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Rufschädigung vs. Informationsinteresse

LG Köln, 15 W 1/14


Rufschädigung vs. Informationsinteresse

Das Oberlandesgericht Köln hat durch Beschluss vom 20.01.2014 zum Aktenzeichen 15 W 1/14 darüber entschieden, wie weit kritische Einzelfall- Berichterstattung über die Zinsberechnungspraktik einer Bank Anhaltspunkte zur Identifizierung dieser Bank enthalten darf.

Die Antragstellerin ist ein auf Autofinanzierung spezialisiertes Bankunternehmen. Die Antragsgegnerin berichtete im Rahmen eines Finanzinformationsdienstes im Internet über Vorgänge aus dem Wirtschafts- und Finanzwesen.
Thema der streitgegenständlichen Meldung vom 30.09.2013 war das Schicksal einer alteingesessenen Autohaus-Familien-GmbH, deren letzter Geschäftsführer seinen Posten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten aufgeben musste. Seine Familie hatte das Autohaus über viele Jahre hinweg erfolgreich geführt. Als Grund für den Niedergang des eingesessenen Wirtschaftsunternehmens wurde neben schlechter Zahlungsmoral von Kunden und der allgemeinen Wirtschaftskrise das Verhalten der Antragstellerin benannt. Im Pressebericht der Antragsgegnerin wurde die Antragstellerin in identifizierbarer Form als Autobank des beschriebenen Unternehmens vorgestellt.

Bei der näher ausgeführten Verfahrensweise zur Finanzierung des Gebrauchtwagenhandels zitierte die Antragsgegnerin den letzten Geschäftsführer und einen von ihm als Gutachter zugezogenen Kontenprüfer. Sie kamen zu der Feststellung, dass die Antragstellerin über längere Zeiträume hinweg zu hohe Zinsen berechnet habe. Damit habe sie entscheidend zum wirtschaftlichen Ruin des Autohauses beigetragen.
Eine konkrete Stellungnahme der Antragstellerin zu den Ausführungen im Pressebericht wurde vor der Veröffentlichung des Berichts nicht eingeholt. Es wurde lediglich erwähnt, dass die Antragstellerin ihre Berechnungen dem Betroffenen Geschäftsführer gegenüber als „korrekt“ verteidigt habe.
Zielrichtung des veröffentlichten Presseberichts ist neben der Information über den Einzelfall auch die Aufforderung, die von Banken durchgeführten Zinsberechnungen aufmerksam zu prüfen und sich gegebenenfalls gegen zu hohe Zinsberechnungen rechtzeitig zur Wehr zu setzen.

Die Antragstellerin hatte beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, um der Antragsgegnerin untersagen zu lassen, in weiteren Artikeln mit ähnlichem Inhalt Beschreibungen zu benutzen, die eine Identifikation der Antragstellerin als Bankunternehmen ermöglichten. Der Antrag wurde dort abgewiesen und die Antragstellerin legte Beschwerde beim Oberlandesgericht Köln ein.

Die Antragstellerin befürchtet, dass ihre Kunden das Vertrauen verlieren und dass deshalb wirtschaftliche Einbußen im Rahmen von Kreditgeschäften drohen könnten. Durch die Berichterstattung werde die Antragstellerin für ihre angeblich zu hoch berechneten Zinsforderungen an den Pranger gestellt. Es werde sogar suggeriert, dass die hohen Zinsberechnungen für den wirtschaftlichen Misserfolg des beschriebenen Unternehmens ursächlich gewesen wären. Dabei sei weder behauptet noch bewiesen worden, dass es zur ständigen Geschäftspraktik der Antragstellerin gehöre, ihren Kunden zu hohe Kreditzinsen zu berechnen.
Die Richter des 15. Senats beim Oberlandesgericht Köln haben als Beschwerdeinstanz entschieden, dass der Antragstellerin aufgrund der § 823 Absatz 1 BGB in analoger Verbindung mit § 1004 Absatz 1 BGB ein Anspruch auf Unterlassung von identifizierender Berichterstattung zusteht. Zu den von § 823 BGB geschützten Rechten gehört auch das „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“. Dieses Recht kann derjenige verletzen, der ohne einen ausreichenden Rechtfertigungsgrund negativ über den Gewerbebetrieb eines anderen berichtet und dabei die Verursachung von Schaden billigend in Kauf nimmt. Als Rechtfertigungsgrund einer öffentlichen Berichterstattung kommt immer das öffentliche Interesse daran, über bestimmte Vorgänge informiert zu werden, in Betracht.

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin nicht allgemein über Banken und ihre Zinsberechnungspraktiken aufgeklärt. Sie hat einen Artikel über den wirtschaftlichen Niedergang eines bestimmten Unternehmens verfasst und die konkreten, in diesem Einzelfall vorhandenen Hinweise auf mögliche Gründe dafür beleuchtet. Die Antragstellerin fühlt sich nach Ansicht der Richter hier zu Recht „an den Pranger gestellt“. Die Berichterstattung über diesen Einzelfall, der zur Zeit des Erscheinens einem ordentlichen Gericht zur Entscheidung vorlag, war deshalb hinsichtlich der Identität der Antragstellerin nicht vom öffentlichen Informationsinteresse gedeckt.
Aus diesen Gründen entschied das Oberlandesgericht Köln, die vom Landgericht getroffene Entscheidung abzuändern und die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen. Die Antragsgegnerin hat es danach zu unterlassen, die Antragstellerin zu beschreiben und dabei Merkmale wie die Geschäftsbezeichnung, den geschäftlichen Tätigkeitsbereich, aber auch den Geschäftssitz oder etwaige gesellschaftsrechtliche Details zu verwenden.

OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2014, Aktenzeichen 15 W 1/14


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