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Rügefrist in allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig

OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2012, Az. I-4 U 48/12


Rügefrist in allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig

In einem Rechtsstreit zwischen zwei konkurrierenden Onlinehändlern hat das OLG Hamm eine AGB-Klausel, durch die dem Verbraucher eine Ausschlussfrist zur Rüge offensichtlicher Mängel gelieferter Waren gesetzt wird, für unwirksam befunden. Einer der beiden Händler hatte Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die folgende Klausel enthielten: "Etwaige offensichtliche Mängel sind unverzüglich spätestens jedoch zwei Wochen nach Übergabe des Kaufgegenstandes dem Anbieter gegenüber schriftlich anzuzeigen“. Ein Mitbewerber hielt diese Fristsetzung für wettbewerbswidrig und beantragte bei Gericht, die Verwendung der Klausel durch eine einstweilige Verfügung zu untersagen. Das Landgericht sah dazu keine Veranlassung. Es hielt die Klausel für zulässig, weil das Gesetz nur Ausschlussfristen für die Rüge von nicht offensichtlichen Warenmängeln verbiete. Die beanstandete Klausel beziehe sich jedoch nur auf offentliche Mängel. Auf die Berufung der Antragstellerin hat das OLG Hamm diese Entscheidung korrigiert und einen Verstoß der Klausel gegen § 475 Abs. 2 BGB bejaht. Das Klauselverbot in § 309 Nr. 8 b) ee) BGB beziehe sich zwar nur auf Ausschlussfristen, die dem Vertragspartner zum Anzeigen von nicht offensichtlichen Warenmängeln gesetzt würden. Daraus könne geschlossen werden, das Ausschlussfristen bei offensichtlichen Mängeln generell zulässig seien. Allerdings könne dies nicht gelten, wenn ein sog. Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 BGB zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher vorliege. Für den Verbrauchsgüterkauf sei die spezielle Verbraucherschutznorm des § 475 BGB anzuwenden. Die Vorschrift verbiete die Vereinbarung einer Rügepflicht, die von den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum Nachteil des Verbrauchers abweiche und zu einer Einschränkung der Mängelrechte des Verbrauchers führe. § 309 BGB diene zwar auch dem Schutz des Verbrauchers, betreffe aber nur dispositives Recht und könne die spezielle Schutzregelung in § 475 BGB, die ihm vorgehe, nicht einschänken. Der Gesetzgeber hätte zwar bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie die Möglichkeit gehabt, eine mindestens zweimonatige Ausschlussfrist für offenkundige Mängel gesetzlich festzuschreiben, habe aber davon abgesehen, so dass im geltenden Recht eine solche Ausschlussfrist nicht existiere. Die Vereinbarung einer Rügepflicht bei einem Verbrauchsgüterkauf stelle daher eine Abweichung vom geltenden Recht im Sinne von § 475 BGB dar. Die beanstandete Klausel sei zudem auch geeignet, den Verbraucher zumindest mittelbar in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Der Antragsgegner als Verwender der beanstandeten Klausel habe erkennbar darauf spekuliert, dass der Käufer offensichtliche Mängel in Unkenntnis der Rügeobliegenheit verspätet anzeigen werde. Die Ausschlussklausel könne beim Verbraucher den Eindruck erwecken, dass er nach Versäumung der Rügefrist keine Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln mehr geltend machen könne, auch wenn dies in der Klausel nicht ausdrücklich geregelt sei. Der Verbraucher werde nicht annehmen, dass die Fristversäumung für ihn ohne Sanktionen bleibe. Die AGB-Klausel sei daher geeignet, den Käufer von der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen nach Ablauf der Frist abzuhalten und seine Rechte insoweit einzuschränken. Wegen Verstoßes gegen Verbraucherschutzbestimmungen sei die Klausel daher unzulässig. Das OLG Hamm hat in der Verwendung der gesetzeswidrigen Klausel auch eine unlautere geschäftliche Handlung und damit einen Wettbewerbsverstoß gesehen. Es handele sich nicht um eine Bagatelle im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG (alte Fassung bis November 2015). Der festgestellte Verstoß gegen die Verbraucherschutznorm des § 475 BGB führe zu einer Einschränkung der Gewährleistungsrechte des Verbrauchers, der von einem Rechtsverlust bei Versäumung der Rügefrist ausgehe. Dadurch werde der Verbraucher zwangsläufig erheblich beeinflusst und in seiner Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt. Das OLG Hamm hatte zudem wegen zweier unterschiedlicher Widerrufsbelehrungen, die der Antragsgegner verwendet hatte, einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht festgestellt. Auch darin hat es eine wettbewerbswidrige Handlung gesehen. Bei der Unterrichtung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht gehe es um wesentliche Informationen, die ihm Voraussetzungen, Frist und Bedingungen eines Widerrufs korrekt vermitteln müssten, um ihm eine unbeeinflusste Entscheidung zu ermöglichen.

OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2012, Az. I-4 U 48/12


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