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Service-Entgelt für Schiffsreise in AGB ist unzulässig

Landgericht Koblenz, Urteil vom 30.10.2017, Az. 15 O 36/17


Service-Entgelt für Schiffsreise in AGB ist unzulässig

Mit Urteil vom 30.10.2017, Az. 15 O 36/17 entschied das Landgericht Koblenz, dass die Festlegung eines Service-Entgelts für eine Schiffsreise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig ist. Es bedürfe für eine solche Klausel vielmehr einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien; zumindest aber müsse der Verbraucher ausdrücklich auf die Bestimmung hingewiesen werden bzw. diese bestätigen.

„Trinkgeldempfehlung“ bei Angeboten für Schiffsreisen
In dem Verfahren stritten die Parteien um die Zulässigkeit einer „Trinkgeldempfehlung“ für Schiffsreisen bei entsprechenden Angeboten. Die Klägerin, die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., war mit dieser Vorgehensweise der Beklagten, welche als Reiseveranstalterin ihre Reisen nicht nur in Katalogen, Flyern, per Telefon, besonderen Anzeigen oder im Internet, sondern auch im Rahmen von Kooperationen mit verschiedenen Vertriebspartnern wie ALDI oder LIDL anbietet, nicht einverstanden. Die Textpassage fand sich in den Angeboten unter „Inklusivleistungen und Wunschleistungen pro Person“, wobei es hieß: „Trinkgeldempfehlung: Sie sind sicher gerne bereit, die Leistung der Servicecrew durch ein Trinkgeld zu honorieren. Hierfür wird auf ihrem Bordkonto ein Betrag in Höhe von 10,- € pro Person/Nacht an Bord gebucht, den Sie an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen können.“ Der Kläger mahnte die Beklagte diesbezüglich ab. Allerdings wies diese die Forderung zurück.

Kläger behauptete Verstoß gegen AGB
Aus diesem Grund ging der Kläger gerichtlich gegen die Beklagte vor. Seiner Ansicht nach handele es sich bei dem beanstandeten Teil um AGB, wobei die besagte Formulierung zum einen gegen §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 307 Abs. 1 BGB und zum anderen gegen wesentliche Grundgedanken aus § 312a Abs. 3 BGB verstoße. Für die Einbeziehung des Trinkgeldes sei eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien notwendig, da dieses als Entgelt, welches über das Entgelt für die Hauptleistung (Reise) hinausgeht, anzusehen sei. Es widerspreche dem Schutz des Verbrauchers, wenn dieser aktiv werden müsse, um die bereits erfolgte Belastung seines Bordkontos rückgängig zu machen. Es ergebe sich seinerseits deshalb ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung der streitgegenständlichen Textpassage aus § 1 UKlaG. Zudem stünden ihm auch die Abmahnkosten in Höhe von 214,00 € brutto zu.   

Beklagte bestritt wettbewerbswidriges Verhalten
Die Beklagte wehrte sich gegen die Behauptungen des Klägers mit dem Einwand, dass die besagte Formulierung lediglich eine Empfehlung darstellt und keineswegs als fester Reisepreisbestandteil zu qualifizieren ist. Der Verbraucher könne das „ob“ und ebenso die Höhe des Trinkgelds schließlich frei bestimmen. Mithin könnten keine AGB vorliegen. Außerdem würden auch schon seit geraumer Zeit die Angebote anderer Wettbewerber die Trinkgeldempfehlung in der gleichen Art und Weise umfassen. Darüber hinaus gelte die von dem Kläger ins Feld geführte Vorschrift des § 312a Abs. 3 BGB lediglich im elektronischen Geschäftsverkehr. Überdies komme die Beklagte mit der Vorgehensweise dem Verbraucher entgegen. Dieser werde nämlich schlechter gestellt, wenn das Trinkgeld bereits in den Reisepreis miteingerechnet wäre und es zu einer Stornierung der Reise käme. Für diesen Fall würden schließlich Rücktrittspauschalen von bis zu 90% des Reisepreises anfallen.

Landgericht hielt Klage für begründet
Das Landgericht Koblenz entschied jedoch nicht zugunsten der Beklagten, sondern hielt das Vorbringen des Klägers für begründet. Es gewährte diesem daher einen Unterlassungsanspruch wegen unzulässigen AGB gemäß § 1 UKlaG.

