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Werbeschreiben mit irreführenden Angaben ist wettbewerbswidrig

Kammergericht Berlin, Urteil vom 19.O6.2015, Aktenzeichen 5 U 7/14


Werbeschreiben mit irreführenden Angaben ist wettbewerbswidrig

Das Kammergericht in Berlin hat durch Urteil vom 19.06.2015 im Berufungsverfahren zum Aktenzeichen 5 U 7/14 eine Entscheidung in einem wettbewerbsrechtlichen Streit getroffen. Streitgegenstand sind Werbebriefe, die in Umschlägen mit Vermerken wie „Vertraulicher Inhalt, schnelle Antwort erbeten, Expresssendung, nur vom Empfänger zu öffnen“ und weiteren, ähnlichen „Eyecatchern“ versandt worden waren. Diese Briefe wurden durch die Antragsgegnerin, die ein Unternehmen in den Niederlanden betreibt, verschickt. Die Antragsgegnerin wirbt mit Hilfe der Briefe für Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel, die von ihrem Unternehmen vertrieben werden. Antragsteller ist ein Verband, der sich der Wettbewerbskontrolle widmet. Nach Ansicht des Antragstellers handelt es sich bei den von der Antragsgegnerin versandten Briefen um irreführende und belästigende Werbung, die nach den Vorschriften des „Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG) mit sofortiger Wirkung als unlauter zu untersagen ist.

Die Aufmachung der postalischen Werbesendung sei zunächst einmal dazu geeignet, den Adressaten darüber zu täuschen, dass er lediglich einen Werbebrief in der Hand halte. Der Verbraucher werde bewusst irregeführt, weil in ihm die Vorstellung geweckt wird, dass es sich um eine besonders wichtigen Brief handele, den er unbedingt persönlich öffnen und sofort lesen müsse. Die Antragsgegnerin selbst vertrat die Ansicht, dass die verwendeten Aufdrucke derart auffällig seien, dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher ihren Werbezweck sofort erkennen würde. Eine unlautere Täuschung im Geschäftsverkehr sei deshalb mangels eines entsprechenden Irrtums auszuschließen. Der Antragsteller hat, nachdem die Antragsgegnerin erfolglos abgemahnt worden war, bei dem Landgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, durch die dem Antragsgegner die Versendung von Werbebroschüren in der beanstandeten Form untersagt werden sollte. Die einstweilige Verfügung erging antragsgemäß. Die Antragsgegnerin wehrt sich nun mit der beim Kammergericht eingereichten Berufung gegen den Fortbestand der Verfügung. Von Seiten des Antragstellers wurde ein Berichtigungsantrag hinsichtlich der Verfügungsformulierung gestellt, dem das Kammergericht stattgab.

Die Richter des 5. Senats am Kammergericht wiesen die Berufung des Antragsgegners als unbegründet zurück und bestätigten damit den Fortbestand der einstweiligen Verfügung. Sie gingen nicht von einer Täuschung der angeschriebenen Verbraucher über den Werbecharakter der Sendung aus, stellten jedoch eine unzumutbare Belästigung der Adressaten fest, die zur Unlauterkeit der Werbemaßnahme nach der Vorschrift des § 7 UWG führt. Weniger der Versuch, durch Aufdruck von Zustellnummern und-vermerken einen amtlichen Eindruck zu erwecken als die Bemühung darum, den Briefadressaten unter Handlungs- und Zeitdruck zu setzen erregte das Missfallen der Richter. Obwohl Werbung per Briefsendung grundsätzlich nicht unzulässig ist, solange der Adressat nicht ausdrücklich widersprochen hat, ist es nach Ansicht des Kammergerichts immer als Belästigung zu verurteilen, wenn grundlos eine besondere, durch sachliche Umstände nicht erklärbare Eile ausgelöst wird. Ein Vermerk über „vertraulichen Inhalt“ war objektiv unrichtig, da sich im Umschlag lediglich eine Werbebroschüre mit einigen kritischen Äußerungen gegen die Pharmaindustrie und anschließenden Werbeausführungen zugunsten der eigenen, alternativen Angebote befand. Diese Ausführungen waren, objektiv betrachtet, weder vertraulich noch eilbedürftig. Durch die Verwendung entsprechender Aufdrucke auf dem Umschlag sollte der Empfänger lediglich in unnötiger Weise unter Druck gesetzt und auf diese Weise belästigt werden. Ein derartiges Werbeverhalten ist nach § 7 UWG als unlauter zu bezeichnen.

Darüber hinaus fehlt die vorgeschriebene, genaue Bezeichnung des Absenders nebst Adresse. Stattdessen wurde von der Antragsgegnerin lediglich eine Postfachadresse benannt. Die fehlende Adressbenennung oder die unklare Benennung der Adresse gehört zu den Faktoren, die gemäß § 7 UWG dafür sprechen, dass eine Werbung für den Adressaten unzumutbare Züge annimmt. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die verfassungsrechtlich gesicherte Werbefreiheit als Ausdruck der Unternehmensfreiheit beruft, hielten die Richter ihr entgegen, dass sie die streitgegenständlichen Werbebroschüren auch in Umschlägen versenden könnte, die nicht mit Aufdrucken der beanstandeten Art versehen sind. Der Verbraucher könnte dann ohne unangemessene Druckausübung selbst in Ruhe darüber entscheiden, ob und wann er den Brief öffnen möchte.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 19.O6.2015, Aktenzeichen 5 U 7/14


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