Reisebüro haftet für unrichtige Preisangaben
Mit Urteil vom 21.12.2017, Az. 6 U 18/17 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass ein Reisebüro für unvollständige Gesamtpreisangaben von Schiffsreisen in Reisekatalogen haftet, auch wenn es sich hierbei um Werbematerial der Reiseveranstalter handelt. Durch die Auslage und Ausgabe der Kataloge an potentielle Kunden mache es sich diese zu eigen, sodass es für falsche Preisangaben hierin verantwortlich ist.
Angebot für Schiffsreise ohne Gesamtpreisangabe
In dem Verfahren stritten die Parteien über die Präsentation von Angeboten für Schiffsreisen in Reisekatalogen. Die Reisen wurden teilweise beworben, ohne dass der jeweilige Gesamtpreis hiervon angegeben war. Für den Verbraucher war insbesondere die Erhebung eines Serviceentgelts, welches grundsätzlich in den Reisepreis miteinfließt, nicht erkennbar. Der Kläger, ein Unternehmerverband, hielt dieses Vorgehen für unlauter. Hiergegen setzte sich die Beklagte, ein Reisebüro, das die Kataloge zur Werbung einsetzte und an potentielle Kunden ausgab, zur Wehr.
Landgericht gab Klage statt
Das Landgericht Frankfurt am Main gab dem Begehren des Klägers mit Urteil vom 23.12.2016,
Az. 3-10 O 39/16 statt. Es verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern für Schiffsreisen mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Gesamtpreis zu nennen, insbesondere ohne ein obligatorisch erhobenes Serviceentgelt in diesen miteinzubeziehen. Die unvollständigen Preisangaben würden nicht der in § 1 Abs. 1 S. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) geregelten Pflicht zur Angabe des zu zahlenden Preises einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile genügen. Aufgrund der Qualifizierung der Vorschrift als Marktverhaltensregel ergebe sich dadurch ein unlauteres Verhalten gemäß § 3a UWG. Diese Beurteilung akzeptierte die Beklagte nicht und legte Berufung ein.
Vortrag der Beklagten
Ihrer Ansicht nach sei die Klage unbegründet. Da sie die streitgegenständlichen Kataloge nicht selbst herausgegeben habe, habe sie damit auch nicht geworben. Ein unlauteres Verhalten werde durch das Auslegen und Verteilen an Interessierte gerade nicht begründet. Außerdem könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die Angebote in den Katalogen nicht auf die Vollständigkeit ihrer Preise überprüft habe. Eine dahingehende Pflicht sei von ihr unter keinen Umständen zu erwarten. Hinzu komme, dass sie auch nicht als Anbieter der Dienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV anzusehen ist. Diese Eigenschaft gelte nur für den Reiseveranstalter. Als Reisebüro vermittle sie hingegen lediglich die Angebote. Überdies verhalte sich der Kläger rechtsmissbräuchlich, in dem er nicht nur den Schiffsreiseveranstalter, sondern auch verschiedene Reisevermittlungspartner abmahnte.
Berufungsgericht bestätigte das Urteil
Mit ihrer Argumentation konnte die Beklagte allerdings auch im Berufungsverfahren nicht überzeugen. Vielmehr teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Auffassung der Vorinstanz und wies das Rechtsmittel der Beklagten zurück. Damit wurde der zugesprochene Unterlassungsanspruch des Klägers aufrechterhalten.
Geltendmachung des Anspruchs nicht rechtsmissbräuchlich
Zunächst entkräftete das Gericht den Vorwurf der Beklagten, dass sich der Kläger durch seine Vorgehensweise rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG verhält. Dieser habe nämlich trotz des bereits erwirkten Titels gegen den Schiffsreiseveranstalter als Produzenten des Katalogs ein berechtigtes Interesse an der Erlangung eines Unterlassungsanspruchs gegen die Reisevermittler als Verteiler dieser. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit seinem Vorgehen in beide Richtungen allein Rechtsverfolgungskosten beabsichtigt. Zudem sei bereits in der Vergangenheit statuiert worden, dass eine Unterlassungspflicht auch ein aktives Verhalten wie die Pflicht zum Rückruf von rechtsverletzendem Material begründen kann (vgl. BGH, GRUR 2016, 720 – Hot Sox).
PAngV galt auch für Beklagte
Weiterhin kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass sich die Beklagte nicht vom Anwendungsbereich der PAngV lossagen kann, indem sie behauptet, die gegenständlichen Kataloge lediglich auszulegen und zu verteilen. Es genüge für die Anwendung der Verordnung nämlich ein Handeln zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens. Zwar habe die Beklagte für die vermittelten Reisen keine eigene Anzeige und keinen eigenen Prospekt gestaltet. Jedoch eigne sie sich die Werbung des Veranstalters an, indem sie die Materialien auslegt und verteilt. Dies sei als täterschaftlicher Beitrag zu der strittigen Verletzungshandlung zu werten. Aus diesem Grund müsse sie auch das Risiko für den beanstandeten Inhalt übernehmen und hafte dafür wie für ihr eigenes Werbematerial. Der Einwand der Beklagten, dass sie nicht jedes Angebot in den verwendeten Katalogen auf die richtige Gesamtpreisangabe überprüfen kann, treffe zwar aufgrund des damit verbundenen enormen Aufwands grundsätzlich zu, müsse aber im Ergebnis unberücksichtigt bleiben. Die Haftung der Beklagten erfolge nämlich verschuldensunabhängig. Die Beklagte gelte also entgegen ihrer Auffassung als Anbieterin im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV.
Serviceentgelt als Bestandteil des Gesamtpreises
Bedenken hinsichtlich der Pflicht zur Einbeziehung des obligatorischen Serviceentgelts in den Gesamtpreis einer Schiffsreise ergäben sich nicht. Wie der Bundesgerichtshof bereits in einer vergangenen Entscheidung (GRUR 2015, 1240 – Der Zauber des Nordens) feststellte, müsse dieses stets in den Gesamtpreis einer solchen Reise miteingerechnet werden.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2017, Az. 6 U 18/17
von Sabrina Schmidbaur