vzbv erleidet Schlappe bei Online-Flugbuchungen
Die Art und Weise, mit der Online-Reiseportale Zusatzleistungen wie Versicherungen anbieten, erregte den Widerwillen des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv). Der Verband klagte deshalb gegen einen Anbieter und verlangte, die Praxis zu verbieten, dass Kunden den Buchungsvorgang nur dann weiter fortsetzen können, wenn sie zuvor eine Auswahl zum Angebot einer Reiserücktrittsversicherung getroffen haben. Während das Landgericht in der Vorinstanz der Argumentation der Verbraucherzentralen gefolgt war, kassierte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main diese Entscheidung wieder. Zudem ließ es keine Revision zu.
In dem vorliegenden Fall hatte der Anbieter des Online-Buchungsportals in seinem elektronischen Buchungssystem im zweiten Buchungsschritt die Eingabe der personenbezogenen Daten verlangt und in einem optisch hervorgehobenen Feld auf eine Reiserücktrittsversicherung hingewiesen. Kunden mussten dort zwischen zwei möglichen Antworten auswählen: Entweder konnten sie für 24,00 Euro eine Reiserücktrittsversicherung abschließen oder aber auf den Schutz verzichten. Für den Fall eines Verzichtes beinhaltete die Antwortmöglichkeit den ausdrücklichen Hinweis, dass im Schadensfall alle Kosten vom Kunden selbst zu tragen sind. Ohne eine Auswahl konnte der Kunde den Buchungsvorgang nicht fortsetzen.
Der vzbv erkannte hierin einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 S.4 VO (EG) 1008/2008. Die Vorschrift legt die Anforderungen an fakultative Zusatzkosten im Rahmen von Online-Buchungen fest. Darüber hinaus warf der Verband dem Online-Portal vor, Kunden durch die Gestaltung des Auswahlfeldes unsachlich zu beeinflussen.
Die Richter am Frankfurter Oberlandesgericht wollten sich der Auffassung des Klägers jedoch nicht anschließen. Sie stellen in der Urteilsbegründung ausdrücklich fest, dass das beklagte Online-Portal nicht wie vom vzbv behauptet gegen Art 23. Abs. 1 S.4 der EU-Luftverkehrsdienste-Verordnung verstößt. Diese fordere eine „klare, transparente und eindeutige“ Mitteilung über die fakultativen Zusatzkosten zu Beginn des Buchungsvorganges sowie deren Annahme durch den Kunden auf „Opt-in“-Basis. Im Gegensatz zur „Opt-out“-Variante, bei der Kunden voreingestellte Zusatzleistungen aktiv abwählen müssen, setzt die „Opt-in“- Variante eine bewusste Entscheidung für die Zusatzleistung durch den Kunden ebenso voraus, wie eine aktive Auswahl („anklicken“).
Nach Auffassung des OLG Frankfurt wird die „Checkbox“ des beklagten Anbieters dieser Anforderung jedoch gerecht, da der Kunde seinen Buchungsvorgang erst fortsetzen kann, nachdem er sich bewusst für eine der angebotenen, aber nicht voreingestellten Auswahlmöglichkeiten entschieden hat. Die Vorgaben zum „Opt-in“-Verfahren sind damit in den Augen der Richter in ausreichendem Maße erfüllt.
Auch die Kritik des Verbandes, die textliche Gestaltung der angebotenen Auswahl sei nicht wertungsneutral, sondern beeinflusse den Kunden in Richtung der vom Anbieter gewünschten Entscheidung, verwarfen die Richter mit dem Hinweis darauf, dass eine solche wertungsneutrale Gegenüberstellung der angebotenen Optionen gesetzlich nicht gefordert werde. Eine zulässige Grenze der Verbraucherbeeinflussung werde allenfalls dann überschritten, wenn diese in unsachlicher Weise erfolge, was hier jedoch nicht der Fall sei.
An der Meinung des Gerichts änderten auch zwei Entscheidungen der Landgerichte in Hannover und Berlin nichts, auf die der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände im Verfahren berief. Die Richter stellten dazu ausdrücklich fest, dass in den dort verhandelten Fällen die Eingabemasken vollkommen anders gestaltet waren und daher die Sachverhalte dieser Verfahren mit dem aktuellen Fall nicht vergleichbar seien.
Schließlich versagte das Gericht dem klagenden Verband auch einen Unterlassungsanspruch gegen das Online-Portal aufgrund irreführender Angaben über das Schadensrisiko und die diesbezüglichen Leistungen der angebotenen Reiserücktrittsversicherung. In den Augen der Frankfurter Richter hätten verständige Verbraucher eine konkrete Vorstellung von den Leistungen einer Reiserücktritts-, Storno- und Reisekrankenversicherung, und genau diesen Vorstellungen des Verbrauchers werde das Angebot des Portals auch gerecht.
Unterm Strich bedeutet das Urteil des OLG Frankfurt eine herbe Schlappe auf ganzer Linie für den Bundesverband Verbraucherzentralen, der sich trotz seines Prozesserfolgs in der Vorinstanz mit keinem seiner Standpunkte durchsetzen konnte.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.04.2015, Az.: 6 U 33/14