Verkürzte Dringlichkeitsfrist von 2 Monaten
Das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 28.05.2015 unter dem Az. I-2 U 8/15 entschieden, dass bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht in jedem Fall von einer Dringlichkeit ausgegangen werden kann. Normalerweise geht man davon aus, dass ein solcher Antrag spätestens 2 Monate nach Kenntnis von dessen Auslöser eingereicht wird. In dem vorliegenden Fall jedoch sah das Gericht eine Ausnahme: Der Antragsteller hatte Kenntnis von einer befristeten Werbeaktion, die er für wettberwerbswidrig hielt. Dennoch ließ er mehr als 6 Wochen nach dem Ende der Aktion verstreichen, bevor er den Störer abmahnte. Nach Ansicht des Gerichts fehlt in einem solchen Fall die Dringlichkeit.
Damit wies das OLG Düsseldorf auf die Berufung des Beklagten den Antrag auf einstweilige Verfügung zurück und hob das Urteil der Vorinstanz (Landgericht Düsseldorf) auf.
Zu Unrecht habe das LG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und den Verfügungsbeschluss mit Urteil aufrecht erhalten. Es könne dem LG nicht zugestimmt werden, dass die Angelegenheit aus Sicht der Verfügungsklägerin eilbedürftig gewesen sei, denn mit ihrem Verhalten habe sie die Dringlichkeitsvermutung widerlegt.
Das Landgericht hatte seine Auffassung damit begründet, dass nach ständiger Rechtsprechung die Frist zur Überlegung, eine einstweilige Verfügung zu beantragen, zwei Monate ab Kenntnisnahme von dem vermeintlichen Verstoß betrage. Die Frist diene auch der Überlegung der Folgen einer Abmahnung und gerichtlichen Geltendmachung. Im vorliegenden Fall sei diese Frist auch eingehalten worden. Es spiele keine Rolle, dass die Werbeaktion bereits beendet war, denn auch bei einmaligen Verstößen sei mit einer Wiederholung zu rechnen.
Diese Rechtsauffassung hält jedoch der Überprüfung nicht stand.
Denn die Frist zur Überlegung betrage zwar in der Regel zwei Monate ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom behaupteten Verstoß. Das bedeute jedoch nicht, dass die Frist schematisch anzuwenden sei. In Ausnahmefällen könne eine Dringlichkeitsvermutung widerlegt sein, noch bevor die zweimonatige Frist abgelaufen ist. Das sei dann der Fall, wenn der Verfügungskläger ohne gute Gründe über einen längeren Zeitraum hinweg nichts unternommen habe, um seine Rechte zu verfolgen. Binnen der Zweimonatsfrist müsse der Kläger sinnvoll wirkende Maßnahmen ergreifen, wenn er seine Rechte wahrnehmen wolle.
Dies sei im vorliegenden Fall ganz eindeutig unterlassen worden. Die Klägerin habe am 11. April 2014 von der auf 3 Tage befristeten Werbung Kenntnis erlangt und habe dennoch mit der Abmahnung sieben Wochen gewartet, obgleich es naheliegend gewesen wäre, die Werbung noch vor deren Ablauf untersagen zu lassen. Es sei auch kein Grund für dieses Zuwarten dargetan worden. Hinzu komme, dass der Fall keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten bereitet hätte und die Bearbeitung durchaus innerhalb weniger Tage hätte durchgeführt werden können. Dementsprechend habe die Klägerin in ihrer Abmahnung auch nur eine viertägige Antwortfrist gesetzt, in die das Pfingstwochenende gefallen sei. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei die Aktion schon lange abgelaufen gewesen und hätte durch gerichtliche Verfügung ohnehin nicht mehr beendet werden können.
Nach all dem sei es nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin sich eines Eilverfahrens bedient hätte und ein Hauptsacheverfahren nicht ausgereicht hätte. Auch im Hinblick auf die Gefahr etwaiger kerngleicher Verstöße sei nicht ersichtlich, weshalb nach 7 Wochen Zuwarten noch eine Eilentscheidung notwendig gewesen sein soll, zumal in der Zwischenzeit keine weiteren Verstöße vorgekommen seien und nicht zu erwarten gewesen seien.
Ohne Weiteres wäre es der Klägerin möglich gewesen, die Beklagte am selben Tag per Telefax unter Setzung einer mehrstündigen Antwortfrist abzumahnen und nach Ablauf der Frist einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Gericht einzureichen. Mit Hinweis auf besondere Eilbedürftigkeit hätte diesem noch am darauffolgenden Tag entsprochen werden können.
Nach alldem sei der Anspruch der Klägerin nicht gegeben.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2015, Az. I-2 U 8/15