• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Streitwert für Unterlassungsanspruch wegen unerlaubter Werbemails und Werbeanrufe

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 17.1.2022, Az. 5 W 152/21


Streitwert für Unterlassungsanspruch wegen unerlaubter Werbemails und Werbeanrufe

Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 17.01.2022 klargestellt, dass der für einen Anspruch auf Unterlassung unerbetener Werbe-E-Mails anzusetzende Gegenstandswert mit 3.000 Euro anzusetzen ist, sofern der Adressat des E-Mail-Schreibens hierdurch in seiner Privatsphäre beeinträchtigt wird. Aufgrund einer nochmals höheren Lästigkeit und einem damit einhergehenden größeren Angriffsfaktor ist im selben Fall ein unerwünschter Werbeanruf mit 4.000 Euro anzusetzen.

Hintergrund
Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er hat die Antragsgegner, ein Energieversorgungsunternehmen und deren Geschäftsführer, auf Unterlassung unerbetener Telefonwerbung und unerbetener Zusendung von E-Mails mit werblichem Inhalt in Anspruch genommen. Hierbei waren zwei Anrufe unter der privaten Rufnummer des Antragstellers und zwei E-Mail-Schreiben Gegenstand des Unterlassungsantrages. Die an diese Adresse versandten E-Mail-Schreiben wurden über eine sogenannte Catch-all-Funktion an das Kanzleipostfach des Antragstellers weitergeleitet. Auf das Beschwerdeverfahren bezüglich einer Klage auf Unterlassung hatte nun das Kammergericht zur Ermittlung des Gegenstandswerts Stellung zu nehmen.

Wann begründen Werbe-Mails einen Unterlassungsanspruch?
Generell ist erst dann an einen Unterlassungsanspruch bei Werbe-Mails zu denken, wenn der Adressat des E-Mail-Schreibens hierdurch in seiner Privatsphäre betroffen ist und aufgrund der mit dem Empfang einer unerbetenen Werbe-E-Mail einhergehenden Belästigung in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird. Jede unverlangte Zusendung werblichen Charakters fordert ihren Empfänger daher dazu heraus, sich gedanklich mit dieser zu befassen und eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie lesenswert ist oder gar eine Reaktion erforderlich macht, etwa, weil er weiteren unerwünschten Werbe-E-Mails eines Absenders faktisch nur dadurch wirksam begegnen kann, dass er einer werbenden Ansprache ausdrücklich widerspricht. Dies bindet Zeit und bürdet dem Empfänger unerwünschten Zusatzaufwand bei der Durchsicht und Beantwortung eingehender E-Mails auf. Eine Verletzung war mit den streitgegenständlichen Mails jedenfalls gegeben.

Streitwert für ungebetene Werbemails: 3.000 Euro
Für einen Anspruch auf Unterlassung unerbetener Werbe-E-Mails hat das KG an seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten und den Gegenstandsstreitwert für die Hauptsache mit 3.000 Euro angesetzt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 19.02.2021 – 5 W 1146/20, S. 3). In ihrer Begründung führten die Richter aus, dass der Ansatz eines Wertes in Höhe von 3.000 Euro der Art und dem Umfang der mit dem Erhalt unerbetener E-Mail-Werbung einhergehenden Beeinträchtigungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Empfängers in der Regel angemessen Rechnung trage. Denn der Adressat der unerbetenen E-Mail-Schreiben sei hierdurch jedenfalls in seiner Privatsphäre betroffen und aufgrund der mit dem Empfang einhergehenden unerbetenen Belästigung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden.

Besonderes Interesse betroffener Gewerbetreibender
Auch bilde ein Streitwert für die Hauptsache i. H. v. 3.000 € regelmäßig das Interesse des Empfängers eines E-Mail-Schreibens an der Unterlassung weiterer Zusendungen von E-Mail-Werbung hinreichend ab. Denn dieser sei hierdurch in seiner gewerblichen Tätigkeit oder Berufsausübung betroffen. Damit könne er jedenfalls einen Unterlassungsanspruch wegen eines Eingriffes in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend machen, da die Mails auch im Kanzleipostfach gelandet sind.

Hochsetzen des Streitwertes bei mehreren aufeinanderfolgenden Mails
Ebenfalls ist in eine Streitwertberechnung miteinzubeziehen, ob mehrerer E-Mail-Schreiben gesendet worden sind. Hierbei ist der Streitwert angesichts des hiermit einhergehenden höheren Angriffsfaktors grundsätzlich für jedes weitere Schreiben um ein Drittel zu erhöhen. Sofern diese mehreren E-Mail-Schreiben allerdings in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, ist bereits eine Erhöhung um insgesamt 10 Prozent nach Auffassung des KG als ausreichend zu werten. Dies reiche aus, um dem erhöhten Angriffsfaktor der erneuten Belästigung durch eine weitere Zusendung mit werblichem Inhalt Rechnung zu tragen.

Sofern der Anspruchsteller neben dem werbenden Unternehmen auch dessen Geschäftsführer auf Unterlassung in Anspruch nimmt, ist sogar ein weiterer Aufschlag auf den Streitwert i. H. v. einem Fünftel je Geschäftsführer vorzunehmen.

Streitwert für ungebetene Werbeanrufe: 4.000 Euro
Vorliegend kam es allerdings auch zu unerwünschten Werbeanrufen, sodass auch für diese ein angemessener Streitwert festzusetzen war. Auch hierdurch war der Angerufene in seiner Privatsphäre betroffen und es ist aufgrund der hiermit einhergehenden Belästigung in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen worden. Mit Blick auf den im Vergleich zu einer E-Mail-Werbung erhöhten Lästigkeits- und damit auch Angriffsfaktor ist hier mit 4.000 Euro angesetzt worden. Auch hierbei konnte man sich auf eine gefestigte Rechtsprechung berufen, wenn der betroffene Verbraucher ist (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 19.02.2021 – 5 W 1144/20, S. 4). So könne nach vorstehenden Grundsätzen auch nichts anderes für einen - hier nicht gegebenen - Werbeanruf im gewerblichen oder beruflichen Umfeld gelten.

Zuschlag bei sich wiederholenden Werbeanrufen
Es war zu einem zweiten Anruf gekommen. Entsprechend der Grundsätze zur Werbe-Mail hat der Senat auch hier einen Zuschlag für einen weiteren, in inhaltlich- und unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit dem ersten Anruf stehenden Anruf vorgesehen. Dies rechtfertige nach den Ausführungen des Senats einen Zuschlag von 10 Prozent, gemessen am Wert der Hauptsache. Selbiges gelte für den Zuschlag für neben der Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch genommener Geschäftsführer, sodass auch hier - wie bereits ausgeführt - ein Zuschlag von einem Fünftel hinzuzurechnen sei.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 17.1.2022, Az. 5 W 152/21


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland