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Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist wettbewerbswidrig

OLG Brandenburg, Urteil vom 22.10.2019, Az. 6 U 54/18


Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist wettbewerbswidrig

Das Werben mit einer provisionsfreien Vermittlung von Mietwohnungen stellt nach der Einführung des sogenannten „Bestellerprinzips“ eine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit dar und ist somit wettbewerbswidrig, so entschied das OLG Brandenburg mit Urteil vom 22.10.2019.

Was war geschehen?
Die Beklagte betreibt eine Plattform für Immobilienangebote, darunter auch Mietwohnungen. In ihren Angeboten warb sie unter anderem mit der Aussage „Marktplatz für provisionsfreie Immobilien“. Dies tat sie auch in Bezug auf solche Mietwohnungen, für die ihr vom Vermieter ein Vermittlungsauftrag erteilt worden war. Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, sah darin einen Wettbewerbsverstoß aufgrund des Werbens mit einer Selbstverständlichkeit und mahnte die Beklagte ab. Das LG Neuruppin gab der Klage statt, eine Berufung der Beklagten blieb jedoch erfolglos.

Wann ist eine Provision fällig?
Das OLG wies auf das sogenannte „Bestellerprinzip“ hin das besagt, dass derjenige, der den Makler beauftragt diesen auch bezahlen muss. Diese im Jahr 2015 eingeführte Regelung stellt klar, dass im Falle des Vorliegens eines Auftrages durch den Vermieter die Kosten nicht auf den Mieter abgewälzt werden dürfen. Damit ist es dem Wohnungsvermittler untersagt, vom Wohnungssuchenden eine Provision zu verlange, sofern nicht der Vermittler ausschließlich im Auftrag des Suchenden handelt. Das vom Landgericht tenorierte Verbot bezieht sich also ausdrücklich nicht auf jedes Angebot der Beklagten, sondern nur darauf, Wohnräume, bei denen bereits ein Vermittlungsauftrag seitens des Vermieters vorliegt nicht unter der Angabe „provisionsfrei“ anzubieten. Demgemäß ist das ausgesprochene Verbot allein auf den Teil des Angebotes der Beklagten beschränkt worden, für den nach der Gesetzeslage eine Provisionsfreiheit besteht.

Entscheidungsgründe des OLG Brandenburg
Dazu führte das OLG Brandenburg weiter aus, dass das durch die Beklagte inkriminierte Wohnungsvermittlungsangebot durch das Werben mit einer Provisionsfreiheit zwar eine objektiv richtige Information enthalte, dies jedoch bei dem angesprochenen Verbraucherkreis den Eindruck erwecke, gegenüber andere Angeboten vergleichbarer Art einen besonderen Vorzug aufzuweisen. Damit sei es zur Irreführung von Verbrauchern im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG geeignet. Indem die Werbung ein besonders vorteilhaftes Angebot gegenüber den Anderen verspreche, jedoch in Wirklichkeit aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des sogenannten „Bestellerprinzips“ nach § 2 Abs. 1 a WoVermRG bei der Vermietung von Wohnraum nur derjenige den Makler bezahlen muss, der ihn beauftragt hat, müsse man von einer Irreführung ausgehen. Darüber hinaus beeinflusse die Werbung auch deshalb den Eindruck eines besonderen Vorteils bei den Wohnungssuchenden, weil etwa ein Drittel der Betroffenen noch keine Kenntnis von der 2015 eingeführten Regelung habe, so das Gericht. Letztendlich war klarzustellen, dass es sich bei den ebenfalls von der Beklagten angebotenen, für den Mietinteressenten von Wohnraum noch provisionspflichtigen Geschäften um enge Ausnahmefälle handele. Diese Ausnahmen rechtfertigten es jedoch nicht, den Regelfall mit Selbstverständlichkeiten zu bewerben. Vielmehr wäre es angezeigt, den Kunden bei dem Vorliegen eines Ausnahmefalles hierauf besonders aufmerksam zu machen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass es sich um Angebote von Dritten handle da sie zu deren Gunsten warb. Dem Kläger wurde der auf mehrere Aspekte der Irreführung gestützte, sich aber aus einem einheitlichen Streitgegenstand ergebende Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3, 5 UWG aus genannten Gründen zugesprochen.

Fazit
Der Fall zeigt, dass auch objektiv richtige Angaben irrführend sein können, wenn sie bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises fehlerhaft den Eindruck besonderer Vorteile hervorrufen. Diese sind nach § 5 UWG wettbewerbsrechtlich abmahnbar. Ein Unternehmen soll sich nicht mit Selbstverständlichkeiten hervorheben, welche jeder andere Mitbewerber auch anbietet. Solche wettbewerbswidrigen Angaben können jedoch nicht nur von Wettbewerbsverbänden, sondern auch von Mitbewerbern abgemahnt werden, wodurch hohe Abmahnkosten entstehen können.


OLG Brandenburg, Urteil vom 22.10.2019, Az. 6 U 54/18


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