Redaktionelle Werbung durch Auslobung eines Glücksspiels
Hamburger Oberlandesgericht verbietet Veröffentlichung eines als journalistischen Bericht aufgemachten Beitrags zu einem Firmen-Preisausschreiben als wettbewerbswidrige Werbung.
In zweiter Instanz entschied das Hanseatische Oberlandegericht Hamburg über den Antrag eines auf die Förderung der Interessen von Gewerbetreibenden und Selbstständigen ausgerichteten Verbandes (V). Dessen Antrag bezog sich auf die Darstellung eines vom Unternehmen U ausgelobten Preisausschreibens in der Zeitschrift Z. Der Beschwerde einlegende Verband beantragte, die Veröffentlichung des Zeitschriften-Beitrags „Muttertag“ in der im Mai 2010 erschienenen Form zu verbieten. Dabei stützte sich V vor allem auf die im UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) festgelegte Vorschrift, nach der von Unternehmen aus Gründen verkaufsfördernder Werbung finanzierte Inhalte in Pressemedien dann als verschleierte Werbung unzulässig seien, wenn sie wie redaktionelle Beiträge aufgemacht erscheinen und ein durchschnittlicher Leser, Zuhörer oder Zuschauer den Charakter als Werbung nicht erkennen können (§ 8 I UWG in Verbindung mit § 3 I, III, Anhang Nr. 11 UWG).
Der umstrittene Beitrag hatte die Möglichkeit zum Inhalt, sich über die Teilnahme an einem Preisausschreiben von U die Chance zu sichern, zum Muttertag ein Wellness-Aufenthalt in Paris zu gewinnen. Bei der Beschlussfindung hatten die Richter zu beachten, dass nicht jeder journalistisch aufgemachte, positiv gehaltene Bericht über die Aktivitäten oder Angebote eines Unternehmens als verschleierte Werbung zu betrachten ist. Die grundgesetzlich garantierte Meinungs- und Pressefreiheiten räumen Berichten über solche unternehmensbezogenen Sachverhalte durchaus einen erheblichen Gestaltungsspielraum ein. Zu beurteilen war, ob die Redaktion der Z in diesem Fall die Grenzen dieser Gestaltungsmöglichkeiten in rechtlich unzulässiger Weise überschritten hatte.
Nach Würdigung der Umstände kamen die Hamburger OLG-Richter zu dem Ergebnis, dass in diesem Fall tatsächlich verschleierte Werbung vorgelegen habe und damit dem Antrag von V zu entsprechen sei. Bei der Beschluss-Begründung führte das Gericht mehrere Hinweise auf als redaktionelle Berichterstattung erscheinende Werbung auf. Dazu gehörte unter anderem der Hinweis auf die Eingliederung des Beitrags in die Rubrik „News“ neben anderen nachrichtlichen Meldungen über die Vorteile pflanzlicher Ernährung für die Sehfähigkeit beziehungsweise über medizinische Fußeinlagen. Die gesamte Aufmachung des Artikels vermittelte in Verbindung mit dieser Einordnung in den „News“-Bereich nach Überzeugung des Gerichts dem durchschnittlichen Z-Leser den Eindruck, dass es sich beim „Muttertags“-Artikel um einen redaktionellen Beitrag zum Thema „Wellness in Paris“ handeln müsste und nicht um Werbung für U.
Die der Verkaufsförderung von Produkten des in der Wellness-Branche aufgestellten Unternehmens U dienende Werbecharakter gehe, so das Gericht, nämlich eindeutig aus der Tatsache hervor, dass in dem Artikel vor allem über den neuen Flagstore-Shop von U in Paris berichtet worden sei. Die bei der Beschreibung eines Paris-Preisausschreibens zu erwartende Erwähnung bekannter touristischer Attraktionen wurde unterlassen. Stattdessen wurde als Highlight in der französischen Metropole lediglich das Pariser Ladengeschäft von U in den Vordergrund gestellt.
Abschließend machte das Gericht seinen Standpunkt zur Finanzierung des Artikels durch U klar. Es sei davon auszugehen, dass U den Beitrag zumindest
mitfinanziert habe. Allein schon die lebensnahe Vermutung, dass nicht Z die Kosten für die in dem Preisausschreiben ausgelobten Gewinne übernommen haben dürfte, reicht nach Ansicht des Gerichts für die Annahme aus, dass sich U finanziell am Z-Beitrag engagiert hatte.
OLG Hamburg, Beschluss vom 28.06.2010, Az. 5 W 80/10