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Schadensersatzanspruch eines Telefondienstleisters nach Kündigung

Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 03.07.2014, Az. 1 C 1490/14


Schadensersatzanspruch eines Telefondienstleisters nach Kündigung

Wenn ein Mobilfunkanbieter einen Handyvertrag außerordentlich kündigt, weil der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, hat der Provider prinzipiell Anspruch auf Schadenersatz wegen des entgangenen Gewinns. Er muss aber den entgangenen Gewinn belegen können, indem er die Spezialunkosten genau beziffert, die ihm durch die Nichtdurchführung des Vertrages nach der Kündigung erspart blieben. Wenn der Telekommunikationsdienstleister diesen Nachweis nicht erbringt, kann er bestenfalls den Ersatz des Schadens bis zur außerordentlichen Kündigung beanspruchen. So entschied das Amtsgericht Stuttgart in einem Urteil vom 3. Juli 2014.

Zum Urteil

Der Provider - im Folgenden Klägerin des Prozesses - hatte die später beklagte Kundin nach ausbleibenden Zahlungen und der eigenen Kündigung des Mobilfunkvertrages zunächst fruchtlos gemahnt, die Rückstände zu begleichen, und dann beim Amtsgericht Hagen einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Hiergegen legte die Beklagte Widerspruch ein. Daraufhin klagte der Provider. Den Widerspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid verwarf das Amtsgericht Stuttgart, es verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 721,90 Euro plus Zinsen sowie 105,20 Inkassokosten an die Klägerin. Die übrige Klage, die einen auf einen Streitwert von 3.189,87 Euro lautete, wurde abgewiesen. Diesen Streitwert hatte der Provider wegen seines entgangenen Gewinns angesetzt, ohne diesen hinreichend belegen zu können.

Tatbestand

Die beiden Parteien hatten im Juli 2012 einen Mobilfunkvertrag mit 24 Monaten Mindestlaufzeit abgeschlossen. Zum Vertrag gehörten insgesamt vier SIM-Karten, eine Flatrate (Superflat) für Inlandsgespräche und ein Versicherungsschutz für zwei Mobiltelefone. Der Tarif des Vertrages wurde im August 2013 geändert, die Laufzeit verlängerte sich wiederum um 24 Monate. Der monatliche Nettobasispreis betrug nun 128,52 Euro und hätte eine Inlandsflatrate enthalten, während bei Auslandsaufenthalten der Beklagten Rooming-Gebühren angefallen wären. Die Beklagte geriet mit den Zahlungen ab Juni 2013 in Verzug und wurde fruchtlos gemahnt. Im November 2013 kündigte die Klägerin den Vertrag und verlangte Schadenersatz von 730,10 Euro aus den Vormonaten, einen gesonderten (nicht näher erklärten) Basispreis von 37,30 Euro und einen Ersatz für den Kündigungsschaden wegen der noch offenen 20 Monate Laufzeit von 2.422,47 Euro. Die Beklagte zahlte nicht, es folgten ein gerichtliches Mahnverfahren und ein Inkassoverfahren. Hierfür verlangte die Klägerin insgesamt 451,10 Euro. Sämtliche hier dargelegten Zahlen entstammen dem Gerichtsreport, wer nachrechnet, wird leichte Unstimmigkeiten (Rechenfehler?) entdecken, die wir unkommentiert lassen. Wir beschränken uns auf das Wesentliche: Der Provider verlangt bei einer außerordentlichen Kündigung sämtliche Basisentgelte (bei einer Flatrate sind diese gut feststellbar) bis zum ordentlichen Vertragsende, das Gericht sprach ihm aber nur die Zahlungsrückstände bis zur außerordentlichen Kündigung zu.

Begründung des Amtsgerichtes Stuttgart

Die Begründung ist sehr umfangreich, auch hier müssen wir stark straffen und auf das Wesentliche fokussieren. Vom Grundsatz her kann der Provider seinen entgangenen Gewinn verlangen, der Streitwert wäre also prinzipiell berechtigt (§ 252 BGB, entgangener Gewinn), wenn auch nicht in diesem Umfang. Das ist eine Warnung an Telefonkunden, die einfach nicht mehr die Rechnung bezahlen. Der Provider argumentierte zu Recht, dass die teure Infrastruktur vorgehalten werden muss, auch wenn einzelne Kunden nicht telefonieren und es zu Vertragsausfällen kommt. Daher ist die Klage zulässig. Das Gericht verlangte jedoch von der Klägerin einen genauen Beleg von ersparten Spezialunkosten, weil die Beklagte das Telefonnetz nicht mehr beanspruchte. Diesen Beleg erbrachte die Klägerin nicht und konnte ihn wohl auch nicht erbringen, weil sie nach Auffassung des Stuttgarter Landgerichts mit ihren Kapazitäten - es handelt sich um einen Provider mit eigenem Netz - an der Grenze der Belastbarkeit arbeitet. Hierfür sieht das Amtsgericht Stuttgart mindestens zwei Indizien:
•    Vor dem AG Stuttgart häufen sich die Rechtsstreitigkeiten zwischen diesem Provider und seinen Kunden.
•    Das Netz des Providers bricht in Ballungsräumen gelegentlich zusammen.

Der wahrscheinliche Schaden ist möglicherweise gar nicht eingetreten, weil nach Auffassung der Stuttgarter Richter der Provider mit außerordentlichen Kündigungen rechnet und daher Investitionen in sein Netz im nötigen Umfang unterlässt. Daher sind auch Spezialunkosten nur schwer zu belegen. Auch wenn sie entstünden, könnten sie kaum 100 % der Vertragskosten betragen, andere Provider pauschalieren solche Kosten auf 50 % von Flatrate-Verträgen. Letzten Endes ist aber der fehlende Beleg der Spezialunkosten ausschlaggebend. Daher spricht das Gericht der Klägerin nur die offenen Zahlungen bis zur außerordentlichen Kündigung zu. Ein Teil der Mahn- und Inkassokosten ist ebenfalls berechtigt.

Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 03.07.2014, Az. 1 C 1490/14


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