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Werbung für Diätprodukt mittels Erfahrungsberichten

OLG Celle, Urteil vom 22.10.2015, Az. 13 U 47/15


Werbung für Diätprodukt mittels Erfahrungsberichten

Das OLG Celle hat im Oktober 2015 entschieden, dass ein Diätprodukt nicht mit Aussagen von Nutzern beworben werden darf, die den Erfolg der Diät dadurch suggerieren, dass Angaben zu Ausmaß und Dauer einer Gewichtsabnahme gemacht werden. Eine derartige Werbung verstößt gegen die sogenannte Health-Claims-Verordnung, die EU-weit regelt, welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Aussagen über Lebensmittel zulässig sind.

Im verhandelten Fall war eine von der öffentlichen Hand finanzierte Verbraucherzentrale gegen den Hersteller eines als „Vitalkost“ vertriebenen Diätprodukts vorgegangen, der auf seiner Internetseite für dieses Produkt geworben hatte. Dabei wurden unter der Rubrik „Erfolge“ Nutzer des Produkts vorgestellt, die von hohen Gewichtsverlusten und verbesserten Blutzuckerwerten berichteten. Die Verpackung des Produkts wies zudem die Behauptungen auf, die „Vitalkost“ aktiviere den Stoffwechsel, reguliere nachweislich den Blutzuckerspiegel und begünstige die Gewichtsabnahme. In einer Zeitschriftenanzeige wurde außerdem die Behauptung aufgestellt, das Produkt habe eine für Rheumatiker günstige Wirkung. Die Verbraucherzentrale beanstandete insbesondere die konkreten Angaben zur Gewichtsabnahme, aber auch die krankheitsbezogenen Behauptungen bezüglich Diabetes und Rheuma. Derartige gesundheitsspezifische Angaben seien nach der Verordnung Nr. 1924/2006 der EU, der sogenannten Health-Claims-Verordnung, verboten und stellten deshalb unlauteren Wettbewerb dar. „Health-Claims“ sind Behauptungen oder Aussagen zur gesundheitlichen Wirkung eines Produkts.

Der beklagte Hersteller vertrat vor Gericht die Auffassung, dass die von ihm getroffenen Werbeaussagen rechtmäßig seien. Die Werbung weise auf den gesundheitlichen Nutzen des Produkts nur in Kombination mit einer umfassenden Ernährungsumstellung und Diät hin. Die „Vitalkost“ sei nicht der Schwerpunkt der Diät, sondern lediglich eine Ergänzung derselben. Die Veröffentlichung des Diätplans sei aber keine Werbung oder geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), sondern sei als freie Meinungsäußerung geschützt. Außerdem werde mit der Nennung von Diäterfolgen lediglich der Zweck des Produkts verdeutlicht und nur zum Ausdruck gebracht, dass man durch den Verzehr des Produkts grundsätzlich abnehmen könne. Die Health-Claims-Verordnung erlaube zudem die Aussage, dass ein Produkt, indem es eine der täglichen Mahlzeiten ersetze, dazu beitrage das Körpergewicht zu reduzieren. Bezüglich der Blutzuckerregulierung sei eine Aussage erlaubt, die darauf abzielt, dass fructosehaltige Lebensmittel zu einem geringeren Blutzuckeranstieg führten als Lebensmittel mit Saccharose oder Glucose. Auch die Health-Claims bezüglich Rheuma und Stoffwechsel seien von der Verordnung gedeckt.

Schon das Landgericht der ersten Instanz hatte der Unterlassungsklage im April 2015 in vollem Umfang stattgegeben, dem Hersteller aber eine Aufbrauchfrist bis zum 31. August 2015 eingeräumt, bis zu der die beanstandeten Verpackungen noch vertrieben werden durften. Keine der gesundheitsbezüglichen Aussagen der Produktwerbung sei von der Health-Claims-Verordnung gedeckt. Die beworbene Diät baue wesentlich auf der „Vitalkost“ auf, der Diätplan sei nicht losgelöst davon zu betrachten. Dem durchschnittlich informierten Verbraucher würde mit den Formulierungen zur Gewichtsabnahme suggeriert, diese sei innerhalb einer begrenzten Zeit von einigen Wochen oder Monaten erzielbar. Die Aussagen zur Regulierung des Blutzuckerspiegels gingen zudem über nur allgemeine Fakten zur Wirkung von Fructose hinaus und behaupteten eine heilsarme Wirkung im Krankheitsfall. Dies sei auch bei den Werbeaussagen zu Rheuma und Stoffwechsel der Fall.
Das OLG Celle hatte als Berufungsinstanz über den Sachverhalt zu entscheiden. Der beklagte Hersteller des Diätprodukts trug dieselben Argumente vor wie in der ersten Instanz, erweiterte aber seine Argumentation um Aussagen zur normalisierenden Wirkung von Sojaeiweiß auf den Blutzuckerspiegel, die in Studien nachgewiesen worden sei. Das Gericht wies diese zusätzlichen Argumente als nicht stichhaltig zurück und teilte auch in allen anderen Punkten die Argumente der ersten Instanz. Dabei verwies es insbesondere darauf, dass die Veröffentlichung von Erfahrungsberichten auf der Homepage des Herstellers allerdings als geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs.1 Nr. 1 UWG zu interpretieren sei. Auch bei Betrachtung der beanstandeten Webseite als Ganzes sei offenkundig, dass deren Hauptaugenmerk auf dem Produkt und dessen Anwendung liege. Die Health-Claims-Verordnung verbietet explizit die Werbung für Diätprodukte mit Angaben zur Zeitdauer des Abnehmerfolges. Bei dem beworbenen Produkt handelte es sich unzweifelhaft um ein solches Diätprodukt. Alle in der Werbung und auf der Verpackung gemachten und vom Kläger beanstandeten Aussagen seien als Aussagen zur gesundheitlichen Wirkung durch die Verordnung untersagt. Die veröffentlichten Werbeaussagen seien nicht gedeckt von den durch die Verordnung zugelassenen Health-Claims.

OLG Celle, Urteil vom 22.10.2015, Az. 13 U 47/15


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