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Unzureichende Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehensvertrag

Undeutliche Aussagen über den Beginn der Widerrufsfrist verhindern den Fristbeginn


Unzureichende Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehensvertrag

Der BGH hat mit Urteil vom 12.07.2016, Az. XI ZR 564/15 entschieden, dass die Aussage in einer Widerrufsbelehrung, der Beginn der Widerrufsfrist beginne frühestens mit Erhalt der Belehrung, nicht eindeutig genug sei, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Ebenso sei ein Fußnoten-Hinweis im Text der Widerrufsbelehrung, der an den Bearbeiter gerichtet ist, inhaltlich in die Widerrufsbelehrung einzubeziehen. Eine Postfachanschrift als Adresse des Verwenders der Belehrung genüge jedoch den gesetzlichen Anforderungen.

Ausübung des Widerrufsrechts nach mehr als fünf Jahren
Die Kläger schlossen im April 2008 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Kredit in Höhe von 50.000 Euro und einem Zinssatz von 6 % p. a. Die Kläger wurden am Tag des Vertragsschlusses von der Beklagten schriftlich über ihr Widerrufsrecht belehrt. Sie erbrachten ihre Zins- und Tilgungsleistungen, widerriefen jedoch im Juni 2013 ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen, leisteten sie an die Beklagte 40.625,33 Euro. Bei Wirksamwerden des Widerrufs wurde eine Restschuld in Höhe von 34.809,73 Euro berechnet. Die auf Zahlung der Differenz in Höhe von 5.815,60 Euro gerichtete Klage wies das Landgericht ab. Das Berufungsgericht erkannte den Klägern einen Teil der Klageforderung in Höhe von 2.015,55 Euro zu und wies die Berufung im Übrigen zurück.
Der Beginn der Widerrufsfrist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ sei nicht eindeutig
Das Berufungsgericht führte aus, die Kläger hätten ihre Willenserklärung noch widerrufen können, weil die Widerrufsfrist zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht verstrichen gewesen sei. Dies begründe sich darauf, dass sich die Aussage über den Beginn der Widerrufsfrist in der Belehrung darauf beschränke, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Dies sei nicht eindeutig und umfassend genug. Aufgrund des durch den Widerruf entstandenen Rückabwicklungsverhältnisses schulde die Beklagte den Klägern auch die Herausgabe der aus Tilgungsleistungen der Kläger gezogenen Nutzungen. Dagegen wendete sich die Beklagte mit der Revision, die Kläger verfolgten ihr übriges Klagebegehren mit der Anschlussrevision weiter.

Eine Postfachanschrift als Adresse in der Widerrufsbelehrung genüge jedoch
Der BGH wies die Revision der Beklagten zurück und bestätigte die Ansicht des Berufungsgerichts, die Widerrufsbelehrung der Beklagten habe nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Unerheblich dafür sei, dass in der Belehrung als Anschrift der Beklagten eine Postfachanschrift genannt sei. Denn der Verbraucher sei in der Lage, seine Widerrufsbelehrung postalisch auf den Weg zu bringen, was ausreiche. Vielmehr entspreche die Belehrung nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F, da mit Einschub des Wortes „frühestens“ der Beginn der Widerrufsfrist nicht ausreichend klar sei.

Der Text einer Fußnote gehöre zum Inhalt der Widerrufsbelehrung
Zum anderen habe die Beklagte die Dauer der Widerrufsfrist zwar korrekt mit „zwei Wochen“ angegeben. Jedoch habe sie den Klägern durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ den Eindruck vermittelt, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei die Aufgabe des Verbrauchers, die für ihn geltende Frist selbst festzustellen. Die Fußnote sei in den Text der Widerrufsbelehrung miteinzubeziehen und deshalb an den Verbraucher, nicht an den Sachbearbeiter der Beklagten, gerichtet gewesen.
Keine Gesetzlichkeitsfiktion bei inhaltlicher Abweichung von der Muster-Belehrung
Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß der BGB-Informationspflichten-Verordnung berufen, weil die von ihr verwendete Belehrung nicht dem Muster entsprochen habe, sondern inhaltlich derart bearbeitet und abgewandelt wurde, dass die Gesetzlichkeitsfiktion nicht mehr gegeben sei. Durch die missverständliche Fassung der Belehrung sei diese geeignet gewesen, die Kläger von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten. Die Kläger hätten ihr „ewiges“ Widerrufsrecht weder verwirkt, noch sonst unzulässig ausgeübt. Der BGH wies die Revision der Beklagten darum zurück. Die Anschlussrevision der Kläger habe nur dahingehend Erfolg, dass das Berufungsgericht die unstreitige Zahlung einer „vollen Annuität“ zum 30. April 2008 bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hatte. Im Übrigen sei das Urteil des Berufungsgerichts, soweit es zum Nachteil der Kläger sei, rechtsfehlerfrei.

BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az. XI ZR 564/15


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