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Sammelaktionen auf Schokoriegeln

BGH, Urteil vom 17.07.2008, Az. I ZR 160/05


Sammelaktionen auf Schokoriegeln

Der mit dem Wettbewerbsrecht beschäftigte Zivilsenat des Bundegerichtshofes hatte über eine Sammelaktion für Schokoladen-Riegel zu entscheiden, die sich auch an Kinder und Jugendliche richtete.

Der bekannte Süßwarenkonzern Nestlé hatte für seine Schokoriegel „Nuts“, „Kit-Kat“ und „Lion“ eine auch an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbeaktion durchgeführt. Die Verpackung jedes Schokoriegels war mit einem Sammelpunkt, dem sogenannten N-Screen, versehen. Wer 25 Sammelpunkte vorweisen kann, erhält einen Gutschein in Höhe von fünf Euro. Diese Sammelaktion bedeutet, dass 25 gekaufte Schokoriegel, Einzelpreis 0,40 Euro, Gesamtpreis 10 Euro, zu dem ausgelobten Gutschein führen. Dieser Gutschein ist jedoch zweckgebunden, denn er kann nur eingelöst werden, wenn der Inhaber Waren bei dem Versandgroßhändler Amazon einkauft.

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale ging als Kläger gegen den Süßwarenkonzern vor und nahm ihn auf Unterlassung in Anspruch. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Werbeaktion von Nestlé wettbewerbswidrig ist, da sie sich auch an Kinder und Jugendliche richte und deren unbeschränkte Sammelfreude ausnutze. Die Sammelaktion sei dazu geeignet, eine rationale Kaufentscheidung bei dieser Zielgruppe zu verdrängen. Das Landgericht hatte der Klage in erster Instanz stattgegeben, während das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen hatte.

Der Bundesgerichthof bestätigt die Entscheidung der Berufsinstanz. Die Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen steht außer Frage. Werbeaktionen, die dazu geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit dieser Zielgruppe (§ 1 UWG, § 4 Nr. 2 UWG) auszunutzen, sind wettbewerbswidrig. Dennoch hat der BGH ausgeführt, dass nicht jede zielgerichtete Beeinflussung von minderjährigen Verbrauchern wettbewerbswidrig ist. Dies bedeutet, dass nicht jede an Minderjährige gerichtete Sammel- und Treueaktion automatisch rechtlich unzulässig ist. Die ökonomischen Folgen einer Teilnahme an dieser Sammelaktion könne auch von dieser minderjährigen Zielgruppe hinreichend genau überblickt werden. Außerdem hätten Kinder und Jugendliche im Bereich der streitgegenständlichen Schokoriegel ausreichende Produkt- und Marktkenntnisse. Zu beachten sei ferner, dass die Süßwaren zu dem marktüblichen Preis von 0,40 Euro angeboten werden. Die Teilnahme an dieser Sammelaktion bewege sich demzufolge im Rahmen des üblichen von den Erziehungsberechtigen zur Verfügung gestellten Taschengeldes (§ 110 BGB, Taschengeldparagraph). Die Kinder und Jugendlichen müssen demzufolge 25 Schokoriegel mit einem Gesamtwert von zehn Euro erwerben, um den in der Sammelaktion ausgelobten Gutschein in Höhe von fünf Euro zu erhalten. Die Werbe- und Treueaktion sei hinreichend transparent gestaltet gewesen, ein wettbewerbswidriger Zeitdruck habe nicht bestanden. Außerdem hat die Berufungsinstanz rechtsfehlerfrei angenommen, dass die jugendliche Zielgruppe hinsichtlich des Versandhändlers Amazon genau informiert ist. Die Jugendlichen sind darüber informiert, dass es dort nur eine begrenzte Anzahl an Waren im Wert von fünf Euro zu kaufen gibt und dass gegebenenfalls regelmäßig eine Zuzahlung zu leisten ist.

Die BGH-Richter bewerten den von Nestlé ausgelobten Gutschein als positiv, da er dazu führe, dass die Jugendlichen mit dem Betrag von fünf Euro Wünsche, die sie ansonsten komplett über ihr Taschengeld finanzieren müssen, schneller realisieren können. Ferner geht der BGH davon aus, dass der Gutschein bei Jugendlichen, denen Amazon kein Begriff ist oder die sich nicht für den Versandhändler interessieren, keinen Kaufwunsch auslöst. Die EU-Rechtsprechung hinsichtlich unlauterer Geschäftspraktiken spiele in dieser Hinsicht keine Rolle.

BGH, Urteil vom 17.07.2008, Az. I ZR 160/05


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