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'Wenn es regnet, Kaufpreis zurück'...

VG Stuttgart, Urteil vom 15.03.2012, Az. 4 K 4251/11


Das Landgericht Stuttgart hatte eine Feststellungsklage eines Möbelhauses zu entscheiden, in der es darum ging, ob eine geplante Werbeaktion ein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 des Glücksspielvertrags (GlüStV) darstellen würde. Die Stuttgarter Richter beurteilten die Werbeaktion nicht als unerlaubtes Glücksspiel und gaben der Klage des Möbelhauses statt.

Der Glücksspielvertrag
Der Glücksspielvertrag ist ein Staatsvertrag zwischen allen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland und soll einheitliche Rahmenbedingungen für die Durchführung von Glücksspielen schaffen. Der Sinn und Zweck des Vertrages ist hauptsächlich die Prävention von Suchterkrankungen. Insbesondere soll auch die Jugend vor der von Glücksspielen ausgehenden Suchtgefahr geschützt werden. Ziel des Vertrages ist zudem die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Ablauf bei der Durchführung der jeweiligen Spiele, sodass Betrügereien und ähnliche branchenbedingte Straftaten möglichst reduziert werden.
In § 3 Abs. 1 GlüStV wird definiert, wann ein Glücksspiel vorliegt. Voraussetzung ist demnach, dass im Rahmen eines Spiels ein Entgelt für eine mögliche Gewinnchance verlangt wird. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Entscheidung über dem Gewinn zu großen Teilen vom Zufall abhängt.

Die Werbeaktion des Möbelhauses
Unternehmer lassen sich heutzutage immer skurrilere Werbeaktionen einfallen, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Werbung soll den Kunden erreichen und sich gerne auch herumsprechen. Ein schwäbisches Einrichtungshaus versprach ihren Kunden, dass sie den Kaufpreis, sofern dieser 100 Euro überstieg, zurückerstattet bekommen würden, wenn es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnen würde. Solche außergewöhnlichen Werbeaktionen kommen bei den Kunden zumeist sehr gut an, da sie ihnen eine relativ hohe Chance suggerieren, einen hohen Betrag zu sparen. Fraglich ist allerdings, ob diese Art von Werbung nicht ein Glücksspiel darstellt, da die Kunden zumindest keinerlei Einfluss auf den Eintritt der Bedingung nehmen können. Das Regierungspräsidium Karlsruhe zeigte sich von der Werbeaktion nicht begeistert und wertete diese als illegales Glücksspiel. Hiergegen wehrte sich das Möbelhaus und reichte eine Feststellungsklage ein, in der es begehrte festzustellen, dass es sich bei der Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel handeln würde.

Die Stuttgarter Richter folgten der Auffassung des Präsidiums Karlsruhe nicht
Das Verwaltungsgericht Stuttgart gab der Klage statt. Die Werbeaktion sei kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV. Entscheidend sei insbesondere, dass der Kaufpreis von mindestens 100 Euro keine Teilnahmegebühr ist. Der Kaufpreis werde lediglich infolge des abgeschlossenen Kaufvertrags zwischen Kunde und Möbelhaus entrichtet beziehungsweise, um im Gegenzug die Ware zu erhalten. Der Kunde zahle den Kaufpreis nicht, um eine Gewinnchance zu erhalten. Sofern es am besagten Zeitpunkt regnen sollte, erhalte der Kunde zwar den Kaufpreis zurückerstattet, sodass durchaus ein Gewinn vorläge, dessen Ausgang vom Zufall abhänge, allerdings träte diese Gewinnchance nur zusätzlich zum Kaufvertrag auf. Die zusätzliche Gewinnchance sei nicht der Hauptcharakter des Kaufvertrags, sodass die Werbeaktion insgesamt auch keinen Glücksspielcharakter aufweise. Selbst unter dem Gesichtspunkt der Suchtvorbeugung, welche den Glücksspielvertrag maßgeblich prägt, sei eine derart weite Auslegung eines Glücksspiels nicht möglich. Hervorzuheben sei insbesondere, dass die Kunden nicht Gefahr liefen, einen vollkommenden Vermögensverlust, wie es sonst üblich ist bei Gewinnspielen, zu erleiden, da sie immer die gekauften Waren behalten würden.

Die Definition von Glücksspiel hängt oftmals von Nuancen ab
Ob ein Glücksspiel vorliegt oder nicht, ist nur schwer zu entscheiden. Auch unter Juristen ist eine Abgrenzung nicht selten umstritten, sodass die rechtliche Bewertung in diesem Fall nur bedingt auf anders gelagerte Fälle übertragen werden kann. Nur kleinste Änderungen bei den Teilnahmebedingungen können zu einer gänzlich anderen rechtlichen Würdigung führen.
Die Durchführung von Werbeaktionen mit Glücksspielcharakter sollte mit äußerster Sorgfalt geplant werden. Eine vorherige juristische Prüfung ist in diesen Fällen immer empfehlenswert.

VG Stuttgart, Urteil vom 15.03.2012, Az. 4 K 4251/11


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