Redakioneller Beitrag in Post-Werbesendung
Die Deutsche Post AG darf ihre Broschüre „Einkauf aktuell“ mit redaktionellen Beiträgen ausstatten und sie gemeinsam mit Werbebroschüren von Kunden an Einzelhaushalte verteilen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner am 15.12.2011 in dem unter dem Aktenzeichen I ZR 129/11 geführten Revisionsverfahren verkündeten Entscheidung ausgeführt, dass die Deutsche Post AG kein von staatlichen Stellen dominiertes Unternehmen ist. Aus diesem Grunde gilt das in Artikel 5 des Grundgesetzes ausgesprochene Gebot der „Staatsferne“ von Presseerzeugnissen nicht für von der Deutschen Post AG herausgegebene Anzeigenblätter.
Dem Bundesgerichthof lag zum Aktenzeichen I ZR 129/11 zur Entscheidung in der Revisionsinstanz ein Rechtsstreit vor, den die Interessenverbände der Zeitungsverleger und Anzeigenblätter als Kläger gegen die Deutsche Post AG als Beklagte in den ersten beiden Instanzen vor dem Landgericht Hamburg und vor dem Oberlandesgericht Hamburg geführt hatten. Es ging dabei um die wöchentlich erscheinende Broschüre „Einkauf aktuell“, die von der Beklagten herausgegeben und als Beilage für verschiedene Werbefaltblätter an Privathaushalte verteilt wurde. Die Werbebroschüre enthielt neben Annoncen eine Übersicht über das wöchentliche Fernsehprogramm und redaktionelle Beiträge zu verschiedenen Themen aus Familie und Alltag. Die Kläger vertraten die Ansicht, dass die Beklagte zur Herausgabe einer solchen wöchentlichen Werbezeitung nicht berechtigt sei. Ihre Organisationsform bewirke, dass sie unter dem dominierenden Einfluss öffentlicher Stellen stehe. Die Beklagte hat die Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie wird als „gemischtwirtschaftliches“ Unternehmen geführt. Neben privaten Anteilseignern sind auch Anteile an öffentlich-rechtliche Aktionäre vergeben. Größte Anteilseignerin ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die ihrerseits anteilig vom Bund und von den Ländern getragen wird. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hält einen Anteil von 30,5 % der Anteile bei der Beklagten. Sie kann also bei Abstimmungen die Menge der übrigen, jeweils mit geringeren Anteilen versehenen, Anteilseigner nicht dominieren. Die verbleibenden Anteile werden von nicht-staatlichen Eignern gehalten.
Nach von den Klägern vertretener Ansicht reicht die Ausstattung mit 30,5 % der Anteile aus, um eine Beherrschung des Unternehmens durch die öffentliche Hand durchsetzen zu können. Nachdem die Klage in der ersten Instanz abgewiesen wurde und die Kläger auch in der Berufungsinstanz keinen Erfolg hatten, trugen sie zur Begründung der Revision vor, dass eine Beteiligung in Höhe von 30.5 % ausreichen könnte, um die Hauptversammlungen der Beklagten zu dominieren. Die Beklagte trug dagegen vor, dass zu den Hauptversammlungen regelmäßig über 60 % der Anteilseigner erschienen, so dass die Voraussetzungen für eine einseitige Beherrschung durch die Mehrheitsaktionärin nicht vorliegen würden. Der Bundesgerichtshof setzte sich in der Begründung seines Revisionsurteils ausführlich mit den Voraussetzungen des Aktiengesetzes auseinander, um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Beherrschung der von der Beklagten unternommenen Geschäftstätigkeit durch die öffentliche Hand vorgelegen haben könnte. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass eine derartige Beherrschung durch öffentliche Stellen nicht gegeben war. Etwas anderes ergab sich weder aus der Höhe der Anteile, die deutlich unter 50 % blieb, noch aus der speziellen Situation des Unternehmens.
Eine entsprechende Anwendung der in § 29 des Wertpapier- und Übernahmegesetzes (WpÜG) enthaltenen Definition von Kontrollausübung durch Mehrheitsaktionäre mit Anteilen ab 30 % hielten die Richter für nicht angebracht. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte durch die öffentliche Hand beherrscht würde, trugen die insoweit beweispflichtigen Klägern nicht vor. Deshalb kamen die Richter zu dem Schluss, dass keine besondere Grundrechtsbindung für die Beklagte bestand. Der Vortrag zu einer möglichen Beeinflussung der Beklagten bei der Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratspositionen durch die öffentliche Hand führte nicht zum Erfolg für die Revision. Die Richter am Bundesgerichtshof schlossen sich der Meinung, dass dieses Thema vom Berufungsgericht nicht ausreichend gewürdigt worden sei, nicht an. Obwohl der Bundesgerichtshof grundsätzlich die Ansicht vertritt, dass bei entsprechender Schutzrichtung auch das Gebot der Staatsferne eine Marktregulierungsvorschrift sein kann, wurde die Revision hier mangels Dominanz der öffentlichen Hand bei der Beklagten abgewiesen.
BGH, Urteil vom 15.12.2011, Aktenzeichen I ZR 129/11