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unzulässige Werbung einer gesetzlichen Krankenkasse

BGH I ZR 170/10


unzulässige Werbung einer gesetzlichen Krankenkasse

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in einem Beschluss (Az. I ZR 170/10) vom 18.1. 2012 die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken an den Gerichtshof der Europäischen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Dabei geht es um die Auslegung eines Artikels über unlautere Geschäftspraktiken. Das Verfahren, bei dem die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ geklagt hatte, wurde ausgesetzt.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine gesetzliche Krankenkasse, die als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ organisiert ist. Bei der von der Klägerin beanstandeten Aussage geht es vornehmlich um einen Text, der im Dezember 2008 auf der Internetseite der Beklagten erschienen war: „Wer die BKK M. jetzt verlässt, bindet sich an die Neue für die nächsten 18 Monate. Somit entgehen Ihnen attraktive Angebote, die Ihnen die BKK M. im nächsten Jahr bietet und Sie müssen am Ende möglicherweise drauf zahlen, wenn Ihre neue Kasse mit dem ihr zugeteilten Geld nicht auskommt und deswegen einen Zusatzbeitrag erhebt.“

Nach Auffassung der Klägerin führt diese Information in die Irre und ist aus diesem Grund ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Die Beklagte verschweigt in der Mitteilung eine wesentliche Information. Sollte nämlich die neue Kasse tatsächlich einen Zusatzbeitrag erheben, dann hat der Versicherungsnehmer per se ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Deshalb mahnte die Klägerin die Beklagte schriftlich am 17. Dezember 20008 ab. In der Abmahnung forderte sie von der Beklagten die Abgabe einer „strafbewehrten Unterlassungserklärung“ und die Erstattung der vorgerichtlichen Kosten. Die Beklagte reagierte mit der Entfernung der beanstandeten Passage auf ihrer Internetseite und teilte diese schriftlich der Klägerin mit. In dem Schreiben vom 6. Januar 2009 gab die Klägerin zu, eine fehlerhafte Information eingestellt zu haben. Eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“ wollte die Beklagte nicht abgeben. Ebenso war sie nicht bereit, die vorgerichtlichen Rechtskosten zu übernehmen. Aus der Sicht der Beklagten ist die Richtlinie 2005/29/EG über den unlauteren Wettbewerb im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Beklagte im Sinne der Richtlinie keine Gewerbetreibende ist, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nicht darauf ausgerichtet ist, Gewinne zu erzielen.

Das Landgericht Lüneburg hatte zuvor die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln dazu verurteilt, nicht mit den beanstandeten Informationen zu werben. Gleichzeitig hat das LG der Klägerin die Erstattung der vorgerichtlichen Kosten auferlegt. Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Celle blieb erfolglos. Der BGH möchte in Übereinstimmung mit dem OLG Celle einen Wettbewerbsverstoß bejahen. Allerdings zweifelt der Senat, ob die „angegriffene Werbemaßnahme überhaupt nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb beurteilt werden kann.“ So sind unter anderem die in der Richtlinie verwendeten Rechtsbegriffe wie „Geschäftspraktik von Unternehmen gegenüber Verbrauchern“ und „Gewerbetreibender“ unabhängig voneinander auszulegen. Im Grundsatz geht es dabei um die Frage, ob es sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse im Sinne des Gesetzes um einen Gewerbetreibenden handelt. Gesetzliche Krankenkassen unterliegen der staatlichen Aufsicht, dienen einem sozialen Zweck und üben daher keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Anderseits bieten die gesetzlichen Krankenkassen zum Beispiel auch Wahltarife an und treten somit mit anderen Kassen in den Wettbewerb.

BGH, Beschluss vom 18.1.2012, Az.I ZR 170/10


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