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Sorgfaltspflichten eines Bewertungsportals für Ärzte

Landesgericht Braunschweig, Urteil vom 28.11.2018, Az. 9 O 2616/17


Sorgfaltspflichten eines Bewertungsportals für Ärzte

Das Landesgericht Braunschweig entschied am 28.11.2018, dass bei Zweifel an einem tatsächlichen Arztbesuch ein Ärztebewertungsportal verpflichtet sei, sich die bestätigende Auskunft der Krankenversicherung über die Behandlung vorlegen zu lassen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der negativ bewertete Arzt dem Portal mitgeteilt habe, dass er den Patienten überhaupt nicht behandelt habe.

Welche Pflichten obliegen einem Ärztebewertungsportal?
Kläger war ein Arzt, Beklagte ein Ärztebewertungsportal. Dort hatte der Kläger eine schlechte Bewertung (Note 5,0) eines angeblichen Patienten erhalten, den er tatsächlich gar nicht behandelt hatte. Auf die Beanstandung des Klägers hin wurde die Bewertung zunächst von der Plattform genommen. Nachdem vom Bewerter eine Stellungnahme eingeholt wurde, veröffentlichte die Beklagte die Bewertung wieder. Daraufhin forderte der Kläger sie auf, die Bewertung zu entfernen. Im Wege dessen holte die Beklagte nochmals Informationen zum Arztbesuch beim Bewerter ein, woraufhin dieser die Lage der Praxis und den Zeitraum der Behandlung nannte. Nachdem der Kläger danach nochmals erfolglos die Beklagte zur Löschung die Bewertung aufforderte, klagte er.

Bewertungsportal ist mittelbarer Störer
Nach Ansicht des Landgerichts Braunschweig könne offenbleiben, ob die Beklagte unmittelbare Störerin sei. Denn sie sei zumindest als mittelbare Störerin zu betrachten. Als mittelbarer Störer hafte, wer notwendige Prüfpflichten verletze. Grundsätzlich sei die Beklagte als Hostprovider nicht verpflichtet, die Nutzerbeiträge vor Veröffentlichung auf Rechtsverletzungen zu überprüfen. Allerdings sei sie verantwortlich, sobald sie Kenntnis von einer solchen Rechtsverletzung erlangt. Vorliegend habe der Kläger ihr mitgeteilt, dass trotz schlechter Bewertung überhaupt kein Behandlungskontakt bestand. Seine Behauptung sei somit hinreichend konkret gewesen, um eine Prüfpflicht auszulösen.

Schlechte Bewertung greift in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ein
Die beanstandete Bewertung greife auch in das allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, so das Gericht weiter. Betroffen sei seine Ehre und soziale Anerkennung. Denn die schlechte Bewertung sei geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken. Sie bringe zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen seiner Tätigkeit den Patientenanforderungen nicht gerecht werde.

Eingriff ist rechtswidrig
Das Gericht erachtete den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch als rechtswidrig. Denn wenn der Bewertung keine tatsächliche Behandlung zugrunde liege, überwiege das Klägerinteresse am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden. Im Streitfall sei die Äußerung, auf dem das finale Werturteil aufbaut, unwahr. Somit bestehe kein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten. Entsprechendes gelte für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.

Bewertungsportal kam Prüfpflicht nicht ausreichend nach
Das Gericht entschied zudem, dass die Beklagte ihrer Prüfpflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. An diese Prüfpflichten seien strenge Anforderungen zu stellen. Denn der Betrieb eines Ärztebewertungsportals bringe von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsverletzungen mit sich. Die Beklagte müsse daher auf entsprechende Beanstandungen eingerichtet sein. Die durch den Portalbetrieb eröffnete Missbrauchsgefahr werde dadurch verstärkt, dass die Bewertungen regelmäßig verdeckt abgegeben werden können. Dadurch werde es den betroffenen Ärzten zusätzlich erschwert, unmittelbar gegen den Bewertenden vorzugehen. Daher müsse die Beklagte ernsthaft versuchen, die Beanstandung zu klären. Deswegen sei es auch erforderlich, den Bewertenden zur genauen Beschreibung der Behandlung aufzufordern und sich Belege übermitteln zu lassen. Weitere objektive Beweismittel seien Rechnungen, Terminkarten, Bonushefte, Rezepte und ähnliches. Eine bloße Praxisbeschreibung, die sich einfach aus dem Internet ermitteln lasse, sei jedenfalls nicht geeignet, einen Behandlungsnachweis zu ersetzen.

Beklagte hat sekundäre Darlegungslast
Auch ging das Gericht davon aus, dass tatsächlich kein Behandlungskontakt zwischen Kläger und Bewerter bestand. Zwei sei hierfür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Allerdings treffe die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast, wenn klägerseitig keine nähere Darlegung möglich sei und er keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung habe. Der Kläger habe vorgetragen, dass er im fraglichen Zeitraum keinen Patienten behandelt habe, auf den die benannten Merkmale zuträfen. Eine nähere Darlegung könne von ihm nicht verlangt werden, weil hierzu eine Vielzahl geheimhaltungspflichtiger sensibler Patientendaten offengelegt werden müssten. Dahingehend sei das Geschäftsmodell der Beklagten darauf angelegt, die Anonymität des Bewertenden sicherzustellen und zu schützen. Es könne dem Kläger daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn es ihm anhand zugänglicher Informationen nicht gelinge, den Bewerter zu identifizieren.

Landesgericht Braunschweig, Urteil vom 28.11.2018, Az. 9 O 2616/17


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