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"Rotbäckchen" mit gesundheitbezogegen Angaben

BGH, Urteil vom 10.12.2015, Az. I ZR 222/13


"Rotbäckchen" mit gesundheitbezogegen Angaben

Der BGH hat seine Rechtsprechung für zulässige gesundheitsbezogene Angaben auf Lebensmitteln weiter konkretisiert. Die Angaben „Lernstark“ und „ mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ sind noch zulässige Angaben, die noch keine unzulässige gesundheitsbezogenen Werbungsaussagen darstellen. Wettbewerbsrechtlich seien derartige Angaben daher nicht zu beanstanden.

Sachverhalt
Die Beklagte hat die Rotbäckchen-Vertriebs GmbH übernommen. Diese produziert vertreibt den Mehrfruchtsaft „Rotbäckchen“ in verschiedenen Flaschengrößen. Das Etikett dieses Saftes bildet ein blondes Mädchen mit roten Wangen ab. Das Mädchen trägt ein blaues Kopftuch. Insgesamt soll die Szene den Markennamen “Rotbäckchen“ illustrieren. Unter dieser Abbildung befinden sich die Angaben „Lernstark“ und „mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit.

Hiergegen richtete sich der klagende Verbraucherverband. Er sah in diesen werbenden Aussagen einen Verstoß gegen die Vorschriften der EG-Verordnung Nr. 1924/2006, welche sich auf nährwert- und gesundheitliche Angaben bezieht. Insbesondere sind nach dieser sogenannten Health-Claims Verordnung gesundheitliche Angaben in normalen Lebensmitteln nur in engen Grenzen möglich sind. Grund ist, dass eine Abgrenzung zwischen Lebensmitteln und Medikamenten jederzeit möglich sein soll. Aus diesem Grund verklagte der Verbraucherschutzverband die Beklagte auf Unterlassung dieser Angaben.

Das Landgericht hat in der ersten Instanz der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht Koblenz hat diese Entscheidung bestätigt. Als Begründung führten beide Gerichte an, dass die Angaben „Lernstark“ und „Mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ gegen die EG-Verordnung verstoßen. Insbesondere verstoßen diese Angaben gegen Art. 10 der EG-Verordnung, welche insbesondere einen Schutz der Kinder vor gesundheitsbezogenen Angaben bezweckt. Da sich der Mehrfurchtsaft „Rotbäckchen“, sowohl geschmacklich als auch vom Etikett, vornehmlich an Kinder und Jugendliche richtet, sei ein besonders hohes Schutzniveau geboten.

Entscheidung
Der BGH teilt diese Ansicht der Instanzgerichte nicht und urteilte zugunsten des Herstellers des „Rotbäckchen“ Mehrfruchtsaftes. Beide Angaben der Beklagten verstoßen nicht gegen Art. 10 der EG-Verordnung 1924/2006. Die Angaben, wonach Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit beiträgt, ist in der Verordnung als zulässige Angaben enthalten. In der Verordnung ist die Formulierung „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“ ausdrücklich aufgeführt. Die nur leicht geänderte Angabe der Beklagten wird von dieser Formulierung daher vollständig gedeckt, da nach Art. 14 dieser EG-Verordnung Angaben über die Gesundheit und Entwicklung von Kindern nicht generell unzulässig sind.

Die generelle Angabe „Lernstark“ ist ebenfalls zulässig. Bei dieser Angaben handelt es sich um eine allgemeine Beschreibung. Diese ist dann zulässig, wenn sie in Verbindung mit einer zugelassenen Angabe erfolgt und daher lediglich beschreibenden Charakter hat. Der Art. 10 Abs. 3 der EG-Verordnung lässt eine derartige Verweisung allgemeiner Begrifflichkeiten mit einer zugelassenen Angabe ausdrücklich zu Daher bezieht sich das „Lernstark“ vorliegend auf die Angabe, wonach Eisen zu einer gesunden kognitiven Entwicklung von Kindern beitrage. Es dient daher nur als allgemeine Umschreibung der Wirkung des Eisens, da eine positive kognitive Entwicklung durchaus mit dem Begriff „Lernstark“ beschrieben werden kann. Die Angaben sind daher wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

Fazit
Der BGH hat mit dieser Entscheidung der Tendenz der Instanzgerichte zu einer sehr strikten Kontrolle gesundheitsbezogener Angaben bei Lebensmitteln eine Abfuhr erteilt. Mit nachgewiesenen medizinischen Wirkungen darf weiterhin nur bei Medikamenten geworben werden. Mit den zugelassenen gesundheitlichen Angaben kann aber auch für Lebensmittel geworben werden. Heilungsversprechen und medizinische Wirkungen sind damit nicht verbunden. Mit dieser Entscheidung hat der BGH auch zu einer europaweit einheitlichen Anwendung der gesundheitlichen Angaben für Lebensmittel beigetragen.

BGH, Urteil vom 10.12.2015, Az. I ZR 222/13


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