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Unabhängigkeit eines Versicherungsmaklers

Oberlandesgericht München, Urteil vom 16.01.2020, Az. 29 U 1834/18


Unabhängigkeit eines Versicherungsmaklers

Das Oberlandesgericht München entschied am 16.01.2020, dass die Bewerbung eines Versicherungsmaklers als unabhängig und neutral irreführend sei, wenn er eigentlich mehrheitlich von einem Versicherer gehalten werde. Er könne sich aber weiterhin als Versicherungsmakler bezeichnen.

Wie neutral ist ein Versicherungsmakler mit Mehrheitsbeteiligung?
Die Parteien waren Versicherungsmakler. Die Unternehmensanteile der Beklagten wurden mehrheitlich von einer Lebensversicherung gehalten. Sie wies im Rahmen ihrer Werbung auch darauf hin. Trotzdem warb sie zusätzlich mit Unabhängigkeit und Neutralität. Hiergegen ging die Klägerin wegen Irreführung vor. Die Vorinstanz entschied wie von der Klägerin beantragt. Der Beklagten wurde untersagt, als Versicherungsmaklerin aufzutreten und sich als neutral und unabhängig zu bezeichnen. Hiergegen ging die Beklagte in Berufung.

Bezeichnung als Versicherungsmakler entspricht der Wahrheit
Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Beklagte weiterhin als Versicherungsmaklerin auftreten könne. Denn allein der Umstand, dass ein Versicherer mehrheitsbeteiligt sei, stehe dem Auftreten als Versicherungsmakler nicht entgegen. Diesbezüglich liege keine Irreführung vor; es handele sich dabei um keine unwahre Angabe. Die Beklagte verfüge über eine entsprechende Gewerbeerlaubnis. Damit entspreche ihr Außenauftritt den tatsächlichen Gegebenheiten.

Gewerbeerlaubnis nicht von Mehrheitsbeteiligung abhängig
Auch enthalte die Bezeichnung als Versicherungsmaklerin keine sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben, so das Gericht. Eine vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Gunsten der Beklagten aus. Die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis hänge nicht davon ab, ob und in welchem Umfang Beteiligungen von Versicherern bestehen. Denn dies käme einer vom Gesetzgeber gerade nicht vorgesehenen Marktzugangsvoraussetzung gleich. Hierfür gebe es jedoch keine Rechtsgrundlage.

Im Zweifel Gewerbezulassung als Versicherungsmakler
Es liege auch keine darüberhinausgehende besondere Schutzwürdigkeit der Verbraucher vor, befand das OLG. Der Gesetzgeber sei in der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) davon ausgegangen, dass Beteiligungen an Versicherungsmaklern zulässig sind.  Trotzdem habe er keine Notwendigkeit gesehen, diese der Höhe nach zu beschränken. Zwar seien durch einen bestimmten Auftritt beim Verbraucher Unklarheiten möglich. Allerdings könne diese gesetzgeberische Entscheidung nicht über das Lauterkeitsrecht wieder ausgehebelt werden. Dies wäre widersprüchlich und konterkariere den zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers.

Kein Verstoß gegen Marktverhaltensregeln
Das OLG entschied, dass das Auftreten auch keinen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darstelle. Ein Verstoß läge nur dann vor, wenn die Beklagte als Versicherungsmakler auftreten würde, ohne eine entsprechende typenspezifische Gewerbeerlaubnis zu besitzen. Das sei jedoch unstreitig nicht der Fall.

Keine Bezeichnung als unabhängig und neutral
Das Gericht war der Ansicht, dass sich die Beklagte allerdings nicht als unabhängig und neutral bezeichnen dürfe. Die Mehrheit der Beklagtenanteile werde von einem Versicherer gehalten. Eine Bewerbung als unabhängig sei somit irreführend. Denn sie sei geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise über die Beteiligungsverhältnisse zu täuschen. Der Verkehr verstehe die Aussage dahingehend, dass die Beklagte nicht nur unabhängig und neutral agiere, sondern es auch tatsächlich ist.

Interessen des Anteilseigners können verleiten
Die Irreführung sei auch relevant, befand das OLG. Denn bei einem Mehrheitsanteil eines Versicherers bestehe zumindest die potentielle Gefahr, dass der Makler sich auch von den Interessen seiner Anteilseigner leiten lasse. Eine Werbung, die über diese Abhängigkeit hinwegtäuscht, erhöhe die Attraktivität des werbenden Versicherungsmaklers in den Augen der potentiellen Kunden.

Hinweis auf Beteiligung
Das Gericht sah die Irreführung auch nicht dadurch ausgeräumt, dass die Beklagte auf ihrer Homepage bzw. im Rahmen ihrer Erstinformation auf die Beteiligungsstruktur hinweise. Denn es könne nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass der potentielle Kunde sich vor seiner Entscheidung näher mit dem Angebot der Beklagten befasst oder die Ausführungen zu den Beteiligungsverhältnissen überhaupt zur Kenntnis nimmt.


Oberlandesgericht München, Urteil vom 16.01.2020, Az. 29 U 1834/18


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