Veränderte Umstände und die Wiederholungsgefahr
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil vom 4. Dezember 2014 entschieden, dass veränderte Umstände im Geschäftsverkehr die Wiederholungsgefahr für unlautere Handlungen gegen Wettbewerber entfallen lassen können. Die Richter befanden unter anderem über den § 4 Nr. 7 UWG (Beispiele für unlautere geschäftliche Handlungen).
Zum vorliegenden Fall und der Entscheidung am OLG Frankfurt
Im vorliegenden Fall ging es um eine Presseerklärung der beklagten Partei, in welcher diese über eine einstweilige Verfügung gegen die Klägerin berichtete. Diese Presseerklärung sollte eine unlautere Handlung der Klägerin im Geschäftsverkehr, die ihr schon per einstweiliger Verfügung untersagt worden war, nochmals verdeutlichen. Es war allerdings ein Eilverfahren vorausgegangen, in welchem das Landgericht Berlin der Beklagten die fortgesetzte Verwendung dieser Presseerklärung untersagt hatte. Hiergegen legte die nunmehr Beklagte Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hob das LG Berlin die einstweilige Verfügung - Anlass der Presseerklärung und des aktuellen Verfahrens - rechtskräftig auf. Dennoch besteht die Beklagte Partei weiterhin darauf, die Presseerklärung veröffentlichen zu dürfen. Das OLG Frankfurt entschied nun in diesem Fall, dass sich die Umstände im Geschäftsverkehr insofern geändert haben, dass die Wiederholungsgefahr für die vormalige unlautere Handlung der Klägerin - Anlass für den Erlass der einstweiligen Verfügung und aller folgenden Verfahren - entfällt. Nunmehr sei nämlich die Presseerklärung selbst unlauterer Wettbewerb, nachdem das LG Berlin im letzten Verfahren die einstweilige Verfügung aufgehoben hat. Andererseits ist nach dem Urteil des OLG Frankfurt eine Wiederholung dieser Presseerklärung nicht zu befürchten, nachdem das LG Berlin deren Anlass - die einstweilige Verfügung - aufgehoben hat. Diesen Umstand müsse die Beklagte allerdings im Rechtsstreit berücksichtigen. Aus diesem Grund erklärt das OLG Frankfurt die Erledigung der Hauptsache des Rechtsstreits und damit aller nachfolgend anhängigen Verfahren. Es handelte sich um ein Berufungsverfahren, das die Beklagte angestrengt hatte, um der Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits zu widersprechen. Diesem Widerspruch folgte das OLG Frankfurt in seinem Urteil nicht. Die Presseerklärung sei nicht mehr zulässig, da sie eine unlautere Herabsetzung nach § 4 Nr. 7 UWG enthalte. Dieses Faktum bleibe auch bestehen, obgleich die beklagte Partei durchaus im späteren Text der Presseerklärung auf die Rücknahme der ursprünglichen einstweiligen Verfügung verwies, jedoch nicht darauf, dass der Beschluss des LG Berlin ohne Anhörung und mündliche Verhandlung ergangen war. Die Presseerklärung war also lückenhaft.
Kommentar und Entwirrung des Knotens
Wer sich in diesen Fall hineinliest, schüttelt den Kopf und fragt sich, um wie viele Ecken man hier mitdenken muss. Eigentlich ist die Sache sehr kurz zu erklären, wenn der gesunde Menschenverstand der beste Ratgeber sein soll: Eine Partei hat unlauter gehandelt, wir nennen sie Partei A. Partei B hat dagegen eine einstweilige Verfügung erwirkt. Anschließend berichtete sie über diese Verfügung, um Partei A zu schaden. Partei A zog dagegen offenbar vor das Landgericht Berlin, das in diesem Zuge erkannte, dass die beiden Parteien beginnen, sich ineinander zu verbeißen. Es wies also Klageversuche zurück und nahm die einstweilige Verfügung ebenfalls vom Tisch, weil Partei A ihr Verhalten ohnehin schon geändert hatte und es dieser Verfügung nicht mehr bedurfte. Die Richter am LG Berlin hofften auf diese Weise, den Konflikt zu entschärfen, doch das gelang nicht, denn Partei B wollte weiterhin die Presseerklärung verbreiten, wogegen sich nun Partei A gerichtlich wehrte. Diese Sache ging nach Frankfurt, wo die Richter am Oberlandesgericht die Sache endgültig für erledigt erklärten und im Übrigen keine Revision mehr zuließen. Beiden Parteien war inzwischen der Anlass für ihr unlauteres Verhalten entzogen worden, es ging nur noch darum, die Streithähne zu trennen. Dieser Fall ist vor Gericht nicht ungewöhnlich, doch Richter lassen sich nicht gern auf diese Weise missbrauchen, nicht in Berlin und auch nicht in Frankfurt.
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 04.12.2014, Az. 6 U 30/14