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Werbung mit kostenlosen ärztlichen Zweitbegutachtung

LG Hamburg, Urteil vom 14.10.2014, Az. 312 O 19/14


Werbung mit kostenlosen ärztlichen Zweitbegutachtung

Während im Einzelhandel kostenlose Leistungen – z.B. Gratisproben etc. – zur üblichen Praxis gehören, verbietet das Heilmittelwerbegesetz derartige Aktionen. In einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Hamburg wurde einer Klinik die Bewerbung einer kostenlosen ärztlichen Zweitbegutachtung verboten, da es sich hierbei um ein unzulässiges Anbieten oder Gewähren einer Leistung nach dem Heilmittelwerbegesetz handelt.

Kostenlose Zweitbegutachtung

Im Streitfall hatte eine Hamburger Klinik in einem Flyer, der den Arztbriefen beilag, mit dem Hinweis geworben: „Kostenlose Zweitbegutachtung bei allen Erkrankungen der Schilddrüse“.
Zur Werbeaktion gehörte es, dass Patienten zunächst von ihrem behandelnden Arzt untersucht wurden. Die dabei festgestellten Befunde wurden anschließend an den Konsiliararzt in der Klinik weitergeleitet. Dieser bildete sich anhand der Ergebnisse eine Zweitmeinung und tauschte sich dann mit dem jeweils behandelnden Arzt des Patienten aus. Grundsätzlich hätte der Konsiliararzt seine Leistung nach der Gebührenordnung für Ärzte abrechnen müssen, was jedoch nicht geschah. Die Hamburger Wettbewerbszentrale beanstandete dieses Vorgehen. Nachdem die Klinik zunächst erfolglos abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert war, kam es zum Klageverfahren.

Zweitgutachten stellt keine Nebenleistung dar

Nach Auffassung der Hamburger Richter stellte die Werbung mit einer „kostenlosen Zweitbegutachtung“ ein unzulässiges Anbieten oder Gewähren einer Leistung nach dem Heilmittelwerbegesetz dar. So handele es sich bei der kostenlosen Zweitbegutachtung um keine handelsübliche Nebenleistung. Nebenleistungen sind Dienstleistungen, die einen Bezug zu einer Hauptleistung aufweisen. An einem solchen notwendigen Bezug zu einer Hauptleistung fehlt es vorliegend bereits. Die Einholung einer Zweitmeinung über das Ob und das mögliche Wie einer Schilddrüsenoperation kann auch nicht als bloße Nebenleistung zu der Operation selbst angesehen werden. Die Zweitmeinung stellt vielmehr eine eigenständige Leistung dar. Sie dient gerade dem Zweck, dass der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem Konsiliararzt die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer Operation ermittelt, sodass gerade auch das Ergebnis denkbar ist, dass dies im Ergebnis verneint wird, es also nicht mehr zu der hohe Kosten auslösenden Operation in der Klinik kommt, es also auf Seiten der Klinik lediglich bei der Zweitbegutachtung bleibt. Das Vorbringen der Klinik, dass die Entscheidung für eine Operation durch den niedergelassenen behandelnden Arzt im Einzelfall getroffen werde, sich die Werbung deshalb nicht auf den Fall beziehe, dass aufgrund der Zweitbegutachtung festgestellt werde, dass es entgegen der zunächst angestellten Überlegung einer Operation nicht bedürfe, ändert nach Auffassung des Gerichts nichts an dem dargestellten Ergebnis.

Zweitbegutachtung ist kein bloßer Ratschlag

Die Leistung der Zweitbegutachtung stellt auch keinen Ratschlag dar, sondern geht über einen solchen schon deshalb hinaus, weil sie eine ärztliche Prüfung aufgrund des Befundes bei dem Patienten voraussetzt und sich nicht allein in der Mitteilung des Ergebnisses erschöpft. Auch die anzunehmende hohe Bedeutung für die Operationsentscheidung des Patienten spricht dagegen, hier von einem bloßen Ratschlag auszugehen.

Kostenerstattung nicht entscheidend

Es besteht auch kein Anlass, von einer ausnahmsweisen Zulässigkeit der Werbung auszugehen. Das Argument, dass die Kostenlosigkeit der Zweitbegutachtung typischerweise wirtschaftlich weder den Arzt noch den Patienten betreffe, sondern allein die Krankenversicherung, erschien dem Gericht nicht überzeugend. So komme es für die Kostenerstattung einer Zweitbegutachtung auf das jeweilige Versicherungsverhältnis an. Aus diesem Grund wäre nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass die jeweilige Versicherung bei fehlender medizinischer Erforderlichkeit einer zusätzlichen Begutachtung bereit wäre, die anfallenden Kosten in jedem Fall zu übernehmen.

Keine Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes

Auch die Idee der Klinik, dass die Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes offen für Neuentwicklungen im Wettbewerb zu sein habe, führt nach Auffassung des Gerichts zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Heilmittelwerberecht mit Blick auf das hohe Schutzgut der Volksgesundheit grundsätzlich strenge Anforderungen an die Zulässigkeit einer Werbemaßnahme zu stellen sind.

LG Hamburg, Urteil vom 14.10.2014, Az. 312 O 19/14


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