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Übungsfahrten mit Fahrschulwagen zulässig

Testübungsfahrten mit dem Fahrschulwagen im öffentlichen Straßenverkehr sind wettbewerbsrechtlich unzulässig


Übungsfahrten mit Fahrschulwagen zulässig

Mit einem besonders findigen und geschäftstüchtigen Fahrlehrer setzt sich das Urteil des LG Siegen vom 23.02.2012 auseinander: Der Betreiber einer Fahrschule hatte im Rahmen eines Kartoffelfestes am Ort Jugendlichen, die noch keinen Führerschein hatten, Testfahrten angeboten. Die Fahrten fanden auf einer öffentlichen Straßenverkehrsfläche statt, die lediglich mit Pylonen und Flatterband abgegrenzt war.

Die Klägerin mahnte den Fahrlehrer daraufhin wegen wettbewerbswidrigem Verhalten ab. Der Fahrlehrer gab zwar die geforderte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich jedoch, die Kosten der Abmahnung zu übernehmen, so dass der Fall schließlich vor dem LG Siegen landete.

Dieses gab der Klägerin vollumfänglich Recht. Der Klägerin habe, so die Siegener Richter, ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 3 II UWG zugestanden. Demnach seien geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprächen und dazu geeignet seien, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Beide Kriterien sah das LG Siegen bei den streitgegenständlichen Testfahrten als erfüllt an. So hätten die Testfahrten bereits nicht der einem Fahrlehrer obliegenden erhöhten Sorgfalt entsprochen. Da die Fahrten nicht im Rahmen der Ausbildung erfolgt seien, § 2 XV StVG, hätte bereits aus haftungsrechtlicher Sicht die Gefahr bestanden, dass bei einem Unfall die Versicherung des Fahrlehrers nicht für den entstandenen Schaden eintrete. Darüber hinaus hätte der Beklagte auch dafür sorgen müssen, dass es sich bei der Verkehrsfläche, auf der die Testfahrten durchgeführt wurden - zumindest für die Dauer des Kartoffelfestes - um eine nicht öffentliche Verkehrsfläche handelte. Das Aufstellen von Pylonen und Flatterbändern reichte dem Gericht nicht aus.

Die Testfahrten waren nach Ansicht der Richter auch dazu geeignet, die Entscheidung der Verbraucher zu beeinträchtigen. Dabei stellten die Richter auf die besondere psychologische Situation der Jugendlichen ab, die es kaum erwarten könnten, volljährig zu werden, um am Fahrschulunterricht teilzunehmen und den Führerschein erwerben zu können. Der Beklagte habe sich dies zu nutze gemacht, in dem er durch die Testfahrten bereits einen ersten Kontakt zu den Jugendlichen hergestellt habe. Die dabei geführten Gespräche könnte die Jugendlichen insgesamt geneigter machen, sich später für den Beklagten als Fahrschule zu entscheiden. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die Jugendlichen auf Grund der Testfahrt keine Vergleiche mehr zu anderen Fahrschulen zögen, sondern sich bei der Entscheidung, bei welcher Fahrschule sie sich anmeldeten, "dankbar an den Beklagten erinnerten, der ihnen bereits zuvor die Möglichkeit gegeben habe, hinter dem Steuer eines Fahrzeuges zu sitzen." Da eine Beeinflussung der Jugendlichen zu Gunsten der Beklagten und zu Lasten der Mitbewerber daher nicht von der Hand zu weisen war, entschied das LG Siegen, dass der Beklagte unlauter gehandelt habe.

Ein Urteil, das einmal mehr bestätigt, dass es für die Unterlauterbarkeit eines Handelns im Wettbewerb bereits ausreicht, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Markt zum Nachteil der Mitbewerber zu beeinflussen. Ob tatsächlich eine Benachteiligung der Marktteilnehmer eingetreten ist, spielt keine Rolle und wird im Einzelfall auch schwer nachzuvollziehen sein.

LG Siegen, Urteil vom 23.02.2012, Az: 1 O 194/10 


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