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Vertragsstrafen bei Abmahnungen sind nicht immer wirksam

OLG Thüringen 2 U 602/11 Vertragsstrafen bei Abmahnungen sind nicht immer wirksam!


Pacta sunt servanda - Verträge müssen eingehalten werden. Ein alter, immer noch gültiger Rechtsgrundsatz. Aber ebenso richtig ist die Feststellung, dass nicht alles, was unterschrieben wird, Gültigkeit hat. Denn es gibt auch nichtige Verträge, nichtige Erklärungen und so weiter.

Das OLG Thüringen hat hierfür ein interessantes Beispiel parat. In seiner Entscheidung vom 21.03.2012 (Aktenzeichen 2 U 602/11) hat es die in einer Unterlassungserklärung unterzeichnete Unterwerfung unter eine Vertragsstrafe von 25.000,00 Euro für nichtig erklärt. Es ging bei der Abmahnung - wie so oft - um illegale Downloads über das Internet. Das Urteil dürfte gerade für diejenigen interessant sein, die sich unangemessenen hohen Forderungen von "Abmahn-Kanzleien" ausgesetzt sehen und wissen wollen, ob sie wirklich zur Bezahlung von Geldsummen verpflichtet sind, die teilweise existenzvernichtend sein können.

Vorformulierte Unterlassungserklärungen mit Vertragsstrafe

Zum Fall: Der Kläger forderte vom Beklagten die Zahlung von 25.000 Euro. Der Beklagte war vorher vom Kläger abgemahnt und aufgefordert worden, eine Unterlassungserklärung abzugeben, die für den Wiederholungsfall ("für jeden Fall der Zuwiderhandlung") eine Vertragsstrafe von 25.000,00 Euro vorsah. Der Beklagte unterschrieb die Erklärung. Nachdem dieser einen Folgeverstoß begangen hatte, forderte ihn der Kläger zur Zahlung auf. Die Erklärung war vorformuliert, sprich: das gleiche Formular wurde auch für eine Vielzahl anderer Fälle von derselben Mahnkanzlei verwendet. In der Aufforderung zur Abgabe der Unterlassungserklärung war der Beklagte darauf hingewiesen worden, dass allein die Abgabe der unterbreiteten Erklärung die Wiederholungsgefahr beseitigen könne. Außerdem war dem Beklagten für die Abgabe der der Erklärung eine Frist gesetzt worden.

Nichtige Allgemeine Geschäftsbedingungen

Der Beklagte war nicht bereit, die 25.000 Euro zu zahlen. So kam der Streit vor Gericht. Das Oberlandesgericht Thüringen bewertete die von der Kanzlei unterbreitete Erklärung als Allgemeine Geschäftsbedingungen - also für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle vorformulierte Bedingungen. Für diese gilt § 307 Abs. 1 BGB, nach dem unangemessene Benachteiligungen des Vertragspartners zur Unwirksamkeit führen. Nach Auffassung des OLG Thüringen war die Vertragsstrafe vollkommen undifferenziert: Die Formulierung "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" mache deutlich, dass überhaupt kein Beurteilungsspielraum dahingehend bestehe, wie bedeutend der Verstoß sei. Somit sah das Gericht hier eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten: Die Klausel differenziere weder nach Umfang, Art, Schwere oder Grad des Verschuldens im konkreten Einzelfall, und überdies sei auch die Höhe der Vertragsstrafe nicht üblich.

Fazit: Nicht alles, was unterschrieben wird, ist gültig

Das Gericht sah in diesem Fall die gesamte Klausel als nichtig an, weil die Regelung insgesamt zu weit ging. Diese Entscheidung macht sehr deutlich, dass nicht jede unterschriebene Erklärung verbindlich ist. Gerade in den Fällen von Abmahnungen sollte man deshalb besonders prüfen, ob überhaupt die Verpflichtung auf Zahlung der geforderten Summe besteht. Im vorliegenden Fall führte die Nichtigkeit der vom Kläger verwendeten Klauseln dazu, dass der geltend gemachte Anspruch völlig ins Leere ging: Der Kläger unterlag in voller Höhe. Das Urteil macht deutlich, dass es in jedem - auch noch so "klar" scheinenden Einzelfall - immer Möglichkeiten gibt, unangemessene Forderungen abzuwenden.

Pacta sunt servanda - aber auch für diesen Grundsatz gilt, dass Ausnahmen die Regel bestätigen.


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