Unlautere Werbung mit „KLIMA-NEUTRAL“
Wirbt ein Unternehmen damit, Klima neutral zu sein, so ist für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, dass er beim Kauf unproblematisch (etwa durch die Angabe einer Webseite oder mittels eines QR-Codes) Informationen darüber erhalten kann, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werden soll. Denn nur mit diesen Angaben ist er gegebenenfalls in der Lage zu entscheiden, ob er die ergriffenen Maßnahmen unterstützen möchte und ob er sie überhaupt für plausibel hält. Dies hat das Landgericht Kiel mit Urteil vom 02.07.2021 entschieden.
Hintergrund
Geklagt hatte ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, die Beklagte produziert und vertreibt unter Anderem verschiedene Arten von Müllbeuteln. Auf der Verpackung der Müllbeutel warb die Beklagte mit der Beschriftung „Extra stark, 10 Müllbeutel“ und der Angabe „KLIMA-NEUTRAL“ sowie dem Hinweis, dass das Produkt Gold Standard zertifizierte Klimaschutzprojekte zur Erreichung der UN-Klimaziele unterstützen würde. Der Kläger war der Ansicht, dies sei irreführend, weil sich die angegebene Klimaneutralität durch den räumlichen Bezug zu dem Unternehmenslogo auf das Unternehmen und nicht nur auf das Produkt beziehe, ohne darzulegen, ob das Unternehmen selbst klimaneutral sei. Die Angabe zur Klimaneutralität sei im Übrigen auch dann irreführend, wenn sie nur auf das Produkt bezogen wäre. Denn es werde nicht erläutert, wie man die behauptete Klimaneutralität erreiche.
Wann ist eine Werbung grundsätzlich unlauter?
Wann eine Werbung unlauter ist, richtet sich nach den §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 und 5a Abs. 2 UWG. Demnach darf die Werbung keine irreführenden Angaben enthalten. Darüber hinaus ist Unlauterkeit gegeben, wenn dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten werden, die geeignet sind, diesen zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.
Wer mit Klimaneutralität wirbt, muss dies vollumfänglich gewährleisten
Solch eine unlautere Werbung haben die Richter im zugrundeliegenden Fall angenommen. Durch die Angabe „KLIMA-NEUTRAL“, mit der die Beklagte geworben hat, gehe der durchschnittliche Verbraucher von einer klimaneutralen Produktion aus. Diese Bewerbung sei allerdings deshalb wahrheitswidrig, weil die Beklagte unter anderem auch nicht klimaneutralen Produkte produziert. Demnach sei eine generelle Werbung mit „KLIMA-NEUTRAL“ schlicht unzutreffend. Hierbei sei auch unerheblich, ob das von der Beklagten im Übrigen verwendete Unternehmenslogo anders laute. Für den durchschnittlichen Verbraucher sei auch nicht ersichtlich, dass durch den Zusatz „KLIMA-NEUTRAL“ eine Untermarke bezeichnet werden soll.
Zwar entgegnete die Beklagte, dass sich die Werbeaussage nur auf bestimmte Müllbeutel beziehen soll. Nach Auffassung der Richter erkenne dies der Verbraucher allerdings nur, wenn er einen Vergleich der Müllbeutel vornehmen könne. Hierfür müssten diese nebeneinander angeboten werden. In der Regel werde ein solcher Vergleich bei geringwertigen Produkten wie Müllbeuteln allerdings unterbleiben. Demnach bleibe bei dem Verbraucher, der bei seinem allgemeinen Einkauf unter anderem auch beiläufig Müllbeutel mitnimmt, der unzutreffende Eindruck der Klimaneutralität haften.
Angabe, auf welche Weise Klimaneutralität erreicht wird
Die Beklagte war der Auffassung, es sei allgemein bekannt, dass klimaneutral nicht mit emissionsfrei gleichzusetzen ist. Dem hatten die Richter grundsätzlich auch zugestimmt. Nichtsdestotrotz lasse sich eine Klimaneutralität allerdings mit unterschiedlichen Mitteln erreichen. Insofern sei für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, dass er beim Kauf unproblematisch darüber Informationen erhalten könne, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werden soll. Nur so sei er gegebenenfalls in der Lage, zu entscheiden, ob er die ergriffenen Maßnahmen für unterstützenswert hält und ob sie überhaupt plausibel sind.
Hinweis einer aufklärenden Webseite auf Verpackung ist ausreichend
Ein bloßer Hinweis auf die Unterstützung von Gold Standard zertifizierten Klimaschutzprojekten, wie er hier vorgelegen hat, war für eine ausreichende Information des Verbrauchers nicht ausreichend. Den Anforderungen an das UWG ist allerdings genüge getan, wenn beispielsweise mittels Angabe einer Webseite auf der Verpackung oder einem QR-Code, mit dem eine Webseite aufgerufen werden kann, dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben wird, sich weiter zu informieren. In diesem Fall muss die Webseite allerdings auch die entsprechenden Informationen tatsächlich enthalten. An weiterführenden Hinweisen auf eine Webseite hat es bei der von der Beklagten verwendeten Verpackung gefehlt.
Landgericht Kiel, Urteil vom 02.07.2021, Az. 14 HKO 99/20