Streitwert für Vorgehen gegen GmbH und Geschäftsführer
Wird ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch sowohl gegen die Gesellschaft als juristische Person als auch gegen den Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich geltend gemacht, findet keine Reduzierung des Streitwertes statt. Für beide Ansprüche ist der identische Streitwert anzusetzen, sodass sich durch die zweifache Inanspruchnahme der Streitwert verdoppelt. Für die teilweise andere Auslegung, wonach der Anspruch gegenüber dem Geschäftsführer aufgrund der vermeintlichen Identität zu reduzieren ist, bleibt im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte kein Raum mehr.
Sachverhalt
Die Beklagte machte gegenüber einem Unternehmen einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Zeitgleich nahm sie auch den Geschäftsführer des Unternehmens mit in die Haftung und den Unterlassungsanspruch auf. Ursache der Abmahnung war, dass das Unternehmen in seiner Widerrufsbelehrung widersprüchliche Informationen bezüglich des bestehenden Widerrufsrechtes gemacht hatte. Dem Verbraucher sei es so unnötig erschwert, sich vorab über die Folgen eines gegebenenfalls notwendigen Widerrufs zu informieren.
Das auf Unterlassung in Anspruch genommene Unternehmen wehrte sich gegen die Unterlassung. Dazu erhob es eine negative Feststellungsklage. Es wollte mithin festgestellt wissen, dass weder dem Unternehmen selbst noch dem Geschäftsführer persönlich eine Haftung auferlegt werden konnte. Als Streitwert hat das klägerische Unternehmen lediglich für die juristische Person den vollen Streitwert angenommen und den Streitwert bezüglich des Geschäftsführers deutlich reduziert.
Entscheidung
Zu Unrecht entschied nunmehr das OLG Hamm. Werden sowohl eine juristische Person als auch deren gesetzlicher Vertreter aufgrund einer Wettbewerbsverletzung in Anspruch genommen, entspricht der Streitwert der Summe der Einzelwerte des Unterlassungsanspruches. Der Streitwert setzt sich daher aus dem Anspruch gegen die Gesellschaft und den Geschäftsführer zusammen. Grundsätzlich sind die Streitwerte mehrerer Ansprüche nach § 39 ZPO zusammenzurechnen. Nur in Ausnahmefällen kann von diesem Grundsatz abgesehen werden.
Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin begehrt vorliegend eine Unterlassung gegen mehrere Unterlassungsschuldner und verlangt ein gleichlautendes Verbot der wettbewerbswidrigen Handlung. Gesellschaft und Geschäftsführer haften jedoch nicht als Gesamtschuldner sondern jeder für sich. Insofern besteht zwischen den Ansprüche weder eine rechtliche noch wirtschaftliche Identität. Diese Grundsätze eines Unterlassungsanspruches müssen entsprechend auch für eine negative Feststellungsklage gelten. Diese stellt sich lediglich als gleichwertiges Gegenstück zu einer Unterlassungsklage dar. Insofern ist vom gleichen Streitwert auszugehen.
Eine unterschiedliche Behandlung des Geschäftsführers persönlich kommt insbesondere nicht im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Betracht. Dieser hat mit Urteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 242/12, entschieden, dass die Organstellung und gesetzliche Vertretung nicht automatisch eine Haftung für die Gesellschaft begründet. Es müssen weitere außergewöhnliche Umstände hinzutreten, welche das eigene Verschulden des Geschäftsführers erst begründen. Nicht zuletzt muss auch das Interesse der Klägerin berücksichtigt werden, die neben der Gesellschaft auch den Geschäftsführer in Anspruch nimmt. Neben einem zusätzlichen Anspruchsgegner liegt ein weiterer Grund darin, dass dann nicht gegenüber der oft komplizierten gesellschaftsrechtlichen Konstruktion vorgegangen werden muss.
Fazit
Mit dieser Entscheidung ändert das OLG Hamm seine bisherige Rechtsprechung leicht ab und schwenkt vollständig auf die Linie des Bundesgerichtshofes. Im Wettbewerbsrecht kann es infolge der Inanspruchnahme mehrerer Anspruchsgegner und der daraus folgenden Addition der Streitwerte nun noch schneller zu erheblichen Kosten für eine gerichtliche Durchsetzung und die beauftragten Rechtsanwälte kommen. Während diese Entwicklung große Verlagshäuser und Unternehmen kaum betreffen wird, werden insbesondere kleine Unternehmen und Verbraucherverbänden zukünftig genau überlegen, ob sich anhand des gesteigerten Kostenrisikos eine Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen noch lohnt.
OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2015, Az. I-4 W 97/14