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Trennung von Werbung und redaktionellen Beiträgen

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.04.2015, Aktenzeichen 6 U 68/14


Trennung von Werbung und redaktionellen Beiträgen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 16.04.2015 zum Aktenzeichen 6 U 68/14 in einem wettbewerbsrechtlichen Berufungsverfahren durch Urteil entschieden.
Als Klägerin in diesem Verfahren war die Wettbewerbszentrale aufgetreten. Die Klage richtete sich gegen ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, das eine Kundenzeitung herausgegeben hat. Das unter dem Namen „Alles Gute für dich“ herausgegebene Kundenmagazin enthielt in seinem redaktionellen Teil informative Beiträge und ließ nur durch ein dezent am oberen Ran des Deckblattes platziertes Logo des Beklagten erkennen, dass diese der Herausgeber war. Grundsätzlich war die Kundenzeitung in einer Weise aufgebaut und ausgestattet, die auch bei den handelstypischen, von Verlagen für zahlende Kunden entwickelten Gesundheitsmagazinen üblich ist. Das hier streitgegenständliche Magazin wurde jedoch kostenlos an interessierte Kunden verteilt. In den redaktionellen Beiträgen wurde durch „QR“-Hinweis auf Internetseiten des Unternehmens verwiesen, auf denen der Leser dann mit eindeutiger Produktwerbung des Beklagten konfrontiert wurde. Die Wettbewerbszentrale bemängelte, dass zwischen redaktionellem Teil und Werbeteil des Magazins nicht deutlich genug unterschieden worden war. Der Leser wurde, ohne dies zu merken, vom redaktionellen Inhalt aus direkt auf die Werbeseiten des beklagten Unternehmens geschleust. Seine Möglichkeit, sachliche Aussagen von Werbeaussagen zu trennen, wurde dadurch eingeschränkt. Das beklagte Unternehmen ging davon aus, dass die wettbewerbsrechtliche Pflicht, deutlich erkennbar zwischen redaktionellem Teil und Anzeigenteil zu unterscheiden, nur für allgemeine, im Handel zu erwerbende Magazine gilt und nicht für kostenlos verteilte Anzeigenblätter. Auf die durch die Klägerin veranlasste wettbewerbsrechtliche Abmahnung hin erklärte es sich nicht bereit, eine Unterlassungserklärung abzugeben.

Die Klägerin reichte Klage ein, die nach Abschluss der I. Instanz in der Berufungsinstanz dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung vorgelegt worden war. Die Richter des 6. Senats am Oberlandesgericht Frankfurt am Main gaben in ihrem Berufungsurteil dem Klageanspruch statt. Das Kundenmagazin, das zum Streitobjekt geworden war, ließ nach Ansicht der Richter nicht hinreichend genau erkennen, dass es von dem Beklagten zu Werbezwecken verteilt wurde. Es war deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 4, Ziffer 3 UWG Anwendung findet, weil die Art der Koppelung von redaktionellem Informationsartikel und Verweis auf Werbeseiten des Unternehmens im Internet dazu dient, den Werbecharakter des Hinweises zu verschleiern. Wären das Magazin insgesamt oder der in Bezug genommene Text für sich allein vom Kunden sofort als Werbematerial zu erkennen gewesen, hätte kein gesonderter Anspruch auf Abtrennung bestanden.
Da der Verbraucher aufgrund der vorliegend gewählten Form allerdings zunächst davon ausgehen musste, das Werk von unabhängig schreibenden Journalisten in der Hand zu halten, ist es angebracht, ihn vor unerwarteter, verschleierter Werbung zu bewahren. Maßstab für die Bewertung der Gesamtgestaltung muss nach einschlägiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Wahrnehmung sein, die einem durchschnittlich informierten und angemessen interessierten Marktteilnehmer zugetraut werden kann. Ein solcher „normaler“ Marktteilnehmer wird, wenn er ein Presseerzeugnis in der Hand hält, auch dann nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass es sich um Werbematerial handelt, wenn die Zeitung kostenlos verteilt wird und wenn lediglich ein kleines, fast verstecktes Firmenlogo auf dem Deckblatt zu erkennen ist. Der Name der Zeitschrift sprach ebenso wenig wie die Gestaltung dagegen, hier redaktionelle Informationstexte zu erwarten. Auch der Text, an dessen Ende der QR-Link zu der Werbeseite des Beklagten angebracht war, war der Form und dem Inhalt nach nicht als Werbung zu erkennen. Die Richter des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main entschieden deshalb zutreffend, dass hier ein Fall von Schleichwerbung durch Unterlassen der notwendigen Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbeanzeigen vorlag. Sie verurteilten den Beklagten antragsgemäß dazu, das unlautere Wettbewerbsverhalten zukünftig zu unterlassen.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.04.2015, Aktenzeichen 6 U 68/14


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