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Ursprung Deutschland

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.09.2019, Az. C 686/17


Ursprung Deutschland

Der Europäische Gerichtshof urteilte am 04.09.2019, dass Pilze mit „Ursprungsort Deutschland“ etikettiert werden können, wenn sie in Deutschland geerntet worden seien. Dies gelte unabhängig davon, ob die Anpflanzung und Züchtung in anderen Staaten erfolge. Bei pflanzlichen Erzeugnissen komme es ausschließlich auf den Ort der Ernte an.

Wann stammen Champignons aus Deutschland?
Klägerin war eine Wettbewerbszentrale. Beklagte ein Unternehmen, das Champignons züchtete und vertrieb. Die Beklagte baute die Pilze folgendermaßen an: In den ersten sieben bis elf Tagen wurden die Rohsubstanzen für den Kompost in Belgien und den Niederlanden verschnitten und vermischt. Im zweiten Schritt erfolgte die Pasteurisierung und Aufbereitung des Komposts in den Niederlanden. Im dritten Schritt wurden die Pilzsporen in den Kompost injiziert; im vierten Schritt in den Niederlanden die Fruchtkörperbildung auf einer Torf- und Kalkschicht in Kulturkisten initiiert. Danach wuchsen die Pilze nach 10-11 Tagen bis zu 3 mm. Die Kulturkisten transportierte die Beklagte nach etwa 15 Tagen nach Deutschland, wo dann die erste Ernte und nach ca. 2 weiteren Wochen die zweite Ernte der Champignons erfolgte. Die Klägerin warf der Beklagten vor, dass der Vertrieb von Champignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ irreführend sei. Daher mahnte sie die Beklagte ab und erhob Unterlassungsklage. Die Klage wurde abgewiesen, weswegen die Klägerin in Revision ging.  Der Bundesgerichtshof (BGB) legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) diverse Fragen zur Auslegung des Begriffs „Ursprungsland“ vor.

„Ursprungsland“ ist aus Verbrauchersicht auszulegen
Der EuGH entschied, dass „Ursprungsland“ aus Verbrauchersicht auszulegen sei. Denn der Verbraucher sei zu schützen und ihm die Möglichkeit zu geben, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen. Zudem sei bei der Auslegung auch der Zollkodex heranzuziehen. Denn dieser enthalte Bestimmungen zum Warenursprung.

Ursprungsland entspricht dem Ernteland
Das Gericht urteilte, dass das Ursprungsland von Champignons ihr Ernteland sei. Dies gelte unabhängig davon, ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Staaten erfolgt seien und ob die Pilze erst kurz vor der ersten Ernte ins Erntegebiet geliefert worden seien. Denn nach dem Zollkodex gelten Waren dann als Ursprungsware eines Landes, wenn sie vollständig in diesem Land gewonnen und hergestellt worden seien. Bei pflanzlichen Erzeugnissen beziehe sich dies auf die Ernte. Zwar sei im Zollkodex keine Definition des Begriffs „geerntet“ zu finden. Bei der Bestimmung des Begriffs sei aber zu beachten, dass Champignons zu frischem Gemüse werden, sobald sie vom Kompost bzw. Substrat getrennt werden.

Kein Verbraucherrecht neben dem Zollrecht
Das Verbraucherrecht, das eine Irreführung des Verbrauchers untersage, sei bei frischem Obst und Gemüse nicht neben dem Zollkodex anwendbar, so das Gericht. Denn nach der Zollregelung dürfe Obst und Gemüse nur in den Verkehr gebracht werden, wenn das Ursprungsland angegeben sei. Wenn aber gestattet sei, Erzeugnisse unter dem Ernteland in den Verkehr zu bringen, könne dies nicht zugleich irreführend sein.

Keine weiteren Zusätze erforderlich
Der EuGH stellte zum Schluss fest, dass keine weiteren aufklärenden Zusätze als Ergänzung zum Ursprungsort vorgeschrieben seien, um einer möglichen Irreführung entgegenzuwirken. Für pflanzliche Erzeugnisse wie Pilze habe der Gesetzgeber als Ursprungsland den Ernteort bestimmt. Weiterer Ergänzungen bedürfe es daher nicht.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.09.2019, Az. C 686/17


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