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Verkaufsverbot für Amazon und eBay

LG Kiel: Verkaufsverbot für Amazon und eBay ist kartellrechtswidrig


Verkaufsverbot für Amazon und eBay

In den letzten Jahrzehnten hat sich für den Vertrieb von Waren die Praxis etabliert, dass der Hersteller nicht direkt an den Endverbraucher tritt, sondern sich zum Verkauf eines Netzes aus Großhändlern und kleineren Partnern bedient. Oft kommt es dabei zu genauen Vorgaben, welche Rechte und Pflichten diesen zwischengeschalteten Instanzen zustehen. Allerdings dürfen die Unternehmen als Spitze der Kette dabei keine Maßnahmen einfordern, die eine Beschränkung des Wettbewerbs zur Folge hätten. Zu diesem Urteil kam das Landgericht Kiel in einer Kartellangelegenheit im November 2013. Die rechtliche Einschätzung des Gerichts ist plausibel, dürfte für ähnliche Sachverhalte aber keine abschließende Beantwortung darstellen.

Nutzung bestimmter Plattformen untersagt

Im Mittelpunkt des zugrunde liegenden Falls stand der Hersteller technischer Geräte. Im Sortiment befanden sich etwa Digitalkameras, die an bestimmte Zwischenhändler veräußert wurden. Die spätere Beklagte als Geschäftsführerin des Unternehmens strebte dabei lizenzierte Partnerschaften mit den Verkäufern an. Diese waren durch das beiderseitige Abkommen folglich in der Lage, nicht alleine die genannten Waren in ihrem Shop zu vertreiben, sondern diese auch stets für ihr Lager auf Vorrat zu erwerben sowie eine entsprechende Werbung für die Kameras zu veröffentlichen. Der Endverbraucher konnte die Produkte sodann entweder im Laden selbst oder über den Online-Handel erwerben. Im Rahmen der Partnerschaft wurde es den Lizenznehmern indes untersagt, die Kameras auf weiteren Wegen anzubieten. Genannt waren dabei Auktionsplattformen im Internet wie beispielsweise EBay, Marktplätze im Internet wie etwa Amazon oder sonstige, nicht näher bestimmte Dritte, die ihrerseits unabhängig agieren. Mit dieser Regelung sollte die Hoheit zum Verkauf und zur Preisgestaltung der Geräte einzig bei der Beklagten verbleiben.

Keine optimale Verbindung zum Kunden

Dieses Vorgehen durch das Unternehmen mahnte ein Interessenverband der Händler jedoch ab. Er sah damit die Möglichkeiten seiner Klienten beschränkt, die Wünsche und Bedürfnisse der Endverbraucher optimal zu gewährleisten. So sei ein Trend erkennbar, gerade solche technischen Waren bevorzugt auf den genannten Marktplätzen und Auktionsplattformen zu erwerben, statt dafür den Onlineshop oder das Geschäft des Händlers aufzusuchen. Diesem Trend sei zu entsprechen, statt ihn gerade durch derartige Einschränkungen zu durchkreuzen. Zudem verstoße die Regelung gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie gegen Artikel 101 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Der Wettbewerb sei gerade wegen der untersagten Nutzung bestimmter Vertriebswege beschränkt, die gewerbliche Freiheit der Händler damit durchbrochen. Letztlich ist deswegen der Zugang zu einem bestimmten Kreis der Käufer nicht mehr oder nur noch erschwert möglich. Die Praxis sei damit nicht alleine gesetzeswidrig, sondern schade ebenso den Verkaufszahlen.

Zum Zwecke der Qualitätssicherung

Die Erwiderung der Beklagten stellte dagegen nicht vorrangig auf die Einschränkung des Wettbewerbs ab, sondern sah eher die Güte der Produkte gefährdet, indem die bezeichneten Plattformen im Internet zum Verkauf genutzt würden. Insbesondere die technisch komplexen und anspruchsvollen Geräte bedürfen nach Ansicht der Unternehmerin einer Einweisung durch geschultes Fachpersonal. Dieses sei aber lediglich in jenen Shops zu finden, die einer Partnerschaft mit dem Hersteller angehören. Die Erklärung mancher Feinheiten oder der richtigen Anwendung könne eine weitgehend anonyme Institution wie Amazon oder EBay dagegen nicht leisten. Überhaupt sei es hier fraglich, ob der Endverbraucher überhaupt auf lizenzierte und somit originale Produkte hoffen dürfe. So sei oft gar nicht einsehbar, ob alle ursprünglichen Bauteile noch erhalten sind. Daraus wiederum ergeben sich unterschiedliche Betrachtungsmöglichkeiten zur Gewährleistung und Garantie im Schadensfalle. Die Beklagte sah durch ihr Vorbringen folglich den guten Ruf ihres Unternehmens beschädigt, wenn die Waren auf solchen Vertriebswegen veräußert würden.

