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Rückzahlung bei einem gekündigten Internet-System-Vertrag

BGH, Urteil vom 08.01.2015, Aktenzeichen VII ZR 6/14


Rückzahlung bei einem gekündigten Internet-System-Vertrag

Der Bundesgerichtshof hat am 08.01.2015 zum Aktenzeichen VII ZR 6/14 in der Revisionsinstanz ein Urteil in einer vertragsrechtlichen Auseinandersetzung verkündet.

Es ging bei dem Rechtsstreit zwischen der Inhaberin eines Ingenieurbüros und einer Firma, die Internetleistungen erbringt, um die Rückzahlung von bereits gezahlten Entgelten nach der Kündigung eines bisher ohne Verschulden der Verpflichteten noch nicht erfüllten Internet-System-Vertrages. Die Klägerin hatte am 09.09.2008 mit dem Beklagten einen Internet-System-Vertrag abgeschlossen. Die Beklagte sollte innerhalb einer Vertragslaufzeit von 48 Monaten verschiedene Dienstleistungen erbringen, die mit der Betreuung einer von ihr einzurichtenden Internetpräsenz zu tun hatten. Zu diesen Aufgaben gehörten neben der Erstellung einer Internetpräsenz für die Firma der Klägerin deren Nutzungsüberlassung, die regelmäßige Betreuung und das Hosting. Schon am Tag nach dem Vertragsschluss erklärte die Klägerin der Beklagten, dass sie die Leistungen erst später abrufen könne, weil eine Änderung der Firmierung anstehe. Die Parteien verständigten sich darauf, dass sie trotzdem die monatlich fälligen Zahlungen und den einmalig zu zahlenden Anschlusspreis entrichtete. Sie leistete ihre Zahlungen "vorbehaltlich der nachträglichen Leistungserbringung“. Mehr als 3 Jahre später, am 02.12.2010, kündigte die Klägerin den Vertrag endgültig, weil die Umfirmierung immer noch nicht stattgefunden hatte und auch nicht absehbar war. Ihre bis dahin geleisteten Zahlungen in Höhe von inzwischen 5.806,01 € verlangte sie vom Beklagten mit Zinsen zurück, weil die vereinbarte Leistung nicht erbracht worden sei. Diese Feststellung entspricht der Wahrheit und wird von keiner der Parteien bestritten.

Die Klägerin verlangte vom Beklagten eine Abrechnung des gekündigten Vertrages unter Berücksichtigung der von ihr geleisteten Vorauszahlungen. Zu einer solchen Abrechnung über bereits erbrachte und über noch ausstehende Leistungen ist der Unternehmer nach § 649 BGB verpflichtet, wenn der Auftraggeber den Werkvertrag vorzeitig beendet hat. Dabei sollen die eingesparten Aufwendungen und Kosten erkennbar werden. Die Beklagte hielt der Klägerin entgegen, keine nennenswerten Kosten eingespart zu haben. Ihre Aufwendungen seien einzelvertragsunabhängig, weil sie mit bei ihr fest angestellten Mitarbeitern eine große Anzahl von Aufträgen, die inhaltlich dem der Klägerin entsprechen, bearbeite. Durch die von der Klägerin veranlasste, vorläufige Aussetzung des Leistungsbeginns seien kostentechnisch keine weiteren Veränderungen eingetreten. Als erspart erkannte die Beklagte folgende Kostenpositionen an: 421,55 € als Fahrt-, Porto- und Registrierungskosten und Büromaterial, 103,-- € für nicht notwendig gewordenen Einsatz freier Mitarbeiter, 139,68 € an Hosting Kosten, insgesamt 664,23 €.

In erster Instanz hatte das Landgericht Düsseldorf der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht als Berufungsgericht hatte das Urteil aufgehoben und die Klage bis auf einen von der Beklagten anerkannten Betrag in Höhe von 31,24 € abgewiesen. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Revision beim Bundesgerichtshof ein. Die Revision wurde von den Richtern des siebenten Senats am Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Zunächst stellten die Richter fest, dass Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB hier durch die eingegangenen Vertragsbeziehungen ausgeschlossen seien. Die in § 649 BGB beschriebene Abrechnung steht der Klägerin nach ihrer vorzeitigen Kündigung des Werkvertrages zu. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes hat die Beklagte im vorliegenden Fall allerdings bereits eine korrekte Abrechnung vorgelegt. Aufgrund der nicht von der Beklagten zu vertretenden Vertragssituation stellte sich die Lage so dar, dass noch keine Leistung erbracht worden war. Die Beklagte trat durch ihre Berechnungen, die sie durch Vorlage von aussagekräftigen Unterlagen wie ihrem Jahresabschluss und durch konkreten Vortrag zu Personalkosten sowie Anzahl der im betreffenden Jahr abgeschlossenen Verträge hinreichend nachvollziehbar darlegte, den Nachweis an, nicht mehr als die aufgeführten Positionen im Gesamtwert von 664,23 € eingespart zu haben.

Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, einen Gegenbeweis zu erheben, hat diese Möglichkeit jedoch nicht genutzt. Die in der Vorschrift des § 649 BGB in aktueller Fassung enthaltene Vermutung, dass ein Entgelt für nicht erbrachte Leistungen mit 5 % des angesetzten Betrages zu beziffern ist, wurde erst 2009, also nach dem hier streitgegenständlichen Vertragsschluss, eingeführt.

BGH, Urteil vom 08.01.2015, Aktenzeichen VII ZR 6/14


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