unlautere Werbung mit "Produkt des Jahres"
Als "Wettbewerbsverstoß im Bereich der Irreführung von Verbrauchern" beurteilte das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 1-4 U 59/12)das Geschäftsgebaren eines Händlers von Elektro- und Elektronikgeräten, die er im Internet anbot. Verklagt wurde er von einem Konkurrenten, der ähnliche Produkte vertreibt. Konkret ging es in diesem Fall um einen Staubsauger des Modells E3, DC 32 Animal Pro, beutellos, violett.
Ende Juli 2011 hatte der Mitbewerber und spätere Kläger von seinem Konkurrenten einen der Staubsauger erworben, die in Malaysa hergestellt worden waren und eigentlich für den britischen Markt gedacht waren. Unter welchen Umständen sie nach Deutschland kamen, war auch für das Gericht strittig, spielte aber bei der Urteilsfindung keine Rolle. Entscheidend war ein wettbewerbsrechtlicher Aspekt, der mit der kostenpflichtigen Aufforderung zur Unterlassung vom Kläger moniert worden war. Er hatte festgestellt, dass der gelieferte Staubsauger weder eine sogenannte, bindend vorgeschriebene WEEE-Nummer trug, noch im Verzeichnis der Hersteller (Stiftung EAR) registriert war. Deshalb ließ er ihm eine Abmahnung zukommen, für die der Anwalt 1400 Euro berechnete. Der angegriffene Händler gab die Unterlassungserklärung mit einiger Verzögerung zwar ab, lehnte jedoch die Übernahme der Anwaltskosten ab.
Im gleichen Schreiben beanstandete der klagende Elektrohändler, dass sein Konkurrent auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz begangen hätte. Im Internet hatte er den Staubsauger "E3 DC 26" seinen Kunden als "Produkt des Jahres" offeriert und sich dabei auf eine repräsentative Umfrage unter 10000 Verbrauchern in Deutschland berufen. Nach Ansicht seines Konkurrenten sei der allgemeine Hinweis auf eine nicht näher zu bestimmtende Umfrage viel zu allgemein und wegen der möglichen Irreführung der Verbraucher rechtswidrig. Auch dafür forderte der klagende Händler eine kostenpflichtige Unterlassungserklärung von seinem Konkurrenten. Der stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich sei und dem klagenden Händler nur dazu diene, sich weitere Einnahmequellen zu verschaffen. Ferner argumentierte er, dass er auch in der Sache nicht zu der Unterlassung verpflichtet sei, da er nicht der Hersteller der Produkte sei.
Das Oberlandesgericht Hamm, bei dem die Auseinandersetzung in zweiter Instanz landete, reduzierte zwar den vom Kläger festgesetzten Streitwert von 50000 auf 30000 Euro und damit auch die fälligen Anwaltsgebühren, hielt jedoch beide Abmahnungen für rechtlich zulässig.
Das OLG Hamm kam zu dem Ergebnis, dass der beklagte Händler als Vertreiber des nicht registrierten Geräts gegen §6, Absatz 2, Satz 5 des Elektrogesetzes verstoßen hat. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sei, dass er die Geräte auch in den Verkehr gebracht hätte. Dies sein durch den Testkauf des Konkurrenten und Klägers belegt. Das bloße Anbieten des nicht registrierten Gerätes hätte dagegen nicht ausgereicht, um einen rechtlichen Verstoß geltend machen zu können. "Die geschäftliche Handlung des Beklagten ist unlauter, weil mit ihr auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 des Umweltgesetzes (UWG) verbunden ist", heißt es in der Urteilsbegründung des OLG. Darin wird die Sicherung der Rücknahme von Elektro- und Elektronikartikeln geregelt. Das OLG sagte dazu: "Für den Wettbewerb ist es von großer Bedeutung, dass sich alle Anbieter bestimmter Waren an die Sicherung der Rücknahme dieser Produkte halten, die durch das Absatzverbot sichergestellt werden soll. Wer dagegen verstößt, beeinträchtigt in erheblicher Weise den Wettbewerb."
Nach Überzeugung des OLG stand dem klagenden Händler aber auch im Hinblick auf die beanstandete Werbung für den als "Produkt des Jahres" bezeichneten Staubsauger "E3, DC 26" mit ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5, 5 a Abs. 2 UWG gegen den Beklagten zu. Die OLG-Richter: "In dieser Art von Werbung ist eine irreführende geschäftliche Handlung zu sehen. Diese liegt im Rahmen der Irreführung durch Unterlassen auch vor, wenn dem Verbraucher im Rahmen einer Werbung wesentliche Informationen vorenthalten werden, die dieser benötigt, um eine sachgerechte Marktentscheidung zu treffen. Wenn ein Produkt auf diese Weise hervorgehoben wird, wie es hier in Bezug auf den E3-Staubsauger durch den Beklagten geschehen ist, muss der Verbraucher wenigstens bestimmte Grundinformationen über den Veranstalter der Wahl und die Art und Auswahl der ausgezeichneten Produkte erhalten, um für sich einschätzen zu können, was sich hinter dieser auf erste Sicht so positiven Werbeaussage verbirgt".
Urteil (Aktenzeichen 1-4 U 59/12) des OLG Hamm, 4. Zivilsenat, vom 30. 8. 2012; Vorinstanz Landgericht Bochum (Aktenzeichen 12 O 214/11)