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Rechtsschutz bei Datenweitergabe durch Gerichte erforderlich

BVerfG, Beschluss v. 02.12.2014, Az.1 BvR 3106/09


Rechtsschutz bei Datenweitergabe durch Gerichte erforderlich

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit seinem Beschluss vom 02.12.2014 unter dem Az.1 BvR 3106/09 über die Verfassungswidrigkeit einer Übermittlung von Informationen durch einen Richter an Dritte entschieden.

Anlass war eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des OLG Düsseldorf vom 25.11.09. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts verletzt dieser den Beschwerdeführer in seinem verfassungsmäßigen Recht aus Artikel 19 auf effektiven Rechtsschutz. Der Beschluss wurde daher aufgehoben und die Sache wurde an das OLG Düsseldorf zurückverwiesen.

Die Verfassungsbeschwerde bezog sich auf den Schutz gegen die Mitteilung von Daten aus einem noch nicht abgeschlossenen Verfahren vor einem Familiengericht.
Der Beschwerdeführer hatte beruflich mit der Bearbeitung von Asylanträgen zu tun. Er lernte in Folge einer Kontaktanzeige eine Frau kennen, deren Antrag abgelehnt worden war. Diese Frau hatte mit dem Beschwerdeführer mehrere Treffen, bei denen ein gemeinsames Kind gezeugt wurde. Nachdem sich der Beschwerdeführer weigerte, die Vaterschaft anzuerkennen, hat die Kindesmutter Verfahren vor dem Familiengericht wegen der Feststellung der Vaterschaft angestrebt. Das Familiengericht verpflichtete den Beschwerdeführer M, eine Blutprobe zum Vaterschaftstest abzugeben. Die sofortige Beschwerde des Herrn M hiergegen wurde vom OLG zurückgewiesen, obgleich Herr M behauptete, steril zu sein und auch ein Spermiogramm vorlegte.
Das Interesse des Herrn M. an einer Klageabweisung wertete das Gericht als hoch, da er ansonsten mit Unterhaltspflichten und Ansehensverlust zu rechnen hätte, da er sich mit unlauteren Mitteln Vorteile habe verschaffen wollen und verwaltungsinterne Akten für seine privaten Zwecke ausgewertet habe.
Er müsse daher auch mit beruflichen Nachteilen rechnen.
Seine Behörde erfuhr hiervon aus der Presse und bat das Gericht um die Mitteilung, ob die Berichte zuträfen und ob es zu strafrechtlichen Maßnahmen gekommen sei, da dienstrechtliche Maßnahmen gegen Herrn B geprüft werden würden.
Der mit dem Verfahren befasste Richter veranlasste daraufhin die Versendung des Beschlusses des OLG mit geschwärztem Namen der Kindesmutter. Nach Anfrage durch den Datenschutzbeauftragten hatte der Richter erklärt, es habe sich um Amtshilfe gemäß Artikel 35 Abs. 1 GG gehandelt. Der Beschwerdeführer sei vorher nicht angehört worden.
Aus einer Akteneinsicht erlangte Herr B Kenntnis von der Übersendung. Daraufhin verlangte er Feststellung, dass diese Weitergabe rechtswidrig gewesen sei.
Das OLG hat den Antag als unzulässig verworfen. Das Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG sei nicht eröffnet, weil hiernach in solchen Verfahren lediglich über Rechtmäßigkeiten von Justizverwaltungsakten entschieden werde. Ein Justizverwaltungsakt sei hier nicht gegeben. Vielmehr habe der Richter in seiner richterlichen Weisungsfreiheit gehandelt. Dem stehe auch die Vorschrift des § 299 ZPO nicht entgegen. Diese finde auf Amtshilfeersuchen einer Behörde keine Anwendung.

Dem Beschwerdeführer stehe es frei, ein verfassungsrechtliches Verwertungsverbot in einem Verfahren gegen die Disziplinarmaßnahme geltend zu machen. Ihm wäre der Antrag auf eine Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG möglich gewesen, wenn das Auskunftsgesuch seiner Behörde nach dem Ende des Verfahrens beim Gericht eingetroffen wäre.

Der Beschwerdeführer sieht seine Grundrechte aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 19 GG verletzt. Das Verhalten des Gerichts verletze sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es sei kein öffentliches Interesse dargelegt worden, das dies gerechtfertigt hätte.
Auch die Rechtsweggarantie des Art. 19 GG sei verletzt. Während laufender Verfahren dürfen Aktenvorgänge nicht anders als nach Abschluss der Verfahren behandelt werden.

Das Bundesverfassungsgericht stimmt dem Beschwerdeführer zu. Die Beschwerde sei zulässig und begründet. Das Oberlandesgericht könne nicht den Rechtsschutz mit der genannten Begründung verweigern.
Die Übersendung des Beschlusses aus dem Verfahren sei keine spruchrichterliche Tätigkeit und damit sei sie auch nicht von Art. 19 GG ausgenommen.
Da die Übersendung des Beschlusses zur Mitteilung nicht dem Rechtsstreit zwischen Beschwerdeführer und Kindesmutter gedient habe, könne die Übersendung nicht als spruchrichterliche Tätigkeit angesehen werden.
Es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern nachgelagerter Rechtsschutz in diesem Fall gegen die Verwertung der Daten den Rechtsschutz gegen deren Übermittlung ersetzten könne.

BVerfG, Beschluss v. 02.12.2014, Az.1 BvR 3106/09


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