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Unterlassungsanspruch bei Textilbezeichnungen

Unterlassungsanspruch bei ungenauen & englischen Textilbezeichnungen


Unterlassungsanspruch bei Textilbezeichnungen

Ein Online-Fahrradhändler muss alle Angaben zu seinen Textilprodukten in deutscher Sprache verfassen und alle Teilkomponenten des Textils angeben. Die Stoffe müssen genau gemäß der TextilKennzVO deklariert werden, um eine Fehlvorstellung des Kunden zu vermeiden. So entschied das OLG Stuttgart mit Urteil vom 18.10.2018, Az. 2 U 55/18.

Rechtsstreit zweier Online-Händler über Textilkennzeichnungen
Im Februar 2017 hatte die beklagte Online-Händlerin über ebay und amazon eine Laufmütze mit folgenden Angaben zur Textilzusammensetzung vertrieben: „SHELL: 100% POLYESTER; WINDSTOPPER®MEMBRANE; 100% POLYESTER; INSERT: 88% NYLON; 12% ELASTANE“.
Zudem vertrieb die Beklagte auf denselben Plattformen Fahrrad-Handschuhe mit folgenden Angaben: „Material: Oberhand: 91% Polyester, 6% Elastan, 3% sonstige Fasern Innenhand: 100% Polyamid mit Polyurethan Eigenschaften: Schlicht schön: …“
Die Beklagte wurde daraufhin von einer konkurrierenden Online-Händlerin wegen diverser Verstöße mehrfach abgemahnt.

Zwei Abmahnungen am selben Tag
Die erste Abmahnung erfolgte neben vier weiteren Verstößen u. a. deshalb, weil die Angaben zur Laufmütze in englischer Sprache verfasst waren. Die zweite Abmahnung, die am selben Tag versandt wurde, hatte zum Gegenstand, dass die Verwendung der Bezeichnung „Polyamid mit Polyurethan Eigenschaften“ nicht im Anhang 1 der Textilkennzeichnungsverordnung (TextilKennzVO) aufgeführt sei. Eine Reaktion der Beklagten auf die Abmahnungen blieb aus. Das LG Stuttgart erließ antragsgemäß eine einstweilige Verfügung. Auf den Widerspruch der Beklagten bestätigte das LG Stuttgart seine Verfügung. Die Beklagte wendete im anschließenden Gerichtsverfahren ein, dass die Abmahnungen unzulässig seien. Grund dafür sei, dass die Klägerin am selben Tag zwei gesonderte Abmahnungen versandt habe und pro Abmahnschreiben eine 1,5-Geschäftsgebühr geltend gemacht habe. Ein Verstoß gegen die TextilKennzVO liege außerdem nicht vor. Zudem erhob die Beklagte Widerklage wegen eines Angebots der Klägerin auf ebay.

Kein Rechtsmissbrauch wegen zweifacher Abmahnung
Das Landgericht gab der Klage vollumfänglich und der Widerklage im Wesentlichen statt. Die Anträge seien ausreichend bestimmt und auch nicht wegen Rechtsmissbrauch unzulässig. Die zweifache Abmahnung sei unbedenklich, weil die Abmahnungen verschiedene Verstöße beträfen. Das Angebot der Laufmütze verstoße gegen Art. 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO. Denn Im Anhang 1 der Verordnung werde nur die deutsche Bezeichnung „Elasthan“, nicht aber „Elastane“ zugelassen. Zudem seien die Komponenten der Mütze mit „shell“ bzw. „insert“ – also in Englisch und nicht in Deutsch bezeichnet. Auch die Beschreibung der Faserzusammensetzung der Handschuhe enthalte fehlerhafte Angaben („100% Polyamid mit Polyurethan-Eigenschaften“), da nur Textilfaserbezeichnungen nach Anhang 1 der TextilKennzVO verwendet werden dürfen.

