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Unzulässige Heilmittelwerbung

OLG Köln, Urteil vom 01.04.2011, Az. 6 U 214/10


Unzulässige Heilmittelwerbung

Das OLG Köln hat entschieden, dass auch Werbeaussagen für Arzneimittel, die auf eine nicht individualisierte Personengruppe zurückgehen unlauter sind und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen.

Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HeilMWerbG dürfen Arzneimittel außerhalb der Fachkreise nicht mit Angaben beworben werden, die dazu geeignet sind, den Arzneimittelkonsum der Verbraucher anzuregen und eine scheinbare fachliche oder ärztliche Empfehlung auszusprechen. Unter dieses Werbeverbot fällt auch die streitgegenständliche Aussage „Die moderne Medizin setzt daher immer öfter auf das pflanzliche Arzneimittel F ein“. Sie stellt eine explizite Aufforderung an die nicht fachkundigen Verkehrskreise dar, das entsprechende Arzneimittel alleine aufgrund der scheinbar fachlichen Expertise zu verwenden. Die streitgegenständliche Werbeaussage ist dahingehend zu verstehen, dass Ärzte und für das Gesundheitswesen tätige Personen als Repräsentanten der modernen Medizin das entsprechende Medikament empfehlen.

Die Beklagte führte den Rechtsstreit bis in die Berufungsinstanz und vertiefte ihren Vortrag aus der Vorinstanz. Sie bestreitet, dass die streitgegenständliche Werbeaussage gegen das Heilmittelwerberecht verstößt. Die Unterlassungsansprüche der Berufungsgegnerin (Klägerin) ergeben sich aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit den Vorschriften des Heilmittelwerberechtes. Die Werbeaussage der Beklagten verstößt gegen das Heilmittelwerberecht und ist unlauter. Ferner liegt ein Verstoß gegen die Richtlinie 2001/83 EG vor, der in Verbindung mit dem Heilmittelwerberecht eine präventive Aufgabe zukommt. Beide Vorschriften sind dazu konzipiert, die Gesundheitsinteressen des Einzelnen zu vertreten und die von einer unsachgemäßen Selbstmedikation ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit zu verhindern. Aus diesem Grund darf Öffentlichkeitswerbung keine Aussagen enthalten, die angesprochene Laienkreise zu der Vermutung verleiten, dass beworbene Medikament sei durch Fachkreise geprüft, angewendet oder empfohlen worden.

Die Verbraucher verstehen die angegriffene Werbeaussage dahingehend, dass in der modernen Medizin tätige Ärzte die entsprechenden Präparate im Rahmen einer therapeutischen Behandlung empfehlen. Die Werbeaussage bezieht sich nicht ausschließlich auf pflanzliche Arzneimittel, sondern konkret auf das in der angegriffenen Werbung benannte Mittel. Die Beklagte trägt vor, die Werbeaussage verstoße nicht gegen das Heilmittelwerbegesetz, da ein Verbot eine konkrete Handlungsaufforderung voraussetze, die über allgemeine Anpreisungen hinausgehe, denn diese seien für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel erlaubt. Ferner müsse diese Handlungsaufforderung im Zusammenhang mit einer individualisierten Person aus Fachkreisen stammen. Dies sei bei der angegriffenen Werbeaussage nicht der Fall. Die Richter „kleben“ jedoch nicht am wörtlichen Sinn des im Heilmittelgesetz verwendeten Begriffs „Empfehlung“, sondern legen ihn im erweiterten Sinn des Wortes aus. Würde die Rechtsprechung sich vollständig an die Bedeutung dieses Begriffes orientieren, dürfte das Gesetz nur die Werbeaussagen verbieten, die das Wort „Empfehlung“ explizit verwenden. Vielmehr sind alle Werbeaussagen als Empfehlung im eigentlichen Sinne des Wortes zu werten, die Verbraucher als konkrete Erteilung eines Rates durch Fachkreise verstehen. Die streitgegenständliche Formulierung „Die moderne Medizin setzt daher immer öfter auf das pflanzliche Arzneimittel F ein“ verstehen die angesprochenen Verbraucher als Empfehlung durch in Fachkreisen tätige Personen, das Arzneimittel zu verwenden.

Auch der Einwand der Beklagten, eine Empfehlung im eigentlichen Sinne des Wortlautes und des Gesetzes müsse von einer individualisierten Person aus Fachkreisen kommen, bleibt erfolglos. Das OLG betont, eine individualisierte Empfehlung liege auch dann vor, wenn ein bestimmter, aber nicht näher bezeichneter Personenkreis zitiert wird. Allgemein bezeichnete Personenkreise wie „die moderne Medizin“ erfüllen bereits den Wortlaut des Gesetzes. Die Richter weisen zudem darauf hin, dass das Gesetz Personenkreisbezeichnungen nicht in der Singular-, sondern in der Pluralform als „im Gesundheitswesen tätige Personen“ bezeichnet. Auch Empfehlungen von bekannten Persönlichkeiten, die sich außerhalb der Fachkreise bewegen, fallen unter dieses Werbeverbot, da sie aufgrund ihres Bekanntheitsgrades eine Vorbildfunktion einnehmen und die Verbraucher ihnen besonderes Vertrauen entgegengenbringen. Ihre Empfehlungen sind durchaus dazu geeignet, einen Arzneimittelverbrauch anzuregen. Hier ist eine Individualisierung alleine aufgrund des Bekanntheitsgrades notwendig, wie die Beklagte zutreffend vorträgt.

Der Senat vermag sich nicht der Gesetzesauslegung der Beklagten anschließen, ein Werbeverbot sei nur dann unzulässig, wenn Arzneimittel durch eine bestimmte Person, deren Identität den Verbrauchern bekannt ist, beworben wird. Auch hier sehen die Richter den Schutzzweck des Gesetzes und der EU-Norm verletzt, der darin besteht, Verbraucher vor einer unsachgemäßen Selbstmedikation zu schützen, die durch die angegriffene Werbeaussage der Beklagten gefördert wird, weil die Konsumenten den zitierten Fachkreisen eine besondere Fachkompetenz zusprechen. Der Verzicht auf die angegriffenen Werbeaussagen verletzt nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und stellt angesichts weiterer rechtlich zulässiger Werbemöglichkeiten keine unzumutbare Einschränkung dar, denn der Schutz der Verbraucher wäre stark eingeschränkt, solange Werbeaussagen mit nicht individualisierten Empfehlungen der Fachkreise erlaubt wären.

OLG Köln, Urteil vom 01.04.2011, Az. 6 U 214/10


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