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Vertriebsbeschränkung gegenüber Onlinehandel

OLG DUS, VI-U (Kart) 11 /13


Vertriebsbeschränkung gegenüber Onlinehandel

Die Rechtssache betrifft die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels und der Wettbewerber durch Preisabsprachen und Rabattstaffeln. Parteien in diesem Verfahren sind der Onlinehändler Reuter und der Hersteller von Badarmaturen Dornbracht. Reuter sah sich durch die Vertriebsbeschränkungen der Dornbracht-Produkte in der Ausführung seiner Geschäfte beschränkt.

Dornbracht ist nicht im Onlinehandel tätig und hatte ein Interesse daran, dass seine Zwischenhändler seine Produkte nicht an Onlinehändler verkaufen. Dornbracht hatte mit seinen Zwischenhändlern eine Fachhandelsvereinbarung abgeschlossen. Diese bot Dornbrachts Abnehmern günstigere Einkaufskonditionen, wenn sie seine Produkte an regionale Einzelhändler und nicht an Onlinehändler verkaufen. Dornbracht hatte die Vorstellung, mit diesem Vertriebsmodell den regionalen Fachhandel zu fördern. Dieser Vertriebsweg konnte den Verkauf der Dornbracht-Produkte an Onlinehändler zwar nicht komplett unterbinden, jedoch blieben die im Onlinehandel getätigten Umsätze von bestimmten Rabatten ausgeschlossen. Diese Benachteiligung des Onlinehandels gegenüber dem stationären Fachhandel führte zu einem Umsatzverlust. Für dieses Entgegenkommen erhielten die Zwischenhändler von Dornbracht jeweils Rabattstaffeln in unterschiedlicher Höhe.

Reuter klagte gegen diese Wettbewerbsbeschränkung. Die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf erkannten für Recht, die Fachhandelsvereinbarung zwischen Dornbracht und seinen Zwischenhändlern behindert gezielt den Wettbewerb. Das Bundeskartellamt hatte sich im Dezember 2011 mit der streitgegenständlichen Fachhandelsvereinbarung beschäftigt. Die Vorinstanz äußerte lediglich kartellrechtliche Bedenken, woraufhin Dornbracht sein fragwürdiges Vertriebsmodell eingestellte. Das durch den 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Dezember 2013 ergangene Urteil ist geeignet, Signalwirkung für die Onlinebranche zu entfalten. Die Richter haben eventuell einen Präzedenzfall geschaffen. Die Fachhandelsvereinbarung des Beklagten verstößt eindeutig gegen geltendes Kartellrecht. Onlinehändler, die durch derartige Wettbewerbsbeschränkungen blockiert werden, können sich ermutigt zeigen, gegen solche Wettbewerbsverstöße rechtlich vorzugehen. Das Unrechtsbewusstsein ist in der Branche kaum existent. Viele Hersteller, die ihre Produkte über den klassischen Vertriebsweg durch den Groß- und Einzelhandel vertreiben, werten Verbraucher im Internet als Kunden zweiter Klasse.

Onlinehändler wie Reuter sehen sich mit einer auferlegten Wettbewerbsbeschränkung in der Ausübung ihrer Geschäfte beeinträchtigt, da viele ihrer Kunden Waren renommierter Hersteller nachfragen. Ist ein Onlinehändler nicht in der Lage, die nachgefragten Produkte zu liefern, ist es möglich, dass er Kunden verliert. Reuter sah sich gezwungen, die nachgefragten Produkte aufgrund der von Dornbracht durchgeführten Vertriebsbeschränkung zu höheren Preisen über den Großhandel zu beziehen. Über den Direktvertrieb wäre die Beschaffung dieser Produkte für den Onlinehändler wesentlich günstiger gewesen. Das von Dornbracht gezeigte wettbewerbswidrige Verhalten stellt Absprachen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Herstellern und Abnehmern (stationäre Händler, Großhandel, Zwischenhandel) dar. Liefersperren und Boykottvereinbarungen in Form von Fachhandelsvereinbarungen und die Androhung von Sanktionen durch wirtschaftliche Nachteile, sollten sich die Abnehmer nicht daran halten, verstoßen nicht nur gegen das Wettbewerbsrecht, sondern sind kartellrechtlich verboten.

Das OLG Düsseldorf folgt der Rechtsprechung der Vorinstanz nicht. Die Beklagte Dornbracht hat dem Kläger Reuter den ihm aufgrund der streitgegenständlichen Fachhandelsvereinbarung entstandenen Margenverlust zu ersetzen. Dornbracht muss an Reuter einen Schadenersatz in Höhe von einer Million Euro entrichten. Obwohl Reuter einen höheren Betrag einklagen wollte, konnte er diese höhere Summe nicht nachweisen. Das OLG stuft die Forderung Reuters als zu hoch ein. Geschäftsführer Andreas Dornbracht haftet persönlich neben seinem Unternehmen als Teilnehmer und Beihelfer, der diesen Rechtsverstoß in Form einer Wettbewerbsbeschränkung vorsätzlich veranlasst hat. Die Revision zum Bundesgerichtshof gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil ist nicht zugelassen. Die einzige Möglichkeit für Dornbracht, gegen das Urteil vorzugehen, ist das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO).

Bis zu diesem Urteil gab es im Bereich der Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit von Vertriebsbeschränkungen im Onlinehandel keine richtungsweisende Rechtsprechung. Mit der Verurteilung von Dornbracht hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Position der Onlinehändler gestärkt. Die Rechtsprechung muss klären, wie weit die Berechtigung der Hersteller, über ihre Vertriebswege zu entscheiden, reichen darf. Der Versuch durch eine Fachhandelsvereinbarung den Onlinehandel gezielt zu bekämpfen und zu unterbinden, verursacht Preisintransparenz und missachtet die Wünsche der modernen Kunden. Sie wollen mit einem Klick schnell, bequem und zu jeder Zeit im Internet einkaufen. Die Hersteller wünschen sich Qualitätssicherung und die Regulierung ihrer Vertriebswege. Der Onlinehandel wünscht sich Preistransparenz, freien Marktzugang und folglich keine Wettbewerbsbeschränkung. Selbst wenn dieses Urteil den Charakter eines Präzedenzfalles entwickelt, muss berücksichtigt werden, dass es sich um einen Einzelfall handelt. Weitere Verfahren dieser Art müssen den Einzelfall prüfen und feststellen, ob die vereinbarten Herstellerverträge und Herstellerrichtlinien sich mit dem Kartellrecht vereinbaren lassen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2013, Az. VI-U (Kart) 11/13


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