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Unangemessene Beeinträchtigung des Rufs

Unangemessene Beeinträchtigung des Rufs eines Originalprodukts durch eine Nachahmung


Unangemessene Beeinträchtigung des Rufs

Beruht der gute Ruf eines Originalprodukts auf seiner Qualität, kann dieser durch einen Nachbau von minderer Qualität unangemessen beeinträchtigt werden. Dem Originalhersteller steht in diesem Fall neben dem Unterlassungsanspruch auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Nachahmer zu. 

Die Streitteile produzierten und vertrieben eine Hüftgelenk-Endoprothese (Femur-Teil). Die Klägerin war bereits seit mehr als 20 Jahren auf dem Markt. Das Femur-Teil der Klägerin verfügte aufgrund der positiven Beurteilungen in klinischen Beobachtungsstudien über einen hohen Bekanntheitsgrad. Die Beklagte vertrieb ihr Femur-Teil in nahezu identischer Ausführung, aber unter einer abweichenden Produktbezeichnung. Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Zahlung von Nebenkosten in Anspruch.

Das Produkt der Klägerin verfügte nach den Ausführungen im Urteil über eine hohe und durch den Bekanntheitsgrad noch gesteigerte wettbewerbliche Eigenart. Die technischen Merkmale des Produkts der Klägerin mussten von einem Wettbewerber bei der Herstellung eines ähnlichen Produkts nicht zwingend übernommen werden, waren daher austauschbar. Eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft des Produkts lag trotz der vorliegenden nahezu identischen Nachahmung nicht vor. Wesentlich in diesem Zusammenhang war ausschließlich das Verständnis der angesprochenen Fachkreise. Die Parteien richteten ihre Angebote nicht an Endverbraucher. Die abweichende Kennzeichnung des Produkts der Beklagten führte nach der vom Bundesgerichtshof geteilten Ansicht des Berufungsgerichtes dazu, dass sowohl in einer Kaufsituation als auch in einer Operationssituation die Möglichkeit einer Herkunftstäuschung der Fachleute auszuschließen war. Aus diesem Grund konnte auch eine mögliche unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des Produkts der Klägerin nicht angenommen werden.

Das Berufungsurteil hielt der Überprüfung durch den Bundesgerichtshof jedoch hinsichtlich einer möglichen unangemessenen Beeinträchtigung der Wertschätzung des Produkts der Klägerin nicht stand. Das Berufungsgericht hatte angenommen, dass eine Beeinträchtigung des Rufs bereits mangels einer möglichen Herkunftstäuschung ausgeschlossen wäre. Es hatte allerdings keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Qualität des Produkts der Beklagten - wie von der Klägerin geltend macht - aufgrund der Gussqualität negativ von dem der Klägerin abwich, das Produkt nicht dem Stand der Technik entsprach und die Verwendungszeiten des Produkts der Beklagten nicht jene des Produkts der Klägerin erreichten. 

Bei den Feststellungen zum Verkehrsverständnis waren dem Berufungsgericht nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs zudem Verfahrensfehler unterlaufen. Das Berufungsgericht stellte fest, dass die angesprochenen Fachkreise davon ausgehen würden, dass die Nachahmung der Beklagten aufgrund der Gussqualität und der Oberflächenbearbeitung qualitativ hinter dem Originalprodukt der Klägerin zurückbleiben könnte. Die Parteien stellten im Verfahren hingegen vor allem auf die äußere Form des Produkts als Grundlage für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch die Fachkreise ab. Den Ausführungen im Berufungsurteil war nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht im Bereich der Endoprothetik über spezielles Erfahrungswissen verfügte. Es war dem Berufungsgericht daher nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht möglich, die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise abweichend vom Parteienvortrag festzustellen. Sollte das Produkt der Beklagten nicht im Wesentlichen denselben Qualitätsmaßstäben genügen wie das Produkt der Klägerin, könnte der Ruf des Produktes der Klägerin unangemessen beeinträchtigt sein. Die Feststellungen zur Beurteilung der Qualität waren im Verfahren noch zu treffen.

Das Berufungsurteil wurde vom Bundesgerichtshof daher aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2010, Az. I ZR 145/08 


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