Versand von jugendgefährdenden Bildträgern
Der Versand von Filmen und Videospielen ohne Jugendfreigabe ist ohne Durchführung einer Alterskontrolle grundsätzlich wettbewerbswidrig. Dies stellte das OLG Frankfurt am Main in einem Urteil vom 07.08.2014 (Az. 6 U 54/14) fest und wies daher die vorliegende Berufung des Antragsgegners gegen die erstinstanzliche Entscheidung des LG Frankfurt am Main zurück.
Beide Parteien waren im Vorfeld des Verfahrens als Anbieter von Filmen und Videospielen auf einer entsprechenden Handelsplattform im Internet gewerblich tätig. Der Antragsteller erwarb dabei von dem Antragsgegner über die besagte Plattform einen Film mit einer FSK-Freigabe von 12 Jahren. Der Bestellvorgang wurde in der Folge vom Antragsgegner im Rahmen des sogenannten „Fulfillment“-Systems abgewickelt. Hierbei übernimmt der Logistikdienstleister bestimmte Aufgaben, die nach Annahme der Bestellung durch den Vertragspartner anfallen. Hierzu gehören insbesondere die Abwicklung des Transportvorgangs und die Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs auf Zahlung des Kaufpreises.
Im Rahmen einer weiteren Bestellung erwarb der Antragssteller vom Antragsgegner zudem ein Videospiel, welches über keine Jugendfreigabe verfügt. Bei der Auslieferung des Videospiels durch den Zustelldienst übergab dieser das Paket jedoch ohne vorherige Alterskontrolle des Empfängers an einen Mitarbeiter des Antragsstellers.
Der Antragssteller erwirkte anschließend eine einstweilige Verfügung gegen den Antragsgegner, da der ausgelieferte Film trotz einer FSK-Freigabe von 12 Jahren keinerlei Kennzeichnung dieser Altersfreigabe auf der Verpackung enthielt. Ferner war bei Auslieferung des Videospiels nicht das Alters des Empfängers kontrolliert worden, sodass nach Ansicht des Antragsstellers auch hier ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß des Antragsgegners vorlag.
Das LG Frankfurt war dabei der Auffassung des Antragsstellers gefolgt und hatte nach Erlass der einstweiligen Verfügung diese auch nach erfolgten Widerspruch des Antragsgegners mittels Urteil aufrecht erhalten. Hiergegen richtete sich die vorliegende Berufung des Antragsgegners vor dem OLG Frankfurt.
Dieses bestätigte jedoch im Kern das erstinstanzliche Urteil. Den Richtern zufolge ergibt sich hinsichtlich der Lieferung von kennzeichnungspflichtigen Medien ohne entsprechenden Hinweis auf die Altersfreigabe auf der Frontseite zweifellos ein Unterlassungsanspruch des Antragsstellers gegen den Antragsgegner nach §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG i.V.m. §§ 1, IV, 12 II JuSchG. Demnach hatte der Antragsgegner zwar vor Gericht versichert, der fragliche Film sei mit entsprechender Kennzeichnung auf der Folie ausgeliefert worden. Die vom Antragssteller dem Gericht vorgelegte Folie wies jedoch vorliegend keinerlei Kleberückstände auf. Das Gericht befand daher die Erklärung des Antragsstellers hinsichtlich der fehlenden Kennzeichnung als glaubwürdig und verurteilte den Antragsgegner entsprechend zum Unterlassen weiterer Verstöße dieser Art.
Ferner stellten die Frankfurt Richter vorliegend fest, dass der Versandhandel mit Medien ohne Jugendfreigabe nach § 12 III Nr. 2 JuSchG grundsätzlich unzulässig ist. Ein Versandhandel im Sinne dieser Bestimmung liegt dabei dann vor, wenn es sowohl am persönlichen Kontakt als auch an Vorkehrungen zur sicheren Vermeidung des Versands an Minderjährige fehlt. Dies war vorliegend der Fall, da weder vor Versand des Videospiels, noch bei dessen Auslieferung eine Alterskontrolle des Empfängers durchgeführt worden war.
Auch die Erklärung des Antragsgegners, die Bestellung des Antragsstellers sei vorliegend von dessen gewerblichen Account aus getätigt worden und damit nicht mit einer normalen Bestellung vergleichbar, wies das Gericht als unglaubwürdig zurück. Insbesondere sei es Minderjährigen nach Ansicht der Richter problemlos möglich, einen entsprechenden Account auf der Plattform zu registrieren, da dies auch unter Angabe von Phantasiebezeichnungen funktioniere.
Selbst der Versand im Rahmen einer funktionierenden Identitätsfeststellung des Empfängers ist daher nach Feststellung des OLG Frankfurt nicht ausreichend, um den gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendschutz zu genügen. Vielmehr muss bereits vor Versand geprüft werden, ob es sich bei dem Empfänger um eine natürliche Person oder eine reine Phantasiebezeichnung handelt. Ist letzteres der Fall, darf das Medium erst gar nicht auf den Weg zum Empfänger gebracht werden.
Mit dem vorliegenden Urteil ist das OLG Frankfurt damit einer restriktiven Auslegung der einschlägigen Bestimmungen zum Jugendschutz gefolgt. Unter Berücksichtigung der im Rahmen des Verfahrens aufgezeigten Möglichkeit, mittels Verwendung einer Phantasiebezeichnung sehr einfach in den Besitz von Medien ohne Jugendfreigabe zu kommen, erscheint dies im Ergebnis als angemessen.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.08.2014, Az. 6 U 54/14
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Andreas Meyer
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