Der Unterlassungsanspruch

Das Landgericht Kiel urteilte in diesem Falle im November 2013 und stimmte der Klage zu. Demnach beschränke die Weisung der Beklagten sehr wohl den freien Wettbewerb der Händler national wie international. Diverse Handlungsfreiheiten der lizenzierten Partner seien durch die Vorgaben gestört. Darin liege ein Verstoß gegen § 1 GWB sowie gegen Artikel 101 AEUV. Der Vereinigung der Verkäufer steht dagegen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 33 Absatz 1 und 2, § 1 GWB und Artikel 101 AEUV zu. Grundlegend erkennt das Gericht an, dass ein solcher Wettbewerb auch auf Marktplätzen und in Auktionshäusern im Internet stattfinden könne und dort mithin nicht anders zu bewerten sei als bei üblichen Ladengeschäften oder Onlineshops. Dieser Wettbewerb, der über die Ländergrenzen hinweg erfolge, sei durch den Ausschluss jener Vertriebswege aber beschränkt. Speziell durch diese Verbreitungsformen im Internet finde der Händler vielmehr sogar ein breiteres Publikum für seine Produkte, wodurch letztlich gleichfalls das Unternehmen selbst profitiert.

Kein Grund zur weiteren Qualitätssicherung

Darüber hinaus äußerte sich der Spruchkörper zum vorgebrachten Argument der Beklagten, auf den genannten Plattformen im Internet sei eine Qualitätssicherung nur schwerlich möglich. Die Richter erkannten dabei, dass das Unternehmen hauptsächlich Großhändler in ihre Partnerschaften einbeziehe, die wiederum nicht selten weitere Zwischenhändler auf dem Vertriebsweg nutzen, um erst damit das Produkt an den Endverbraucher zu veräußern. Auch hier sei es dem Hersteller selbst nicht möglich, alle Formen der Bewahrung der Güte oder der sachgemäßen Einweisung des Kunden zu kontrollieren. Anders läge der Fall, wenn die Beklagte lediglich solche Shops beliefern würde, die vor dem Verkauf ohnehin regelmäßig der Unterrichtung der Verbraucher nachkommen und jeden von ihnen im richtigen Umgang mit der Kamera unterweisen. Der von der Beklagten geltend gemachte Wunsch der Qualitätssicherung sei also bereits durch das eigene Vorgehen und das bestehende Netz aus Vertriebspartnern und Großhändlern nicht mehr einzuhalten.

Rechtliche Bewertung des Urteils

Den Ausführungen des Gerichts ist insgesamt zu folgen. Dennoch scheinen derartige Fälle damit noch nicht abschließend geklärt. Der Sachverhalt wurde entscheidend dadurch geprägt, dass das beklagte Unternehmen ohnehin durch seine Partnerschaften mit den Händlern die Güte und Einweisung der Kunden nicht sicherstellen konnte. Was aber ergibt sich demgegenüber für jene Partnerschaften, in denen der Hersteller sehr wohl bereits bei der Auswahl an Lizenznehmern dieses Kriterium beachtet, gleichzeitig aber einen weiteren Vertrieb über Aktionshäuser und Marktplätze im Internet untersagt? Der Tenor des aktuellen Urteils ließe sich derart deuten, dass eine solche Beschränkung sehr wohl zulässig sein dürfte. So wäre zwar auch dann der Wettbewerb eingegrenzt und die Freiheit der Händler durchbrochen. Dafür gäbe es aber den legitimen Grund, eine Unterrichtung der Endverbraucher und eine Gewährleistung der Güte der Ware anzustreben. Es ist daher zu vermuten, dass es künftig zu weiteren Urteilen kommen wird, die den vorliegenden Rechtsspruch zumindest ein wenig präzisieren werden.

LG Kiel, Urteil vom 08.11.2013, Az. 14 O 44/13


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