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Unterlassungsanspruch bei Äußerungen über Mitbewerber

Verwendung des Ausdrucks "üble Nachrede" nicht zwingend eine Tatsachenbehauptung


Unterlassungsanspruch bei Äußerungen über Mitbewerber

Das Landgericht Oldenburg urteilte am 03. März 2010, dass die Verwendung des Begriffes "üble Nachrede" keine Tatsachenbehauptung, sondern lediglich eine Meinungsäußerung darstellt, obwohl der Ausdruck eine eindeutige juristische Bedeutung hat.

Sowohl Kläger als Beklagte sind in der Coaching-Branche tätig und waren vorher bereits in einen Rechtsstreit verwickelt, allerdings in vertauschten Positionen. So hatten die jetzigen Beklagten in einem Newsletter ihre Konkurrenten bzw. deren Dienstleistungen verunglimpft, weshalb sie vom Oberlandesgericht Köln zur Unterlassung verurteilt wurden. Den damaligen Klägern wird nun vorgeworfen, in einer Pressemitteilung das gleiche Vergehen begangen zu haben.

Mit Bezug auf das Urteil des OLG Köln berichtete die nun beklagte Partei in einer Pressemitteilung über das Verfahren, ohne dabei ihre Konkurrenten namentlich zu nennen. Unter anderem bezeichnete sie die verurteilten Aussagen als "üble Nachrede" und verlinkte auf den Volltext des Urteils, in dem der Fall in anonymisierter Form besprochen wird. Das nun klagende Unternehmen behauptet, es könne aufgrund seines Bekanntheitsgrades trotz der Anonymisierung erkannt werden, weshalb es in der Verlinkung einen Versuch der Diffamierung sieht. Auch sei die Verwendung des Ausdrucks "üble Nachrede", der im Urteil des OLG nicht vorkommt, eine falsche Tatsachenbehauptung. Der beklagte Coaching-Verband verteidigte sich mit der Erklärung, es handele sich hier lediglich um eine Meinungsäußerung.

Das Landgericht entschied im Sinne der Angeklagten. Die Richter erkannten im Inhalt der Pressemitteilung keine unlautere Handlung, da sämtliche Aussagen durch die Freiheit der Meinungsäußerung nach Art. 5 GG geschützt sind.

Die Verwendung eines in der Rechtsprechung verwendeten Begriffs stellt noch keine Tatsachenbehauptung dar. Grundsätzlich ist zwischen objektiven und beweisbaren Tatsachenbehauptungen und subjektiven Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Ausschlaggebend für eine Einordnung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung ist jedoch die Interpretation eines durchschnittlichen Rezipienten. Um zu garantieren, dass Aussagen richtig ausgewertet werden, müssen diese in ihrem Kontext, also in dem Zusammenhang, in dem die Leser ihnen begegnen, ausgewertet und nicht einzeln betrachtet werden. Wird also die gesamte Pressemitteilung als Meinungsäußerung interpretiert, so ist der beanstandete Begriff "üble Nachrede" ebenfalls als Ausdruck einer Meinung zu verstehen.

Ist das Gesamtwerk also dahin gehend auszulegen, dass die Meinung im Vordergrund steht, einzelne Tatsachenbehauptungen insgesamt nur geringe Bedeutung haben, sind deren Korrektheit für eine Einordnung zweitrangig. Die Verwendung von Ausdrücken, die eine feste Bedeutung im juristischen Sinne besitzen, kann also auch eine Form der Meinungsäußerung sein, wenn der Verfasser damit lediglich sein eigenes Rechtsverständnis zum Ausdruck bringt und nicht tatsächlich eine andere Person einer Straftat bezichtigt. Dabei ist unerheblich, ob die Person den vorgeworfenen Tatbestand erfüllen würde.

Die Richter sahen in der Pressemitteilung primär eine Auseinandersetzung mit der Frage über erlaubte und unerlaubte Aussagen in einem gewerblichen Umfeld, sahen darin also eindeutig eine Meinungsäußerung. Eine unzulässige, schmähende Aussage war ebenfalls nicht zu erkennen, und obwohl die Pressemitteilung eine gewisse werbliche Funktion erfüllt, dient die Besprechung des Urteils des OLG Köln einem öffentlichen Interesse. Auch wird nicht explizit der Name des Konkurrenten erwähnt und die Rezipienten können über die Verknüpfung das Urteil in Originalfassung sehen, sich also eine eigene Meinung bilden. Die Pressemitteilung ist also nicht zu beanstanden.

LG Oldenburg, Urteil vom 03.03.2010, Az. 5 O 3151/09


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