sachfremden Motiven bestimmt.
Das Hanseatische Oberlandesgericht wies die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg zurück.
Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27.06.2013, 3 U 26/12