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Rabattgutscheine für Kfz Hauptuntersuchungen

Landgericht Würzburg, Urteil vom 24.01.2020, Az. 1 HK O 936/19


Rabattgutscheine für Kfz Hauptuntersuchungen

Wirbt ein Unternehmen mit Rabattgutscheinen für die Prüfgebühr von Kfz Hauptuntersuchungen, so liegt darin kein Wettbewerbsverstoß, sofern die amtlich festgesetzte Gebühr letztendlich vollständig bezahlt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob der finanzielle Ausgleich durch den Kunden oder durch einen Dritten stattfindet. So entschied das Landgericht Würzburg mit seinem Urteil vom 24.01.2020.

Was war geschehen?
Die Beklagte ist Betreiberin eines Ingenieurbüros und bietet hoheitliche Überwachungs- und Prüfungsdienstleistungen in Bezug auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile an, darunter auch Kfz Hauptuntersuchungen. Dabei wird sie im Auftrag der KÜS tätig, einer vom Kraftfahrzeug Bundesamt anerkannten Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz Sachverständiger. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale Bundesverband aus folgendem Anlass: Die Beklagte warb mit Gutscheinen, die durch eine unter der gleichen Adresse wie die Beklagte stehendes Kfz Sachverständigenbüro an Dritte ausgehändigt worden sind. Die Gutscheine konnten als Teil des Entgeltes für die Kfz Hauptuntersuchungen einlösen werden. Indem der übrige Teil durch einen Dritten übernommen wurde, hat der Kunde nicht mehr die volle staatliche Prüfgebühr bezahlen müssen.

Darin sah die Klägerin einen Wettbewerbsverstoß. Sie war der Ansicht, das Unterschreiten der von Fahrzeughaltern an die Überwachungsorganisationen oder deren Vertreter zu entrichtenden Entgelte für die staatsentlastenden Tätigkeiten sei unlauter und für die angesprochenen Verkehrskreise irreführend, weil diese davon ausgingen, die Beklagte würde ein entsprechend reduziertes Entgelt fordern. Demzufolge mahnte sie die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2019 hinsichtlich der geschäftlichen Handlungen ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 18.04.2020 der Klägerin mit, dass sie dem nicht nachkommen werde.

Beklagte hatte für streitgegenständliche Werbung einzustehen
Unklar war zunächst, wer die streitgegenständliche Werbung vorgenommen und zu verantworten hatte, da die Rabattgutscheine nicht durch die Beklagte selbst an Dritte ausgehändigt worden sind. Aus diesem Grund war die Beklagte der Ansicht, dass ihr die Werbung nicht zuzurechnen sei. Da sie jedoch mit den Gutscheinen beworben wurde stellte das Gericht klar, dass der Beklagten Zuwiderhandlungen ihrer Beauftragten zuzurechnen seien, weil die arbeitsteilige Organisation ihres Unternehmens die Verantwortung für die Handlungen ihrer Angestellten oder Beauftragten, die ihr zugute kommen, nicht beseitigen soll. Unabhängig von der personellen Verflechtung der Beklagten mit dem beauftragten Unternehmen sei davon auszugehen, dass die Beklagte das Unternehmen in ihre Werbekampagne im Rahmen der Gutscheinaktion eingegliedert hat, um im konkreten Fall Vorteile aus der Werbeaktion ziehen zu können. Insbesondere sei die Gutscheinaktion gerade auf die Beklagte bezogen gewesen, sodass sie für die streitgegenständliche Werbung einzustehen habe.

Finanzieller Ausgleich auch durch Dritte möglich
In Rede stand die Unlauterkeit der Werbung nach den §§ 3, 3a, 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 UWG i.V.m. Nr. 6.2 der Anlage VIII b zur StVZO. Demzufolge handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Das Landgericht betonte, dass es vorliegend in erster Linie um die Sicherstellung der Leistungsqualität der die Hauptuntersuchungen abnehmenden Stelle ginge. Da diese kraft öffentlicher Beleihung eine hoheitliche Aufgabe ausführt, dürfe sie auch nicht nur potenziell einem Preis- oder Leistungswettbewerb ausgesetzt sein. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe der Gesetzgeber jedoch nicht die Absicht gehabt, dass die Entgelte lediglich durch den Fahrzeughalter erbracht werden können. Das Gericht wies darauf hin, dass vielmehr allgemein bekannt sei, dass sowohl das Vorführen des Fahrzeuges als auch das Bezahlen der Hauptuntersuchung nicht nur durch den Fahrzeughalter erfolgen könne. Letztendlich werde vor Ort gar nicht geprüft, wer die Rechnung bezahlt, es sei lediglich entscheidend, dass bezahlt wird. Mit den streitgegenständlichen Gutscheinen werden die Einnahmen auf Seiten des Prüfinstituts somit sichergestellt. Es müsse auf Seiten des Fahrzeughalters nicht spiegelbildlich das verbindlich festgelegte Entgelt auch tatsächlich abfließen.

Werbung mit Rabattgutscheinen war nicht irreführend
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs enthält. Hierfür ist auf die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet, abzustellen. Vorliegend hatte sich die Werbung an ein breites Publikum, nämlich alle Autofahrer, bei deren Fahrzeug eine Hauptuntersuchung ansteht, gerichtet. Nach Auffassung des Gerichts sei anzunehmen, dass der mit der Werbung angesprochene Verbraucher die Werbeaussage nicht so versteht, dass das Entgelt für die Hauptuntersuchung (für den Gutscheineinlösenden) niedriger als bei anderen Anbietern ausfällt, wenn er sich entschließt, diese durch die Beklagte durchführen zu lassen. Darüber hinaus werde ihm gegenüber nicht der Eindruck erweckt, dass die Beklagte auf einen Teil des Entgelts verzichte, was tatsächlich nicht der Fall war. Vielmehr ginge ein durchschnittlicher Fahrzeughalter davon aus, dass der Gutschein in der ausgestellten Höhe einen entsprechenden geldwerten Vorteil darstellt, den die Beklagte wiederum einlösen kann. Offensichtlich werde einem Kunden ohne Vorlage eines Gutscheins kein solch reduzierter Zahlbetrag offeriert, weil eben klar sei, dass die Beklagte den Gutschein gegenüber dem Gutscheingeber abrechnet. Eine Irreführung der Fahrzeughalter sei somit nicht gegeben. Dies veranlasste das Landgericht dazu, die Klage abzuweisen.

Fazit: keine Bedenken bei wirtschaftlichem Ausgleich
Fließt dem Prüfinstitut bei einer Gutscheinaktion das verbindlich festgelegte Entgelt in voller Höhe zu, ist grundsätzlich ohne Bedeutung, wie der Fahrzeughalter dieses Entgelt finanziert und ob er insbesondere die Kosten ganz oder teilweise von einem gegenüber dem Prüfinstitut unabhängigen Dritten erstattet bekommt. Letztendlich muss nur gewährleistet sein, dass dem Unternehmer der gebundene Preis wirtschaftlich vollständig zugeflossen ist.


Landgericht Würzburg, Urteil vom 24.01.2020, Az. 1 HK O 936/19


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