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Rabattmodell für den Arzneimittelbezug aus dem Ausland

BGH, Urteil vom 12.01.2012 - I ZR 211/10


Rabattmodell für  den Arzneimittelbezug aus dem Ausland

Eine inländische Apotheke, die ihren Kunden anbietet, günstigere Medikamente im Ausland zu bestellen, um sie sodann in der eigenen Apotheke in Deutschland zur Abholung inklusive Rechnung des ausländischen Apothekers bereitzuhalten, handelt nicht rechtswidrig, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - I ZR 211/10). Allerdings soll nach Ansicht des Gerichts die in Deutschland geltende Preisbindung für Medikamente uneingeschränkt Beachtung finden.

Sachverhalt und Verfahrenshergang
Der vom BGH entschiedenen Revision lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte war Betreiberin einer Apotheke im oberbayerischen Freilassing nahe der österreichischen Grenze. Sie bot ihren Kunden an, Medikamente bei einer Partnerapotheke in Budapest zu bestellen. Die Beklagte nahm Bestellungen ihrer Kunden entgegen und leitete sie sodann an die ausländischen Kooperationspartner weiter. Die auf diese Weise angeforderten Medikamente wurden von einem deutschen Großhändler zunächst nach Budapest geliefert und von dort durch ein Transportunternehmen abgeholt. Dieser brachte sie in die von der Beklagten betriebenen Apotheke in Freilassing. Hier konnten deutsche Kunden die Medikamente zusammen mit einer Rechnung der ungarischen Apotheke abholen und bezahlen. Die deutsche Apothekerin bot ebenfalls eine umfassende Beratung und Aufklärung über die Risiken und Nebenwirkungen der Medikamente an. Auf diese Weise wurde die deutsche Mehrwertsteuer umgangen, weswegen Rabatte von bis zu 22 % gewährt werden konnten. Die Klägerin, eine direkte Konkurrentin der Beklagten, sah hierin ein wettbewerbswidriges Verhalten sowie einen Verstoß gegen § 73 Abs. 1 S. 1 AMG.

Sie rief deshalb das sachlich und örtlich zuständige LG Traunstein an. Das Ziel der Klage war es, die Unterlassung dieses Geschäftsmodell sowie Schadensersatz zu erreichen. Damit war sie zunächst erfolgreich. Das durch die Berufung der Beklagten mit dem Fall befasste OLG München entschied jedoch zulasten der Klägerin, wogegen sich diese in ihrer Revision an den BGH zu wehren versuchte.

Aus den Urteilsgründen
Der BGH hat sich der Rechtsauffassung des OLG München angeschlossen und einen Unterlassungsanspruch der Klägerin verneint. Insbesondere der von der Klägerin vorgetragene Verstoß gegen § 73 Abs. 1 S. 1 AMG lag nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht vor, weil in die Abgabe der Medikamente an die Endverbraucher die Beklagte als zwischengeschaltete inländische Apotheke zwischengeschaltet sei. Hierdurch sei eine Prüfung der ausgegebenen Medikamente hinsichtlich ihrer Qualität, Eignung und Verwendbarkeit gewährleistet. § 73 Abs. 1 S. 1 AMG könne aber nur einschlägig sein, wenn es an einer solchen inländischen Prüfungsinstanz fehle.

Sofern mit der Klage jedoch moniert wurde, dass sich die beklagte Apotheke an die in Deutschland geltende Preisbindung bei Medikamenten zu halten habe, ist sie nach Ansicht der Bundesrichter begründet. Der BGH hat damit, ebenso wie die ihm untergeordneten Gerichte, der Beklagten den Anreiz für ihr Geschäft genommen. Das Modell an sich ist zwar legal, jedoch müssen die Medikamente zu den in Deutschland vorgeschriebenen Festpreisen ausgegeben werden.

Bewertung und Kommentar
Das Urteil des BGH stieß vor allem unter Apothekerkreisen auf Kritik. So äußerte etwa die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) Bedenken. Man sehe durch diese Rechtsprechung den Verbraucherschutz gefährdet, weil Apotheken möglichst frei von wirtschaftlichen Überlegungen am Markt agieren sollen. Diese Kritik ist zwar nachvollziehbar. Im Ergebnis kann sie allerdings nicht überzeugen. Denn der BGH machte in seinem Urteil auch klar, dass sich die Beklagte an die in Deutschland geltende Preisbindung zu halten habe. Damit wurde ihr der Anreiz zu ihrem Geschäft ohnehin gänzlich genommen. Darüber hinaus gilt, wie der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschied (GmS-OGB, Beschluss vom 22. August 2012 - GmS-OGB 1/10), die Preisbindung sowohl für in- als auch ausländische Apotheken. Wirtschaftliche Überlegungen sollten deshalb auch zukünftig kaum eine Rolle im Apothekenbetrieb spielen.

BGH, Urteil vom 12.01.2012 - I ZR 211/10


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