Verbotene Nachahmung von Koffern mit Rillendesign
Eingetragene Marken dürfen nur von Personen oder Unternehmen verwendet werden, die in das Markenregister eingetragen sind oder eine Lizenz zur Benutzung der Marke haben. Sollte eine Person oder ein Unternehmen die Rechte eines Dritten an einer Marke verletzen, so stehen dem Verletzten primär Ansprüche nach dem Markenrecht zu. Weitergehende Ansprüche aus anderen Rechtsgebieten wie etwa dem Wettbewerbsrecht sind dagegen ausgeschlossen und kommen nur in Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz in Betracht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte nun einen solchen Ausnahmefall zur Entscheidung vorliegen.
Geklagt hatte ein Unternehmen, das seit Jahrzehnten Aluminium- und Kunststoffschalenkoffer, die ein bestimmtes Rillendesign aufweisen, produziert und vertreibt. Dieses Rillendesign hat sich die Klägerin im Wege einer dreidimensionalen Marke für Reise- und Handkoffer schütze lassen. Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Italien, das ebenfalls einen Koffer mit Rillendesign im Sortiment hat. Dieser Koffer wurde im Oktober 2009 in Konstanz in einem Geschäft verkauft. Der Kläger meint, dass der Beklagte mit dem Rillendesign seines Koffers nicht nur die Markenrechte des Klägers verletze, sondern der Verbraucher auch über die Herkunft der Koffer getäuscht werde. Dies sei nach § 4 Nr. 9 UWG wettbewerbswidrig. Zusätzlich beute der Beklagte den guten Ruf des Rillendesigns des Klägers aus. Deshalb begehrt der Kläger, dass der Beklagte den Verkauf seiner Koffer mit Rillendesign unterlässt. Der Beklagte wendet hingegen ein, dass das Rillendesign technisch bedingt sei. Zusätzlich irre der Verbraucher auch nicht über die Herkunft der Koffer, da auf den von dem Beklagten vertriebenen Koffern dessen Geschäftsbezeichnung angebracht sei. Dem Rillendesign käme auch kein guter Ruf im wettbewerbsrechtlichen Sinne zu, so dass dieser gar nicht von dem Beklagten ausgebeutet werden könne.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Das Gericht führt aus, dass grundsätzlich das Wettbewerbsrecht dort nicht anzuwenden sei, wo der Anwendungsbereich markenrechtlicher Vorschriften eröffnet sei. In Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn das Produkt eine wettbewerbliche Eigenart hat und weitere besondere Umstände gegeben sind, kann eine Nachahmung aber auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten unlauter sein. Je individueller und kennzeichnender die wettbewerbliche Eigenart eines Produktes ist, desto weniger kommt es auf die bereits erwähnten besonderen Umstände an.
Nach Auffassung der Richter kommt dem Rillen-Design der Koffer eine solche wettbewerbliche Eigenart zu. Die Frage, ob der Koffer, eine solche Eigenart hat, ist mit Blick auf die Verbraucher zu beantworten. Es ist davon auszugehen, dass das Rillendesign des Koffers einem breiten Publikum in Deutschland bekannt ist, da diese Koffer auch in Kaufhäusern angeboten werden. Insoweit sind die Koffer nach Ansicht der Richter in ihrem Design einzigartig und nicht nur technisch bedingt. Selbst wenn die Rillen technisch bedingt wären, könnten sie durch eine andere Anordnung, etwa schräg oder gekreuzt verlaufen. Sind verschiedene Designs aber ohne Qualitätseinbußen frei wähl- und austauschbar, kann dem gewählten Design eine wettbewerbliche Eigenart zukommen. Der Kläger wählt eines unter gleichwertigen Designs zu seinem „Markenzeichen“. Da der Kläger das einzige Unternehmen ist, das diese Koffer seit Jahrzehnten in Deutschland vertreibt, verbinden auch die Verbraucher das Unternehmen des Klägers mit diesem Rillenmuster. Daher ist das Gericht davon überzeugt, dass dem Koffer eine starke Kennzeichnungskraft zukommt. Der Beklagte hat in unlauterer Weise das Rillendesign nachgeahmt und den guten Ruf des Klägers ausgenutzt.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.02.2013, Az. 6 U 11/11