Formulierung ist nicht nur Empfehlung
Zunächst stellte das Gericht fest, dass die gegenständliche Textpassage als eine Bestimmung der AGB der Beklagten einzuordnen ist. Es handele es dabei entgegen der Ansicht der Beklagten gerade nicht um eine unverbindliche Empfehlung. Die Belastung des Bordkontos erfolge stets und kann nur durch eine Maßnahme des Verbrauchers gelöscht oder rückgängig gemacht werden. Es liege also schon eine Handlung gegen den Verbraucher vor, welche nicht bloßen Aussagecharakter hat.

Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
Im Weiteren wurde vom Landgericht die Unwirksamkeit der streitigen Formulierung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bejaht. Diese resultiere aus dem Gesichtspunkt, dass sich die Klausel wesentlich vom Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB unterscheidet. Verträge über Reiseleistungen würden grundsätzlich zu dem Anwendungsbereich des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB zählen. Dies ergebe sich aus § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB. Da die Reisen der Beklagten im Internet, in Katalogen oder telefonisch buchbar sind, sei sowohl das Merkmal des Abschlusses von Verträgen im Fernabsatz als auch die Schließung von Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen erfüllt. Der Anwendungsbereich des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB werde auch nicht durch § 312a Abs. 3 S. 2 BGB eingeschränkt, sodass sich die Norm nicht lediglich auf Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr erstrecke. Der S. 2 der Vorschrift stelle vielmehr eine spezielle Regelung zu S. 1 dar.

Entgelt-Vereinbarung muss ausdrücklich erfolgen
Das angeführte Service-Entgelt gelte ferner als Entgelt für Nebenleistungen. Es betreffe nicht die Hauptleistung selbst. Eine solche Entgelt-Vereinbarung müsse aber nach der Vorschrift des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB zwischen den Parteien zwingend ausdrücklich erfolgen. Dies bedeute, dass der Wille nicht bloß konkludent zum Ausdruck gebracht werden darf. Zwar könne eine derartige Abrede auch durch AGB erfolgen. Jedoch müsse auch hierbei das Erfordernis der Ausdrücklichkeit beachtet werden. In Betracht kämen ebenso eine gesonderte Bestätigung der getroffenen Bestimmung oder ein expliziter Hinweis hierauf. Jedenfalls müsse der Verbraucher in einer speziellen Art und Weise Kenntnis hiervon erlangen, was aber in dem Geschehen gerade nicht der Fall war. Eine bloße Erkennbarkeit durch das Lesen der AGB seinerseits genüge nicht. Das Gericht stellte außerdem klar, dass die Notwendigkeit der ausdrücklichen Abrede im Sinne von § 312a Abs. 3 S. 1 BGB nicht schon mit dem von § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB verlangten ausdrücklichen Hinweis oder dem deutlich sichtbaren Aushang gleichgestellt werden kann. Der Sinn und Zweck des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB gehe nämlich dahin, dass dem Verbraucher die Verabredung von Nebenleistungen nicht schon durch vorab verfasste Klauseln untergeschoben wird.

Ausdrücklichkeitsgebot als wesentlicher Grundgedanken
Der Umstand, dass gemäß § 312k Abs. 1 BGB von der Vorschrift des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB zu Lasten des Verbrauchers oder des Kunden nicht abgewichen werden darf bzw. keine anderweitige Umgehung der Norm erfolgen darf, zeige weiterhin, dass das Ausdrücklichkeitsgebot des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu werten ist. Eine sonstige Rechtfertigung für ein Abweichen von der angeführten Norm sei darüber hinaus nicht ersichtlich.

Klausel gilt als von der Beklagten gestellt
Ein Hindernis für das Zugestehen des Anspruchs läge auch nicht darin, dass der gegenständliche Textabschnitt offenbar auf die von der Beklagten unabhängigen Reedereien zurückgeht, schließlich  belasten diese das Bordkonto des jeweiligen Passagiers. Nach Auffassung des Gerichts seien nämlich in Anbetracht des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB auch Drittbedingungen so zu behandeln, als wären sie vom Unternehmer, also der Beklagten, gestellt worden, wenn auf der Hand liege, dass der Verbraucher hieran nicht beteiligt war. Somit sei die Beklagte auch die Verwenderin der strittigen Klausel.

Unerheblichkeit der Einwände und Wiederholungsgefahr
Zudem hielt das Landgericht auch die Einwände der Beklagten für unberechtigt. Die für den Anspruch erforderliche Wiederholungsgefahr könne außerdem aufgrund der wiederholten Verwendung der AGB vermutet werden. Neben dem Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger auch die Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 214,00 € brutto zu.

Landgericht Koblenz, Urteil vom 30.10.2017, Az. 15 O 36/17

von Sabrina Schmidbaur


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