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Werbung für Eizellspende

BGH, Urteil vom 08.10.2016, Az. I ZR 225/13


Werbung für Eizellspende

Die Werbung eines Gynäkologen für die Vorbereitungshandlung auf eine Eizellenspende verstößt nicht gegen das deutsche Wettbewerbsrecht. Der Kläger hat gegen den Beklagten keine Unterlassungssprüche.

Der Beklagte ist Facharzt für Frauenheilkunde und Gynäkologie. Er arbeitet in einem Institut für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in der Tschechischen Republik. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung in Hamburg wies er die Teilnehmer darauf hin, dass die Reproduktionsmedizin in der Tschechischen Republik anders bewertet werde als in Deutschland und dort Eizellspenden nicht verboten seien. Er erklärte außerdem, dass in Deutschland niedergelassene Fachärzte die Vorbereitungshandlungen für Eizellspenden vornehmen würden. Der Kläger ging gegen diese Äußerungen des tschechischen Arztes vor und nahm ihn auf Unterlassung in Anspruch. Seiner Meinung nach besteht die Gefahr, dass Frauen in Deutschland verstärkt Gynäkologen aufsuchen, um entsprechende Vorbereitungshandlungen an sich vornehmen zu lassen. Nach dem deutschen Embryonengesetz ist eine Eizellspende in Deutschland verboten. Der Beklagte trage wissentlich dazu bei, dass sich deutsche Ärzte an Verstößen gegen das Embryonengesetz beteiligten.

§ 1 des einschlägigen Gesetzes besagt, dass in Deutschland niedergelassene Ärzte Frauen keine unbefruchteten oder künstlich befruchteten Eizellen als die eigenen einpflanzen dürfen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Vorbereitungshandlungen zur Einpflanzung von Eizellen einer fremden Frau verboten sind. Wer gegen dieses Gesetz verstößt, muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren rechnen. Der Unterlassungsanspruch des Klägers bezog sich jedoch nicht nur auf die streitgegenständlichen Aussagen in Hamburg oder in Deutschland allgemein, sondern auch auf die Tätigkeit des Klägers in dem Institut für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in der Tschechischen Republik. Der Rechtsstreit ging durch mehrere Instanzen. Während das Landgericht erster Instanz die Klage abwies, gab das OLG als Berufungsinstanz dem Kläger Recht. Der Rechtsstreit ging bis vor den BHG, der das Berufungsurteil wieder aufhob und das Urteil erster Instanz wieder herstellte. Die BGH-Richter sehen in den streitgegenständlichen Äußerungen des Beklagten keine Marktverhaltensregel gemäß § 4 UWG. Es erfülle keinen wettbewerbsrechtlichen Schutzzweck, sondern diene alleine dem Wohle des Kindes. Das Embryonengesetz diene nicht nur dem Schutz ungeborenen Lebens, sondern auch dem Wohl und Schutz des Kindes. Der Gesetzgeber sieht eine mögliche seelische Beeinträchtigung in der seelischen Entwicklung, wenn sich das Kind im Verlaufe seines späteren Lebens mit einer genetischen Mutter und einer austragenden Mutter konfrontiert sieht. Die auf das Wettbewerbsrecht ausgerichtete Klage steht demzufolge in keinem Zusammenhang mit dem Schutzzweck des Embryonengesetzes.

Das Embryonengesetz bietet jedoch keinen ausreichenden Schutz hinsichtlich des weitreichenden und streng ausgelegten deutschen Rechtsverständnisses zum Thema Eizellspende. In den Nachbarländern Frankreich, Niederland, Belgien, Spanien, Großbritannien und Tschechien ist die Eizellspende und damit auch die Vorbereitungshandlungen durch Fachärzte gesetzlich gestattet. Wissenschaftlich nicht abschließenden Schätzungen zufolge reisen jährlich mehrere hundert Frauen und/oder Paare aus Deutschland in die Nachbarländer, um sich durch die Eizellspende einer fremden Frau ihren bisher versagt gebliebenen Kinderwunsch doch noch zu erfüllen. Denn strafbar machen sich nur in Deutschland niedergelassene Ärzte, wenn sie einer Frau in Deutschland die Eizelle einer fremden Frau einpflanzen. Frauen beziehungsweise Paare, die eine Eizellspende und entsprechenden Vorbereitungshandlungen in den zuvor erwähnten Nachbarländern vornehmen lassen, machen sich nach dem deutschen Embryonengesetz dagegen nicht strafbar, da ihnen das Gesetz eine im Ausland vorgenommene und gesetzlich erlaubte Handlung nicht verbieten kann.

BGH, Urteil vom 08.10.2016, Az. I ZR 225/13


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