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Unterlassungsurteil: Wonach richtet sich die Beschwer?

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 24.01.2013, Aktenzeichen I ZR 174/11


Unterlassungsurteil: Wonach richtet sich die Beschwer?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 24.01.2013 unter dem Aktenzeichen I ZR 174/11 entschieden, dass bei der Festsetzung des Streitwerts bezüglich eines Gerichtsverfahrens, das sich um einen Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung dreht, nicht darauf ankomme, ob auch um das Bestehen der Unterlassungsverpflichtung getritten wird oder lediglich über einen erfolgten Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung. Das Landgericht(LG) in Hamburg hatte fehlerhaft letztere Auffassung vertreten und die Berufung der Klägerin wegen des Nicht-Erreichens des nötigen Beschwerdewerts von 600 EUR zurückgewiesen. 

Geklagt hatte eine Firma für Telefon- und Internetdienstleistungen gegen einen Mitbewerber. Die Beklagte verwendet für den Vertragsschluss mit Kunden ein so genanntes Postident-Spezialverfahren. Mit diesem Verfahren ermöglicht die Deutsche Post AG dem Absender, die Identität von natürlichen Personen festzustellen.

Die Beklagte soll eine Kundin der Klägerin bei einem Akquiseanruf nicht ausreichend über Rechtswirkungen der im Rahmen des Postident-Verfahrens abzugebenden Unterschrift aufgeklärt haben. Der zustande gekommene Vertrag verlange rechtswidrig eine Portierung des Anschlusses und sei als gezielte Behinderung im Sinne der §§ 3 und 4 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) anzusehen. Außerdem habe die Beklagte der Kundin weismachen wollen, es bestehe ein wirksamer Auftrag trotz des zwischenzeitlich erfolgten Widerrufs.

Die Beklagte erklärt, sie habe die Kundin ausreichend informiert, dass mit der Unterschrift beim Empfang der Postident-Sendung eine Willenserklärung abgegeben werde, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet sei. Ein Widerruf der Kundin sei nicht rechtzeitig eingetroffen. 

Das Landgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung. Eine Berufung hat das Gericht nicht zugelassen, weil der Streitwert unter der Mindestgrenze von 600 Euro liege. 

Dabei gehe es nicht um die Frage der Unterlassungspflicht selbst, sondern um die Frage, ob gegen die Pflicht verstoßen worden sei. 

In diesem Fall richte sich der Schaden des Unterlassungsschuldners nach Aufwand und Kosten für die Befolgung des Unterlassungstitels. 

Wenn nicht auch die Unterlassungspflicht streitig sei, gehe es nicht mehr um das Interesse seitens der Beklagten, die verbotenen Handlungen durchzuführen, sondern um Aufwand und Kosten für die Einhaltung der Unterlassung.

Der Ansicht der Vorinstanz vermochte sich der BGH jedoch nicht anzuschließen. Der Beschwerdewert sei im vorliegenden Fall erreicht. Denn es spiele bei der Bemessung des Wertes keine Rolle, ob es um die Unterlassungverpflichtung selbst oder einen möglichen Verstoß dagegen gehe. 

Das Interesse des Beklagten an der Beseitigung der Verurteilung zur Unterlassung entspreche regelmäßig dem klägerischen Interesse an dieser Verurteilung. Denn das Interesse des Klägers an der Unterlassung sei anhand der Bedeutung der Verletzungshandlung zu bemessen.

Eine differenzierende Betrachtungsweise jedoch, wie vom LG vorgenommen, vermenge die Frage nach Bedeutung des Unterlassungsgebots (und den damit einhergehenden Nachteilen) mit der Frage nach Gründen, das Urteil anzugreifen. Der Betrachtungsweise stehe entgegen, dass sich die Beschwer des Beklagten nicht nach Umfang des Prozessverhaltens richte, sondern danach, ob das Urteil seine Rechtsposition einschränkt. Danach reiche es aus, dass das Urteil für ihn nachteilig ist. Es komme nicht darauf an, auf welche Weise er zum Klageantrag Stellung genommen hat. Eine Berufung sei sogar dann zulässig, wenn gegen den Beklagten ein Anerkenntnisurteil ergangen ist. 

Für die Frage nach der Beschwer sei daher maßgeblich inwieweit das Urteil den Beklagten in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit einschränke.

Diese Einschränkung vermindere sich nicht dadurch, dass sich der Beklagte nur gegen den Vorwurf wendet, er habe gegen die Unterlassungspflichten verstoßen.

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 24.01.2013, Aktenzeichen I ZR 174/11


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