Risiken einer beschränkten Unterlassungserklärung
Mit Urteil vom 02.09.2016 hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass sich eine abgegebene Unterlassungserklärung, die sich nur auf die in der Erklärung benannten Produkte bezieht und sich nicht auf ganze Produktgruppen erstreckt, die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.
Beschränkt sich eine abgegebene Unterlassungserklärung lediglich auf das konkret wettbewerbswidrig beworbene Produkt, wird damit eine Wiederholungsgefahr nur für das in der Unterlassungsverfügung enthaltene Produkt ausgeräumt. Keinesfalls findet eine Ausweitung der Unterlassungserklärung statt. Die Unterlassungserklärung erfasst insbesondere nicht die gesamte Produktgattung. Bezüglich aller nicht in der Unterlassungserklärung enthaltenen Produkte der gleichen Produktgattung besteht daher weiterhin eine Wiederholungsgefahr. Diesbezüglich besteht mithin auch ein Unterlassungsanspruch für die weiteren Produkte.
Sachverhalt
Die Antragsgegnerin warb mit fachlichen Empfehlungen für einige Arzneimittel. Hiervon betroffen waren unter anderem die Medikamente Maaloxan und Nagel Batrafen. Die Werbung mit fachlichen Empfehlungen für Arzneimittel unterliegt aufgrund der besonderen Anwendung und des Schutzes der Patienten besonders hohen Anforderungen und ist grundsätzlich unzulässig.
Hiergegen richtete sich der Antragsteller und forderte die Antragsgegnerin zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Die Unterlassungsbeschränkung erfasste lediglich die beiden Medikamente Maaloxan und Nagel Batrafen. Die weiter beworbenen Arzneimittel waren von der Unterlassungserklärung nicht umfasst.
Die Parteien stritten nun darüber, ob die abgegebene Unterlassungserklärung für einzelne Arzneimittel auch eine Unterlassung für alle anderen Arzneimittel umfasst, oder ob bezüglich der nicht in der Unterlassungserklärung enthaltenen Arzneimittel eine Wiederholungsgefahr besteht, weil diese nicht von der Unterlassungserklärung erfasst sind. Dies würde dann weitere Unterlassungsansprüche der Antragstellerin auslösen. Ferner rügte die Antragsgegnerin, dass das erstinstanzlich zuständige Gericht die Anträge fehlerhaft ausgelegt habe und gegen zivilprozessuale Grundsätze verstoßen habe.
Urteil
Das Kammergericht Berlin wies die Berufung der Antragsgegnerin zurück und folgte den Feststellungen des Landgerichts Berlin. Einen Verstoß gegen zivilprozessuale Grundsätze stellt das KG Berlin ebenfalls nicht fest.
Insbesondere hat das Landgericht nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen und sich an die Anträge der Parteien gehalten. Der Beschluss des Landgerichts ist inhaltlich kongruent zu den zuletzt gestellten Antrag des Antragstellers. Dass es zwischenzeitlich zu Antragsänderungen kam, ist unbeachtlich. Entscheidend ist allein der zuletzt gestellte Antrag.
Das landgerichtliche Verbot entsprach auch der Antragsbegründung, wonach das Verbot der wettbewerbswidrigen Werbung auch auf andere Arzneimittel zu erstrecken. Das Kammergericht Berlin bestätigte die Ansicht der Vorinstanz, wonach eine eingeschränkte Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr für nicht enthaltene Produkte nicht ausgeräumt wird.
Aufgrund der Besonderheiten bei der Werbung mit Arzneimitteln ist ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß in Bezug auf die benannten Arzneimittel Maaloxan und Nagel Batrafen und ein sonstiger wettbewerbsrechtlicher Verstoß wegen eines sonstigen Arzneimittels als kerngleich zu bewerten.
Hieraus resultiert, dass ein Unterlassungsanspruch aufgrund der Wiederholungsgefahr sich nicht auf die namentlich in der Werbung benannten Arzneimittel Maaloxan und Nagel Batrafen beschränkt. Vielmehr umfasst dieser auch alle anderen Arzneimittel. Durch die Unterwerfung ist die Wiederholungsgefahr nur bezüglich der beiden aufgeführten Arzneimittel entfallen. Der Unterlassungsanspruch des Antragstellers besteht mithin für alle anderen Medikamente unverändert fort.
Fazit
Das KG Berlin hat mit dieser Entscheidung die Besonderheiten bei Arzneimitteln zutreffend berücksichtigt und die Anforderungen an eine Unterlassungserklärung konkretisiert. Entscheidend hierbei ist, möglichst alle Verhaltensweisen oder Produkte zu erfassen, die unterlassen werden sollen. Nur so lässt sich die Wiederholungsgefahr ausschließen. Werden nur einzelne Verhaltensweisen oder Produkte bezeichnet, besteht die Gefahr auf Unterlassung auch in Bezug auf andere kerngleiche Verhaltensweisen oder Produkte in Anspruch genommen zu werden.
KG Berlin, Urteil vom 02.09.2016, Az.5 U 16/16