Verhandlungstermin um 6:30 Uhr zumutbar
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Beschluss vom 10.03.2015 unter dem Az. V B 108/14 entschieden, dass ein Rechtsanwalt auch dann zu einem Verhandlungstermin erscheinen muss, wenn dieser zu einem sehr frühen Zeitpunkt am Morgen (hier: um 6:30 Uhr) anberaumt ist. Das Finanzgericht Leipzig hatte eine Verhandlung von 11 Uhr auf 7 Uhr vorverlegt und schlug einem Anwalt in Terminsnöten sogar einen noch früheren Termin (6:30 Uhr) vor. Der Anwalt hat um 9:30 Uhr bei einem anderen Termin an einem Amtsgericht in D sein müssen, das zwei Autostunden entfernt von Leipzig lag. Es wurde sowohl sein Antrag auf Terminverlegung abgelehnt als auch der Befangenheitsantrag gegen den Richter.
Der Anwalt befand sich am Vortag des Termins beim Finanzgericht in Leipzig beim Bundespatentgericht in München. Am Tag danach musste er um 9:30 Uhr einen Termin am Amtsgericht in der Stadt D wahrnehmen, danach musste er um 11:00 Uhr beim Finanzgericht in Leipzig sein. Bei zwei Stunden Fahrzeit wäre der Termin um 11 Uhr in Leipzig nicht für ihn machbar gewesen.
Zur Vermeidung einer Überschneidung der anwaltlichen Termine hat deshalb das Finanzgericht in Leipzig die mündliche Verhandlung von 11 Uhr auf 7 Uhr vorverlegt. Die Fahrzeit nach D von 2 Stunden hat das Gericht einkalkuliert und hat sich bereit erklärt, den Termin auf 6:30 Uhr zu verlegen. Im Zuge des Telefonats mit dem Richter soll der Anwalt diesen Vorschlag mit "Da muss ich aber lachen" erwidert haben. Eine Terminverlegung sei für ihn nicht in Frage gekommen. Eine Verlegung des Termins auf einen anderen Tag lehnte der Richter ab.
Der Anwalt lehnte den Richter wegen Befangenheit ab. Der BFH jedoch konnte in der richterlichen Ablehnung der Terminverlegung auf einen anderen Tag und in den Äußerungen des Richters keine Befangenheit erkennen.
Eine nicht zu verhindernde Terminsüberschneidung mit einem anderen Rechtsstreit stelle zwar einen "erheblichen Grund" gemäß § 227 ZPO dar, einen Termin zu verlegen. Ein solch erheblicher Grund habe es im streitigen Fall jedoch nicht gegeben. Der Kläger und Beschwerdeführer habe keine Gründe vorgetragen oder glaubhaft gemacht, die ihn an der Wahrnehmung des Termins gehindert hätten. Bloße Unannehmlichkeiten, wie etwa ein früher Fahrtantritt oder eine Übernachtung im Hotel seien kein ausreichender Grund, um den Termin abzulehnen.
Der Antrag auf Verlegung des Termins sei daher zu Recht abgelehnt worden. Auch Gründe, die eine Besorgnis der Befangenheit hätten nähren können, lagen nicht vor.
Der Kläger habe für die Begründung seines Befangenheitsantrages eine längst zurückliegende und harmlose Äußerung des Einzelrichters benutzt. Bei einer objektiven Betrachtung sei diese Äußerung jedoch kein Anlass, einen Befangenheitsantrag zu stellen. Dieser Antrag habe nach Ansicht des Finanzgerichts lediglich der Prozessverschleppung gedient.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.03.2015, Az. V B 108/14