Schadensersatz bei rechtswidriger herabsetzender Kritik
Schadensersatzpflicht bei Kündigungen durch herabwürdigende Handlung; volle Gebührenberechnung bei Veränderung des Abschlussschreibens.
1. Veröffentlicht ein Mitbewerber herabwürdigende Darstellungen, wozu auch die Namens- und Adressnennung im Zusammenhang mit Gerichtsprozessen gehören kann, und verliert dadurch der Geschädigte seine Kunden, so ist der Schädigende zum Schadensersatz verpflichtet. Hierbei müssen jedoch Einsparungen bzw. neue Einnahmen durch „Ersatzkunden“ gegengerechnet werden.
2. Wird durch einen Rechtsanwalt ein neues Abschlussschreiben aufgesetzt, welches zwar lediglich Standardformulierung enthält, diese jedoch wesentlich von vorherigen Formulierungen abweichen, so ist eine volle Berechnung der Gebühren zulässig.
Hintergrund waren verschiedene Veröffentlichungen eines Mitbewerbers, in denen er u.a. unter voller Namens- und Anschriftennennung rechtskräftige Urteile, Einstweilige Verfügungen etc. sowie in Stichworten Wettbewerbsverstöße auflistete. Beide Unternehmer waren in der Anzeigenwerbung tätig. Durch die besagten Einträge sahen sich mehrere Kunden genötigt, ihre auf mehrere Jahre abgeschlossenen Werbeverträge beim Geschädigten fristlos zu kündigen.
1.1. Die Veröffentlichung von Urteilen mit voller Namens- und Adressnennung stelle regelhaft eine Herabsetzung des Mitbewerbers nach § 4 Nr. 7 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar, es sei denn, ein erhöhtes Verbraucherschutzinteresse läge vor, so das Gericht. Dabei komme auch die stichwortartige Auflistung von Wettbewerbsverstößen dem Verbraucherschutz nicht entgegen, da der Verbraucher hieraus keine ausreichenden Informationen beziehen könne.
1.2. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung und der Kündigung müsse belegbar sein.
1.3. Auf die Werbeverträge sei Werksrecht anzuwenden (§ 649 BGB), das Werk würde durch den Druck erstellt (vgl. OLG Düsseldorf, Az. 21 U 198/06). Auch bei einer Mindestvertragslaufzeit sei laut BGH jedoch eine freie Kündigung weiterhin möglich. Der Beweis, dass dem Geschädigten kein Gewinn entgangen wäre, sei in diesem Zusammenhang vom Schädigenden zu führen. Hierbei seien lediglich jene Vertragsklauseln maßgeblich, die individuell getroffen wurden. Auch wenn dabei der Geschädigte nicht versucht habe, die Leistungen der Kunden einzuklagen, wäre sein Mitverschulden auszuschließen.
1.4. Allerdings könne der Geschädigte lediglich Schadenersatz für das Vertragsjahr der Kündigung geltend machen. Hier greife nämlich nicht Werksrecht (§ 649 BGB) sondern die §§ 9 UWG (Schadensersatz) und 252 BGB (entgangener Gewinn). Den Beweis, dass der Geschädigte Kosteneinsparungen tatsächlich hatte, obliege dabei dem Schädigenden. Der Geschädigte hingegen müsse belegen können, dass er keine Möglichkeiten hatte, in den Folgejahren Ersatz für die kündigenden Kunden zu finden.
2.1. Wenn ein Rechtsanwalt ein neues Abschlussschreiben aufsetze, müsse darauf geachtet werden, ob dieses Schreiben aus der Sicht des Klägers notwendig war und sich darin Formulierungen fänden, die eindeutig vom vorherigen Abschlussschrieben abwichen, somit eine weitere Prüfung notwendig machten. Wäre dies der Fall, so sei die übliche Gebühr anzusetzen.
In der Praxis bedeutet dies, dass auch die Veröffentlichung des vollständigen Namens und der Adresse eines in einem Prozess verurteilten Mitbewerbers für den Veröffentlichenden einen Verstoß gegen § 4 UWG bedeuten kann, also eine Herabwürdigung vorliegt. Die Nennung dieser Angaben ist nur bei einem Schutzbedürfnis der Verbraucher zulässig. Entgehen dem Geschädigten dadurch Kunden (z.B. durch Kündigung), so ist der Veröffentlichende zum Schadensersatz verpflichtet. Hierbei muss er evtl. Einsparungen belegen, der Geschädigte hingegen muss vorbringen, warum er keinen Ersatz finden konnte. Bei längerfristigen Werksverträgen ist u.U. nur eine Entschädigung für das Jahr der Kündigung zu zahlen. Weiterhin sagt das Urteil, dass auch bei geringfügigen Abweichungen in Abschlussschreiben von Rechtsanwälten die volle Gebühr hierfür zu entrichten ist, sie darf nicht „im Wesentlichen“ mit dem vorherigen Abschlussschreiben übereinstimmen.
OLG Frankfurt, Urteil vom 19.09.2013, Az. 6 U 105/12