Verbot der Verwendung englischer Textilbezeichnungen
Durch diese Verstöße werde der Verbraucher zu einem Irrtum verleitet, der zu einer Kaufentscheidung veranlassen könnte, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte habe antragsgemäß (…) ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr (…) den Abschluss entgeltlicher Verträge mit Verbrauchern über Kleidung/Textilien, die einen Gewichtsanteil von Textilkomponenten von mehr als 80% aufweisen, anzubieten, wenn die nach Art. 16 Abs. 1, Abs. 3 TextilKennzVO zu machenden Angaben
-    in englischer Sprache erfolgen und/oder
-    wenn im Rahmen der Kennzeichnung der Faserzusammensetzung dieser Bekleidungsgegenstände Begriffe verwendet werden, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs 1 der TextilKennzVO aufgeführt sind (…).

Berufung der Beklagten teilweise unzulässig
Die Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein. Das Berufungsgericht war jedoch der Ansicht, dass die Berufung unzulässig sei, soweit sie sich gegen das Unterlassungsgebot bzgl. der Begriffe wende, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs 1 der TextilKennzVO aufgeführt sind. Dies betreffe die Bezeichnungen „Polyamid mit Polyurethan“ und „Elastane“. Denn es sei nicht im Ansatz nachvollziehbar, was die Beklagte hierzu in ihrer Berufungsbegründung tatsächlich rüge und worauf die Berufungsrüge abziele. Eine Auseinandersetzung mit den Gründen des landgerichtlichen Urteils sei nicht erkennbar.

Verwendung der englischen Begriffe „shell“ und „insert“ sind unzulässig
Nur hinsichtlich der Verwendung der Begriffe „shell“ und „insert“ genüge die Berufungsbegründung der Beklagten noch den Anforderungen. Das OLG Stuttgart war von den Gründen jedoch nicht überzeugt. Die Beklagte habe eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen, ohne die von der Verfügungsklägerin geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Grund für die Unzulässigkeit sei das Vorenthalten „wesentlicher Informationen“ im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Die TextilKennzVO wolle eine korrekte und einheitliche Information aller Verbraucher gewährleisten. Die in der TextilKennzVO aufgeführten Informationen, die angegeben werden müssen, zählen daher zu diesen „wesentlichen Informationen“. Die einzelnen Textilkomponenten des Textilerzeugnisses müssen zwingend in deutscher Sprache angegeben werden. Dies sei beim Angebot der Laufmütze nicht der Fall. Die Mütze enthalte verschiedene Textilkomponenten (Außenhaut bzw. „shell“ und Einsatz bzw. „insert“). Diese enthalten unterschiedliche Anteile von Textilfasern. Daher müsse im Angebot jede Textilkomponente mit ihrem unterschiedlichen Textilfasergehalt angegeben werden. Zwangsläufig bedeute das, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Textilkomponenten selbst – in deutscher Sprache – anzugeben.

Irreführung durch das Vorenthalten von Textilkennzeichnungen
Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch seien gegeben: das Vorenthalten dieser „wesentlichen Informationen“ sei geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Sofern die Beklagte der Ansicht gewesen wäre, dieses Vorenthalten könne Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen, hätte sie dies darlegen müssen. Dies habe die Beklagte nicht getan. Daher greife der höchstrichterliche Regelfall, dass der Verbraucher eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung auch wirklich benötige.

Ebenfalls unzulässig: „Elastane“ und „Polyamid mit Polyurethan“
Die Zulässigkeit der übrigen Berufungsbegründung unterstellt, wäre die Berufung nach Ansicht des OLG Stuttgart auch bezüglich der Kennzeichnung mit Begriffen, die nicht in der deutschen Fassung des Anhangs 1 der TextilKennzVO aufgeführt sind, unbegründet. Dies betreffe die Bezeichnungen „Elastane“ und „Polyamid mit Polyurethan“. In Anhang 1 der TextilKennzVO seien nur die Bezeichnungen „Elasthan“ sowie „Polyamid oder Nylon“ und „Polyurethan“ aufgeführt. Zwar sind an sich zwar beide Bezeichnungen „Polyamid“ und „Polyurethan“ aufgeführt. Diese Kennzeichnungen dürfen aber nicht mit dem Wort „mit“ verbunden werden.
Einen Anlass für die Zulassung der Revision sah das OLG Stuttgart vorliegend nicht gegeben.

OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.2018, Az.: 2 U 55/18


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